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Helau und Alaaf gehen auch anders

Die Offenbacher Pfarrerin Henriette Crüwell ist eine passionierte Karnevalistin – in diesem Jahr verzichtet sie auf den Ausflug ins Rheinland und setzt auf Digitales. Pfarrer Nulf Schade-James hielt am 14. Februar im Frankfurter Gallus einen Open Air Valentinstags- und Fastnachtsgottesdienst.

Pfarrerin Henriette Crüwell hofft auf den Straßenkarneval 2022 - dieses Jahr feiert sie digitale Fastnacht. Foto: privat
Pfarrerin Henriette Crüwell hofft auf den Straßenkarneval 2022 - dieses Jahr feiert sie digitale Fastnacht. Foto: privat

„Bützje“, närrische Schmatzer im Vorübergehen für mehr oder eher weniger Bekannte, gehören zum „Zoch" in Köln wie Kamelle. Aktuell nicht daran zu denken. Wir bleiben daheim. Auch an Karneval, Fasching und Fastnacht, wie es in Frankfurt und Offenbach heißt. Paar Luftschlangen über der Couch, ein paar Kreppel auf dem Tisch – viel mehr ist in diesem Jahr nicht möglich.

Henriette Crüwell, Pfarrerin der Evangelischen Friedenskirchengemeinde in Offenbach, hätte in anderen Jahren am Donnerstag in die Kostümkiste gegriffen und für Farbe im Gesicht gesorgt, schließlich handelte es sich um „Weiberfastnacht": „Es war das erste Mal, dass ich nicht verkleidet war. Ich liebe nämlich ganz besonders den Straßenkarneval. Im Rheinland heißt das, fünf Tage in immer neuen lustigen Kostümen durch die Straßen und Kneipen zu ziehen und mit wildfremden Menschen zu singen und zu feiern. Mir fehlt diese fröhliche Unterbrechung in diesem Jahr ganz besonders.“

Spätestens an Fastnachtsdienstag fährt sie in anderen Zeiten nach Köln, zur Stunksitzung. Crüwell ist dann um Mitternacht dabei, „wenn der Nubbel verbrannt und damit alles Böse vertrieben wird“. In diesem Jahr werde sie digital und zuhause die ganzen Karnevalsklassiker singen an Rosenmontag und Fastnachtsdienstag. „Das ist zwar nicht dasselbe trotz dem Konfetti im Herzen, mit dem sich die Jecken 2021 Mut machen. Aber es ist eine kleine Erinnerung daran, dass wir uns den Humor auch jetzt bewahren. Denn der allein kann schon sehr tröstlich sein.“

Ihr Kollege Ludwig Schneider-Trotier, Pfarrer der Französisch-reformierten Gemeinde in Offenbach, hat sich gefreut, „seine Kirche“, in einem Bericht der Hessenschau zur Fastnacht als Kulisse zu finden. Munter bewegt sich der Umzug der Playmobilfiguren an dem Nachbau des Gotteshauses in der Offenbacher Innenstadt vorbei.

In Frankfurt ist die Evangelische Kirchengemeinde Frieden und Versöhnung im Gallus eine Hochburg der Fassenacht. Karnevalsabende ließen schon den Gemeindesaal beben, die Büttenpredigt des früheren Dekans von Frankfurt-Süd, Jürgen Reichel-Odié, hat lange Jahre Herzen und Lachmuskeln gelockert. 2020 verabschiedete er sich offiziell von der Kirchenbütt.

Niemand hat damals ahnen können, dass in diesem Jahr alles so viel anders sein wird. Gestern, am Sonntag, 14. Februar, hielt Pfarrer Nulf Schade-James im Gallus einen Fastnachts- und Valentinstags-Gottesdienst im Freien. „Ich kann keine Büttenpredigt reimen. Aber ich kann liebevolle Gottesdienste mit einer gehörigen Portion Humor feiern“. Zur Einstimmung kreierte Schade-James einen Mix aus „Ich glaub an die Liebe“, von Daliah Lavi und Karnevalistischem. Von Gottes Witz und Humor war die Rede. Verse des Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der lange Jahre dem Mainzer Unterhaus vorstand, flocht Schade-James in seine Predigt ein: „Bei dir sind wir gut aufgehoben, wenn wir singen und tanzen, feiern und schunkeln – vielleicht ein Fest der Befreiung. Pass gut auf uns auf, Gott. Amen“.

Es war kalt, es war sonnig, die Menschen standen bei diesem Gottesdienst im Gallus am Straßenrand – halt ohne Bützje, aber bei allem Abstand gemeinsam.


Autorin

Bettina Behler 357 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach