Kinderblick auf religiöse Räume: Ein Toleranzprojekt in friedlosen Zeiten
„Eine Frankfurter Spezialität mit Zukunftsperspektiven“, zeige sich mit der Präsentation von Kinderzeichnungen und Modellen zu vielfältigen religiösen Räumen, sagte Susanna Faust Kallenberg, Pfarrerin für interreligiösen Dialog im Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach, gestern in den Römerhallen. Hans Robert Hiegel, archEtrans, ist der „Spiritus Rector“ der Sammlung. An Strippen wurden zwischen den Rathaussäulen Auszüge der immensen Zeichnungs-Kollektion präsentiert, die unter anderem in Korea, Nahost, in Russland und der Ukraine zusammengetragen wurde.
In Frankfurt hat der Karlsruher Architekt in Zusammenarbeit mit dem Stadtdekanat, der hiesigen Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), dem Verein Unter einem Zelt und der Initiative 9. November 1938 Schüler:innen zum Entwurf von Interreligiösen Gebäuden nach dem Prinzip „House of One“ animiert. Oberbürgermeister Mike Josef stellte für die Präsentation dieser Entwürfe und der Bilder die Rathausräume zur Verfügung und übernahm die Schirmherrschaft.

Ans Rednerpult traten in den Römerhallen seitens der Politik Heike Hoffmann, hessische Sozialministerin, und Kämmerer Bastian Bergerhoff, der auch für die Frankfurter Dotationskirchen verantwortlich ist. Hoffmann nannte das Gezeigte und die Vorbereitungen dafür, „ein herausragendes Projekt in friedlosen Zeiten“. Gewiss sei sie, dass Kinder und Jugendliche ein gutes Gespür dafür haben, dass Frieden der Weg ist“. Dieser müsse auch erlernt sein. Im Bildungs- und Erziehungsplan für Kitas gehe es entsprechend darum, Respekt und Toleranz von klein auf zu vermitteln. Bergerhoff meinte, „alles, was uns trennt, haben wir selbst gemacht“. Deshalb liege es auch an den Menschen, auf der Erde das Trennende abzubauen. Religionen hätten in der Vergangenheit oftmals zu Spaltung geführt, das müsse nicht sein, zeige sich auch in Frankfurt.
Die GCJZ Frankfurt verlieh in dem Rahmen erstmals den „Abrahamspokal“. Der erste Preis ging an Schüler:innen der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums Nord, Platz zwei an die Hostatoschule, eine Grund- und Hauptschule, die auch zum Realschulabschluss führen kann, Platz drei an die Liebigschule, ein weiteres Gymnasium. Sehr knapp sei die Entscheidung ausgefallen, versicherten Faust Kallenberg und Petra Kunik vom Egalitären Minjan der Jüdischen Gemeinde, die sich mit der evangelischen Pfarrerin den Vorsitz der GCJZ teilt.
„Uns war der große Gemeinschaftsraum wichtig“, erzählt Tabea vom Gymnasium Nord, ihn haben sie und ihre Mitschüler:innen fürs Erdgeschoss eingeplant, in der ersten Etage sind in dem Modell separate Räume für die drei abrahamitischen Religionen Judentum, Islam und Christentum vorgesehen. Aus Papier, Pappe, Textil und der kleinsten Legosteinversion hat die Gruppe die Räumlichkeiten gestaltet. Martin Krieger, Lehrer der Klasse 10, erzählte am Rande der Schau, bei der Schülervertretung stoße die Idee, einen interreligiösen Raum der Stille zu schaffen, auf Interesse. Im Kollegium gebe es aber auch Skepsis, er will dranbleiben.

Farhan und Dorian von der Hostatoschule haben von Petra Kunik im Fach Gesellschaftslehre das Projekt vorgestellt bekommen. Beide praktizieren ihre Religion regelmäßig, einer die muslimische, der andere die katholische. Gemeinsam führen sie per Fingerzeig durch das aus Textil, Pappe und manch anderem gefertigte dreistöckige Modell: Oben sind separate Räume für Frauen eingerichtet, in der zweiten Etage nach Religionen getrennt für Männer, unten Gemeinschaftsräume für alle, mit Rutsche, „es soll ja Spaß machen“, sagen die beiden Jugendlichen, die für das kommende Jahr den Realschulabschluss anpeilen.
In Ethik haben Schüler:innen der Liebiegschule sich Gedanken darüber gemacht, wie mehrere Religionen unter ein Dach passen. Ein avantgardistischer Bau ist entstanden. Ohne Ecken, Türen, winden sich weiße Elemente, schaffen Raum für Rückzug und Platz für Begegnung. Sie habe den Schüler:innen bei den Vorbereitungen Passagen aus den Heiligen Schriften vorgelesen und die jeweilige Quelle raten lassen, erzählt Lehrerin Jasmin Khader, viele Überraschungen habe es gegeben.
„Neugier“ brauche es für den interreligiösen Austausch, meinte Petra Kunik von der GCJZ, entsprechend ist sie seit Jahrzehnten unterwegs und weckt Neugier bei Jugendlichen, vermittelt Wissen, über die Shoah und die Gegenwart. 2017 startete der Karlsruher Hans Robert Hiegel das Kinderprojekt, er findet: „Kinder sind hervorragende Lehrer des Sehens“.
Ohne die Förderung der Bethe-Stiftung und des Abrahamischen Forums Deutschland wäre das Projekt nicht durchführbar gewesen.