Kunst & Kultur

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße: Deutsches Kino kann auch Humor

Bis heute sind Ost- und Westdeutschland noch immer keine harmonische Einheit. Wenn eine rührende Geschichte das verbessern kann, muss man sie erzählen. Oder?

Ein findiger Journalist will Micha Hartung (gespielt von Charlie Hübner, rechts) zum Helden machen. |  X Verleih AG - Frédéric Batier
Ein findiger Journalist will Micha Hartung (gespielt von Charlie Hübner, rechts) zum Helden machen. | X Verleih AG - Frédéric Batier

Deutsche Filmkomödien haben nicht den besten Ruf – sie gelten als zu klamaukig, zu banal, zu bemüht. „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ (ab 11. Dezember im Kino) ist aber eine Ausnahme. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Maxim Leo erzählt von einem Helden, der womöglich gar keiner ist.

Im Jahr 2019, zum 30. Jubiläum der deutschen Wiedervereinigung, bekommt der erfolglose Videothekenbesitzer Micha Hartung Besuch von einem Journalisten. Der hat in alten Stasi-Akten einen Hinweis darauf gefunden, dass Hartung im Jahr 1984 eine Massenflucht aus der DDR ermöglicht habe, indem er als Bahnarbeiter eine S-Bahn am Berliner Bahnhof Friedrichstraße in den Westen umgeleitet hat. Dafür saß er einige Zeit im Gefängnis. Hartung zögert erst, lässt sich aber mit einer großzügigen Geldzahlung dazu bewegen, den Helden zu geben. Erfolg und Ruhm folgen auf dem Fuß.

Regisseur Wolfgang Becker, der kurz nach Beendigung der Dreharbeiten im Dezember 2024 im Alter von 70 Jahren starb, erzählt die Geschichte mit viel Humor, aber ohne dass es banal wird. Was ist Wahrheit? Wie weit kann man Fakten biegen, bevor sie zu Lügen werden? Und welchen Anteil hat eine Gesellschaft, die bestimmte Geschichten unbedingt hören will, andere aber nicht?

„Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat“ – diese dem französischen Aufklärer Voltaire zugeschriebene These zieht sich wie ein roter Faden durch den Film. Lachen und Nachdenken gehen somit Hand in Hand. Und das, während gefühlt die gesamte Prominenz des deutschen Kinos dabei ist – neben Charly Hübner, Christiane Paul und Leon Ullrich in den Hauptrollen sind auch Daniel Brühl, Jürgen Vogel oder Thorsten Merten zu sehen. Selbst Eisläuferin Katharina Witt hat einen kurzen Auftritt.

Die Evangelische Filmjury empfiehlt „Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße“ als Film des Monats. Das Gremium aus Vertreter:innen verschiedener kirchlicher Arbeitsbereiche sichtet regelmäßig Filme, die demnächst ins Kino kommen, und prämiert solche, die „sich durch ihre herausragende Qualität zur Diskussion anbieten, die Zeitprobleme sichtbar machen und Impulse zu verantwortlichem Handeln geben“, so die Selbstbeschreibung.

Zum Film des Jahres 2025 hat die Jury „Die Heldin“ der Schweizer Regisseurin Petra Volpe gekürt. Der Film mit Leonie Benesch in der Hauptrolle zeigt eine Nachtschicht im Berufsalltag einer Krankenschwester, die routiniert und mit viel Empathie ihre Arbeit macht, aber trotz aller Professionalität an ihre Grenzen kommt. Wer den Film im Frühjahr verpasst hat, kann ihn zur Preisverleihung am Freitag, 12. Dezember, um 20 Uhr im Deutschen Filmmuseum, Schaumainkai 41, noch einmal sehen.

Alle Film-Empfehlungen und Begründungen der vergangenen Jahre auf www.filmdesmonats.de, aktuelle Tipps gibt’s auch auf Instagram (@filmdesmonats).


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Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social

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