Multikultureller Blick auf den Gottesdienst
Sie kommen aus Äthiopien, Finnland, Indonesien, Iran, Moldau und Pakistan – und sie haben ein gemeinsames Ziel: Lektorinnen und Lektoren zu werden, das heißt im Ehrenamt und mit Hilfe vorliegender Predigtentwürfe Gottesdienste zu gestalten. Seit Anfang November 2024 nehmen acht Frauen und Männer am interkulturellen Lektor*innenkurs teil, der von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) gemeinsam mit der Kirche der Pfalz angeboten wird.
Alle zwei Monate treffen sich die Teilnehmenden, um über Gebet, Musik und Liturgie im Gottesdienst zu sprechen und das Vortragen von Lesepredigten zu üben. Geleitet wird die Ausbildung von Pfarrer Joachim Bundschuh, Pfarrer Thomas Borchers, Dekan Arne Dembek und Pfarrerin Christiane Musch. Ergänzt wird der Kurs durch praktische Einsätze in Gemeinden – begleitet von Mentorinnen und Mentoren.
„Der Austausch ist spannend und bereichernd“, sagt Joachim Bundschuh, der im Zentrum Oekumene der EKHN und der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) für die internationalen Gemeinden zuständig ist. „Die Teilnehmenden bringen ihre vielfältigen kulturellen und kirchlichen Traditionen ein – von orthodox über evangelisch-lutherisch bis evangelisch-charismatisch. Gerade für Menschen, die in den Gottesdienstformen unserer Landeskirche noch nicht zu Hause sind, ist die kleine Lerngruppe eine wertvolle Unterstützung.“
Ribkah Magdalena ist Mitglied der Indonesischen Gemeinde Rhein-Main. Ihre Motivation, an der Ausbildung teilzunehmen, beschreibt sie so: „Es ist eine Chance, mein Wissen zu erweitern. Ich möchte einen Dienst in der Gemeinde tun und – ich muss dann Deutsch sprechen…“ „Es ist interessant, Menschen aus anderen Kulturen und Traditionen kennenzulernen“, sagt Pfarrer Andreas Jung, der Ribkah Magdalena als Mentor begleitet, „gerade die unterschiedlichen auch theologischen Prägungen sind immer wieder bereichernd.“
„Ich möchte Gott dienen und lernen, wie man eine Predigt auf Deutsch vorbereitet“, sagt Zekariyas Megerssa aus der Personalgemeinde Christus-Immanuel in Frankfurt. Bis die Teilnehmenden einen Gottesdienst auf Deutsch leiten können, brauchen sie viel Übung, auch wenn gute Deutschkenntnisse eine Bedingung für die Teilnahme sind. Dann aber erfüllt es sie – zum Teil als Geflüchtete in Deutschland angekommenen – mit berechtigtem Stolz, etwas von ihrer Erfahrung und Tradition weitergeben zu können.
Der interkulturelle Lektor*innenkurs findet zum dritten Mal statt. „Bisher haben 15 Menschen den Kurs abgeschlossen. Sie halten Gottesdienste in verschiedenen Gemeinden und bereichern das kirchliche Leben unserer EKHN“, resümiert Joachim Bundschuh. Was das konkret bedeuten kann, erzählt er durch ein Beispiel: „Eine Lektorin begann ihre Lesepredigt zum Thema „Lebendiges Wasser“ mit der Beschreibung, welchen weiten und beschwerlichen Weg sie in ihrer Kindheit zum Brunnen laufen musste. Da hatte die zuhörende Gemeinde gleich einen anderen Zugang zum Thema!“