Kirchenasyl ist für mich ein Herzensthema
Warum sind Sie Pfarrerin geworden?
Mit Kirche in Kontakt kam ich über die Jugendarbeit. Die Menschen, die Projekte, meine Aufgaben dort – alles hat sehr gut gepasst und mich geprägt. Dazu kam, dass mein Bruder bei einem Unfall ums Leben kam, da war ich 15, und ich etwas suchte, das Fragen beantwortete. Letztlich wollte ich etwas mit einem tieferen Sinn machen und Menschen helfen. Das lag mir schon immer am Herzen.
War Ihnen deshalb Kirchenasyl so wichtig?
Sicher – das Thema Kirchenasyl begleitet mich ja schon lange. Mit 19 habe ich mein freiwilliges soziales Jahr beim Evangelischen Flughafensozialdienst gemacht. Damals kamen etwa 300 Hilfesuchende pro Tag zu uns. Während des Studiums habe ich in Heidelberg mein erstes Kirchenasyl betreut, im Vikariat beim Beauftragten für Kirchenasyl in der Badener Landeskirche gearbeitet und als Gemeindepfarrerin in meiner und anderen Gemeinden Kirchenasyle begleitet. Menschen in Angst Zuflucht zu gewähren ist mir ein Herzensthema und ein biblisches dazu.
Welche Kirchengemeinden machen mit?
Es sind insgesamt vier unserer Gemeinden: Die Nordwestgemeinde, die Hoffnungsgemeinde, die Emmaus- und die Miriamgemeinde in Bonames. Es braucht Zeit, Raum und Ehrenamtliche und auch Menschen, die sich mit der rechtlichen Situation beim Kirchenasyl auskennen. Und schließlich praktische Hilfe in Form von gespendeten Alltagsgegenständen wie eine Herdplatte oder einen Kühlschrank. Es sind ja alles Härtefälle und wir helfen mit dem Kirchenasyl, dass der Rechtsstaat nochmal prüft und nicht einfach abschiebt, trotz bedrohlicher Bedingungen.
Wie ging es damals weiter?
Mein Spezialvikariat habe ich in New York bei der UNO gemacht. Die Kirche ist dort eine Art Beobachterin für kirchliche Anliegen im Rahmen der UNO-Themen. Ich wohnte in einem Wohnheim der Mennoniten mitten in Manhattan. Das war toll! Ich habe in dieser Zeit eine Bandbreite von christlichen Kirchen und Religionen in der dortigen Zusammenarbeit erlebt, von denen ich davor noch nie gehört hatte. Eine großartige und offene Vielfalt. Ein Mennoniten-Pfarrer hat mich und meinen Mann dann damals in der Chapel of the United Nations getraut.
Wie war New York für Sie?
Das Gefühl, dass alles möglich ist, das hatte ich dort tatsächlich. Trotz der großen sozialen Kluft zwischen Arm und Superreich. Ich erinnere mich an die Obdachlosen vor dem goldenen Trump-Tower, wenn man sie nicht gerade vertrieben hat. Aber das war in den 90ern. Heute weiß ich von dortigen Freunden und Pfarrer:innen, dass die Stimmung gedrückt, ja sogar verängstigt ist.
Wenn Sie eine Superkraft hätten, dann
... hätte ich die Möglichkeit Despoten auf die Größe zu schrumpfen, die sie eigentlich wirklich innerlich haben.
Wohin würde eine Zeitreise Sie bringen?
In die goldenen Zwanziger. Diese Zeit finde ich sehr spannend. Vor allem im Hinblick auf mutige Frauen und die lebendige jüdische Kultur.
Wie sähe ein Tag ohne Verpflichtungen aus?
Ein langer Spaziergang durch den Taunus und dann eine Freundin auf einen Kaffee treffen – ganz ohne Zeitdruck.