Birgit Kanz: Organisatorin der Griesheimer Sonntagskonzerte
Birgit Kanz hat ihr Cello geschultert, beim Yoga war sie auch, „ich versuche meine beiden Hobbys immer an einem Vormittag unterzubringen“ – sagt die auf Botanik spezialisierte Biologin, Geschäftsführerin eines Planungsbüros in Darmstadt-Eberstadt – und nimmt entspannt an diesem „freien Vormittag“ Platz, um zu erzählen, wie sie obendrein die Reihe „Griesheimer Sonntagskonzerte“ organisiert.
Hochqualitatives, Klassisches und Überraschendes wird in der evangelischen Segenskirche, Alte Falterstraße 6, in Frankfurt-Griesheim in dieser Reihe geboten. Der nächste Termin steht an am Sonntag, 28. September 2025, wie immer um 18 Uhr: Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Das klingt erstmal nach Top Ten Klassik-Chart, leider allzu oft auf Dauerberieselungsformat gebracht. Doch unter dem Motto „Mal anders“ wird das Werk des Barockkomponisten innovativ aufgeführt von Mevan Younes, Buzuq, Aleksej Zaharenka, Saxophon, Tobias Hoffmann, Cello, Anastaia Suvorov, Cembalo, und Heide Neddens, Blockflöte. Kanz ist gewiss: „So haben sie es noch nicht gehört“.
Beim Saisonabschluss 2025 am Sonntag, 19. Oktober, dreht sich das Programm um die italienische Ordensfrau Isabella Leonarda, eine „ungemein produktive Komponistin und Musikpädagogin“ – aber nicht vielen bekannt. Kanz kann bei diesem Konzert auf eine besondere Verbindung zählen, ihre Cellolehrerin, Uta Kempkes, die auch Konzertmusikerin ist, wirkt auf einem barocken Instrument mit.
Über das geschulterte Cello kam Kanz 2003, wenige Jahre nach ihrem Umzug nach Griesheim, mit der Gemeinde in Kontakt. „Der Pfarrer hat mich auf der Straße angesprochen“, erzählt die 59-Jährige. Bei Taizé-Andachten wirkte sie daraufhin mit, strich bei gemeindlichen „Adventsfenstern“ das Cello. Die promovierte Naturwissenschaftlerin ließ sich für den Kirchenvorstand werben, Schwerpunkt Musik, inzwischen ist sie in der zweiten Amtsperiode dabei.
Mitte der Neunziger Jahre hat die Gemeinde an der Alten Falterstraße eine Sauer-Orgel einbauen lassen, „ein ganz besonderes Instrument“, findet Kanz. Brigitte Babbe, in der Gemeinde und stadtweit für die evangelische Kirche engagiert, etablierte daraufhin eine Sommerkonzertreihe. Kanz hat sie zu Sonntagskonzerten fortentwickelt. Fünf Mal im Jahr, zwischen Frühjahr und Herbst, „und nie in den Ferien“.
60 bis 80 Leute kommen durchschnittlich zu diesen Konzerten in die aus dem 19. Jahrhundert stammende Kirche im Frankfurter Westen – „ein Schmuckstück nach aufwändiger Renovierung, mit sehr guter Akustik“, so Kanz. In Griesheim Ansässige sitzen in den Reihen, aber auch Musikfans aus der weiteren Umgebung. Die Konzerte haben einen Ruf erworben: Geboten wird Besonderes, umgesetzt von Bühnenerprobten. Probleme mit der Akquise von Musizierenden habe sie nicht, erzählt Birgit Kanz. Es habe sich unter Profis verbreitet, „hier kommen spannende Auftritte zustande“. Aus der weiteren Umgebung reisen die Ensembles an, „zu der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst habe ich einen guten Draht“, sagt die Programmmacherin.
Schwieriger als das Gewinnen von Mitwirkenden ist die Akquise des erforderlichen Geldes, der Eintritt zu den Konzerten ist kostenlos. Die Honorare der auftretenden Profis haben angezogen. Manche holen in Corona-Zeiten ausgefallene Gagen nach, muss aber nicht sein. „Die Leute sind sich ihrer Qualitäten bewusst“, sagt Birgit Kanz, und das sei auch gut so.
Tickets verkaufen möchte Kanz jedoch nicht. „Eintritt frei – herzlich willkommen“, heißt es auf den Ankündigungen. Schwellenangst soll es bei den Griesheimer Sonntagskonzerten nicht geben.