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Juwele der Kirchengeschichte, Teil 28: Die Jakobskirche in Bockenheim

Die Dorfkirche St. Jakob im Zentrum von Bockenheim ist schon im Jahr 1365 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Die alte Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört, nur der imposante Turm aus dem Jahr 1852 blieb stehen.

Die St. Jakobskirche am Bockenheimer Kirchplatz umfasst verschiedene Epochen: der Turm stammt aus der Mitte der 19. Jahrhunderts, die Kirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut, das neue Gemeindehaus entstand 2005. | Foto: Rui Camilo
Die St. Jakobskirche am Bockenheimer Kirchplatz umfasst verschiedene Epochen: der Turm stammt aus der Mitte der 19. Jahrhunderts, die Kirche wurde nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut, das neue Gemeindehaus entstand 2005. | Foto: Rui Camilo

Die alte Dorfkirche St. Jakob am Bockenheimer Kirchplatz war ursprünglich eine Filialkirche des Frankfurter Bartholomäusstiftes. Mönche des Klosters St. Jakob in Mainz hatten sie in spätgotischem Stil auf einem fränkischen Gräberfeld errichtet. Vermutungen, dass zu Ehren von Sankt Jakobus, dem Schutzheiligen der Pilger, bereits vorher an dieser Stelle eine Kapelle errichtet worden sei, lassen sich nicht belegen. 1434 fiel Bockenheim an die Grafen von Hanau-Münzenberg, die 1523 die Reformation einführten. 1638 und 1768 wurde die Kirche jeweils erweitert.

Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Jakobskirche von einem Garten mit Gräberfeld umgeben. Im Krieg wurde sie bei den Luftangriffen auf Frankfurt 1944 bis auf die Grundmauern zerstört, konnte aber nach Plänen der Architekten Helmuth und Edeltraud Hartwig wieder aufgebaut und am 11. November 1956 eingeweiht werden.

Die 16 rundbögigen Fenster des Kirchenneubaus gestaltete der Künstler Charles Crodel, von dem im Nationalsozialismus viele Werke zerstört worden waren. Dem Bockenheimer Kirchenoval in vormals grüner Umgebung wollte Crodel einen „gartensaalhaften Charakter mit einer bewussten, aber stillen Heiterkeit“ geben. So ergab sich für den geschlossenen Bilderzyklus „ein breites Streifensystem in der Vertikalrichtung, das das Figürliche und Ornamentale pflanzen-, ja blumenhaft gewisermaßen festhalten musste“.

Besonders sehenswürdig sind die von Charles Crodel gestalteten Kirchenfenster. | Foto Rui Camilo
Besonders sehenswürdig sind die von Charles Crodel gestalteten Kirchenfenster. | Foto Rui Camilo

Zum Eindruck des Gartensaals trägt neben den zarten grünen, grauen und braunen Farbtönen sowie zeichnerischer Leichtigkeit in der Figurengestaltung auch die in Rauten aufgelöste, leicht nach oben gewölbte Holzdecke bei. Die fünf Fenster im Chorraum zeigen die Heilsgeschichte, die Fenster in den Kirchenschiffen und im Westchor das Leben Jakobus, des Älteren, gestützt auf biblische Erzählungen, aber auch Legenden. Wiederkehrende Symbole sind etwa die Jakobsmuschel und der dreieckige grüne Pilgerhut. Jakobus, nach dem Kirche benannt ist, war einer der zwölf Apostel und soll 44 nach Christus enthauptet worden sein.

Das prominente runde Fenster über dem Altar stellt dar, wie Jesus aus dem Grab steigt. Betont wird so die Auferstehung, nicht das Kreuz. Dieses erscheint nur ganz dezent: Als Messingkreuz nicht auf dem Altar, sondern in der grausilbern gecrashten Metallfolien-Wand, die hinter ihm aufgestellt ist: eine Idee des Architekten Joachim Gottstein, der die Jakobskirche in den Jahren 2002 bis 2005 umgestaltete.

Neue Glasfenster der Künstlerin Saskia Schulz an der Südseite ergänzen heute die Glasfenster Crodels, dessen Farben die Künstlerin aufgegriffen hat, ebenso wie das Rautenmuster an der Decke. Passend zu Jakobus erinnert es an ein Fischer- und ein Wegenetz: Jakobus und sein Bruder Johannes waren Fischer, als Jesus sie zu Jüngern berief, und Jakobus ist der Heilige der Pilger. Auf den neuen Fenstern sind aber auch sternenähnliche Muster zu sehen, was auf eine Legende anspielt, wonach der Leichnam von Jakobus nach Spanien gebracht und dort in Santiago de Compostella begraben sein soll - Compostella wiederum bedeutet Sternenfeld (campo stelle).

Das Innere der St. Jakobskirche | Foto: Rui Camilo
Das Innere der St. Jakobskirche | Foto: Rui Camilo

Die gesamte Orgel mit 22 Registern findet sich seit Gottsteins Umbau auf der Empore im hinteren Teil der Kirche. Der darunter liegende Raum kann von der Gemeinde als Veranstaltungsraum genutzt werden.

Neben dem weißen Kirchenoval steht in südlicher Richtung ein quadratisch-klassizistischer Turm, der 1852/53 vom Bockenheimer Maurermeister Brandt errichtet und 1944 nicht zerstört wurde. Mit seiner schönen Schichtung aus heimischem schwarzem Basalt und rotem Sandstein bildet er die warm wirkende Wand zu Gottsteins angrenzendem neuen Glasfoyer: Dieses verstärkt den Eindruck der Leichtigkeit des Kirchen-Gartensaal-Charakters und eignet sich sehr gut für Empfänge und Zusammenkünfte. In unmittelbarer Nähe wurde eine Küche in den unteren Teil des Turms eingefügt, gegenüber der ebenfalls neuen Sakristei.

Das neue Glasfoyer verbindet Alt und Neu, also Kirche und Turm mit dem neuen rechteckigen weißen Gemeindehaus von 2003. Es hat zwei große Gemeinderäume. In naher Zukunft sollen dort alle Sekretariate des Nachbarschaftsraums Platz finden.

1997 vereinigten sich die bis dahin zwei Bockenheimer Kirchengemeinden zur „Evangelischen Kirchengemeinde Bockenheim“. Die Jakobskirche wurde zu deren Gemeindekirche, während die Markuskirche zum Zentrum Verkündigung der Evangelischen Kirche in Hessenund Nassau umgebaut wurde. Aus ihr stammt ein großer Korpus des Gekreuzigten von Eduard Fischer, der jetzt an der Turmaußenwand im Lichtschacht zur Jakobskirche hin angebracht ist.

Im Garten hinter der Kirche sind immer noch einige Grabsteine zu sehen. Das bronzene Stelenkreuz stammt von Bildhauer Dietz Eilacher.


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Autorin

Stephanie von Selchow ist Redakteurin des EFO-Magazins.

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