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Diakonie und Caritas fordern die Abschaffung des Flughafen-Asylverfahrens

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Beim Flughafenverfahren werden Geflüchtete im Transitbereich des Flughafens festgehalten, bis ihr Asylantrag in einer knappen Frist geprüft ist. Kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beobachten das Verfahren von Beginn an. Nun zogen sie Bilanz und kamen zu dem Schluss, dass ein faires Verfahren auf dieses Weise nicht gewährleistet werden kann.

Beratung eines Schutzsuchenden Foto: Kirchlicher Flüchtlingsdienst am Flughafen
Beratung eines Schutzsuchenden Foto: Kirchlicher Flüchtlingsdienst am Flughafen

Seit 25 Jahren wird am Frankfurter Flughafen das sogenannte beschleunigte Flughafen-Asylverfahren angewandt. Das bedeutet, dass einschließlich Behördenentscheidung und Klageverfahren gegen eine Ablehnung in höchstens 19 Tagen über Einreise oder Zurückweisung entschieden wird. Das Diakonische Werk und der Caritasverband Frankfurt sprechen sich nachdrücklich für die Abschaffung des Flughafenverfahrens aus. Die beiden Kirchen begleiten von Beginn an Geflüchtete durch dieses Verfahren. Zudem begleitet die evangelische Kirche diese Menschen auch in der streng abgeschirmten und geschlossenen Außenstelle der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung Gießen sowie im Transitbereich auf dem Flughafengelände an.

„Aus der praktischen Arbeit und den Erfahrungen aus 25 Jahren bilanzieren wir, dass das Flughafen-Asylverfahren im Sinne der Schutzsuchenden nicht zielführend ist“, sagt Michael Frase, Leiter des Diakonischen Werkes. Darüber hinaus seien Aufwand und Kosten des Flughafen-Asylverfahrens unverhältnismäßig hoch. „Ein faires Asylverfahren für kann nicht gewährleistet werden. Humanitäre Grundsätze können in einer geschlossenen Einrichtung nur begrenzt eingehalten werden“, bestätigt Caritasdirektorin Gaby Hagmans.

Schlechtere Voraussetzungen im Asylverfahren - auch nach der Einreise

Der zeitliche Druck des Verfahrens wirke sich negativ auf die Asylsuchenden aus, berichteten Diakonie und Caritas. Wer gerade in einem fremden Land angekommen sei und in eine geschlossene Unterkunft eingewiesen werde, könne nicht auf die Schnelle unbefangen und ausführlich das persönliche Schicksal darlegen. Zudem sei es lebensfremd anzunehmen, dass die Flüchtlinge, die in ihren Herkunftsländern Behördenmitarbeitern misstrauten, sich hierzulande Behörden sofort umfassend offenbarten.

Insbesondere Frauen, die in ihren Heimatländern geschlechtsspezifischer Verfolgung und Gewalt ausgesetzt seien, würden im Schnellverfahren benachteiligt. Frauen seien aufgrund von Scham, Angst und Traumatisierung meist nicht in der Lage, unmittelbar nach Ankunft ihr Schicksal in Einzelheiten zu schildern. Die Unterbringung im Flughafenverfahren gleiche einer Inhaftierung, kritisierten die Verbände. Die Unterkunft sei mit Schleusentüren und Kamera-Überwachung ausgestattet, es gebe keinen Zugang zur Außenwelt und zum Internet.

Außerdem begegneten Einreisende bereits abgewiesenen Asylbewerberinnen und -bewerbernn, die auf ihre Zurückweisung warteten. Die Unterbringung verstärke die bereits hohen psychischen Belastungen durch Flucht, Gewalt und Verlust der Heimat. Es komme immer wieder zu Suizidversuchen, im Herbst 2017 habe sich ein Mann erhängt. Schließlich seien der Aufwand und die Kosten des Verfahrens unverhältnismäßig, wandten die Wohlfahrtsverbände ein. Deutschlandweit haben im vergangenen Jahr nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge 444 Personen Asylanträge im Flughafenverfahren gestellt. 264 von ihnen durften einreisen und das Asylverfahren im Inland weiterführen.

Das Verfahren wurde 1993 wegen stark gestiegener Asylbewerberzahlen in Deutschland eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht hat das Flughafen-Asylverfahren 1996 für verfassungemäß erklärt. Im Jahr 2012 lehnte der Bundesrat eine Initiative der Länder Rheinland-Pfalz und Brandenburg zur Abschaffung des Flughafen-Asylverfahrens mehrheitlich ab.


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