Eine glückliche Fügung
Narek Harutyunyan aus Armenien war es von Kindheit an gewohnt, sonntags in einen Gottesdienst zu gehen: An seinem zweiten Tag in Deutschland – es war ein Sonntag im Dezember 2023 - lief er durch die Straßen von Zeilsheim und suchte eine Kirche. Die Kirchentür der evangelischen Kirche Zeilsheim stand schon vor Beginn des Gottesdienstes offen. Neugierig trat er ein und entdeckte die Orgel. Schon lange hatte der ausgebildete Musiker auf diesem Instrument spielen wollen. Wilhelm Dietz, Mitglied des Kirchenvorstands, erlaubte es ihm und war gleich so begeistert, dass er ihn per Handy-Video aufnahm. Das war der Beginn einer glücklichen Zusammenarbeit.
„Gott hat mir den Weg gezeigt“, sagt Harutyunyan, der der armenisch-apostolischen Kirche angehört. Der 27-Jährige hat ein Musikstudium mit Schwerpunkt Posaune in seiner Heimatstadt Jerewan abgeschlossen, einige Jahre dort in einem Radio-Orchester mitgespielt und an einer Musikschule unterrichtet. „Ich bin nach Deutschland gegangen, weil ich etwas ganz Anderes kennenlernen wollte und hier schon Bekannte hatte“, erzählt er. In Hanau gibt es eine armenisch-apostolische Gemeinden, die er auch gerne besucht.
Viel Zeit bleibt ihm dafür aber nicht, denn neben dem Studium der Komposition an Dr. Hoch's Konservatorium arbeitet er seit diesem Jahr als festangestellter Organist in Zeilsheim. Zuvor hat er nicht nur sehr gut Deutsch gelernt und sich das Orgelspielen selbst beigebracht, sondern auch die D-Prüfung im Bereich '“Gottesdienstliches Instrumentalspiel“ der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau bestanden. „Wir freuen uns sehr, dass wir einen so begabten Musiker gewinnen konnten“, sagt Erwin Steinke, Vorsitzender des Kirchenvorstands. Über ein Gemeindemitglied hat Harutyunyan bald nach seiner Ankunft eine Wohnung in Zeilsheim gefunden.
Inzwischen leitet er auch den Kirchenchor in Sossenheim, ebenso wie – solange die Chorleiterin krank ist - den in Zeilsheim. Manchmal gibt er auch Konzerte, spielt auch armenische sowie eigene Kompositionen. Armenien gilt als erstes christliches Land der Welt: Seit dem Jahr 301 ist das Christentum dort Staatsreligion und noch immer sind 90 Prozent der Menschen dort Christen.
„Ich kann mir keine andere Arbeit vorstellen als Musik zu machen“, sagt Harutyunyan. Wenn sein Studium in drei Jahren abgeschlossen ist, möchte er eine Festanstellung als Musiker in Deutschland finden. Sollte das nicht gelingen, will er wieder in seine Heimat zurückkehren, wo seine Eltern und Schwestern leben. Aber die Gemeinde Zeilsheim hat schon jetzt für einen Brief an die Ausländerbehörde gesorgt, der nach dem Ende des Studiums bei Harutyunyans Einbürgerung helfen soll. „Wir werden alles tun, dass Narek bei uns in Deutschland bleiben kann“, unterstreicht Steinke.
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