Die Welt nach der Atomkatastrophe
Wir schreiben das Jahr 2119: Nach einer durch Künstliche Intelligenz fehlgeleiteten Atomrakete sind Europa, Nordamerika und Nordafrika überschwemmt. Deutschland wurde vom großrussischen Reich einverleibt, England ist nur noch ein Inselhäufchen in einem jetzt wieder sauberen Meer.
Obwohl viele digitale Daten erhalten sind – das Internet ist in Nigeria stationiert – ist die Welt ärmer geworden: an Tieren und Pflanzen, und damit auch an kulinarischen Genüssen, aber auch an Kultur. Sie stagniert.
Das wirft den Literaturwissenschaftler Thomas Metcalfe auf die literarisch reichen Jahre zwischen 1990 und 2030 zurück. Geradezu besessen ist er von einem langen Gedicht, dem „Sonettenkranz für Vivien“, den der berühmte Dichter Francis Blundy 2014 für seine Frau verfasst hat. Metcalfe kennt jedes Detail seiner Entstehung, aber das Gedicht selbst, wohl eine Hymne an die Natur, ist verschwunden. Im zweiten Teil wird Metcalfes Geschichte dann durch einen radikalen Wechsel der Erzählerperspektive aufgemischt.
Der britische Schriftsteller Ian McEwan hat einen Zukunftsroman geschrieben, der auf die Gegenwart blickt, eine Abenteuergeschichte und zugleich ein Krimi. Wie alle seine klug komponierten Romane, besticht auch dieser durch Ironie und einen hintergründigen Blick auf die Abgründe und Schwächen des Menschen.
Im Zentrum steht die Frage, was wir von uns und von der Vergangenheit wissen können, gerade weil wir durch unsere digitalen Fußabdrücke so durchleuchtet scheinen. Bei aller Kritik an der Dummheit des Menschen, der die Erde, wie wir sie kennen, trotz besseren Wissens zerstört, ist die Geschichte doch nicht hoffnungslos. Sie feiert den fehlbaren Menschen, die Schönheit des Geistes und der Literatur, die Natur, die Liebe und das Leben.
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