Zugespielt ... - Kolleginnen und Kollegen im Porträt

"Ich möchte mehr Zeit mit meiner Familie verbringen"

Rainer Cordts (63) leitet seit 16 Jahren die Verwaltung des ERV. Nach 47 Arbeitsjahren und einem bemerkenswerten Aufstieg geht er im März 2020 in den vorgezogenen Ruhestand.

Rainer Cordts
Rainer Cordts

Wie begann Ihr Berufsleben?
Cordts: Mit 16 wollte ich zusammen mit einem Freund auf die Bahamas auswandern. Also sind wir zusammen mit dem Zug vom Niederrhein nach Frankfurt und zur Auslandsarbeitsvermittlung. Dort riet man uns aber erstmal zu einer Ausbildung. So wurde ich Koch. Als ich mit 19 meine Frau kennenlernte, wechselte ich für vier Jahre zur Bundeswehr.

Vom Soldat zur Evangelische Kirche?
Cordts: Auf Umwegen. Es stellte sich nämlich heraus, dass ich wegen der DDR-Verwandtschaft nicht die Offizierslaufbahn einschlagen durfte. Aber ich hab alle Lehrgänge und Fortbildungen besucht in dieser Zeit, die mich weiter brachten. Zum Beispiel zu Rhetorik, Politik, Innere Führung und Recht. Von dort gings in den hessischen Justizvollzug. Dort machte ich eine Ausbildung im mittleren Verwaltungsdienst, da war ich 25 Jahre alt. In dieser Zeit kam unser erster Sohn schwerstbehindert zur Welt. Dadurch bekamen wir Kontakt zur Diakonie und damit zur evangelischen Kirche. Ich bewarb mich als Sachbearbeiter, durfte studieren, bildete mich weiter und blieb beruflich immer am Ball. Schließlich übernahm ich 2004 die Leitung der Verwaltung des Regionalverbandes.

Hört sich so einfach an.
Cordts: War es aber nicht. Doch vor allem durch die Niederungen und Krisen im Leben lernt man, Stärke und Durchhaltevermögen zu entwickeln. Glück war auch dabei. Ich bin meiner Kirche sehr verbunden und dankbar für alles.

Wofür schätzen Ihre KollegInnen Sie?
Cordts: Ich bin ein großer Fan von Gerechtigkeit. Und wenn jemand was erreichen wollte, habe ich das unterstützt. Das war immer meine Devise.

Was war für Sie ein prägendes Erlebnis?
Cordts: Das Bombenattentat in meiner Heimatgemeinde in Sindlingen am Heiligabend 1996. Es gab Tote und viele Verletzte. Es war damals beeindruckend, wie Kirche für die Menschen da war.

Was tun Sie, wenn Sie entspannen wollen?
Cordts: Ich kaufe mir im Baumarkt ein paar Fliesen und gestalte etwas neu. Solche Arbeiten bringen mir Freude und Erholung. In unserem Haus gibt es eine regelrechte Schreinerwerkstatt im Keller. Das ist für mich wie Urlaub.

Ihre handwerkliche Meisterleistung?
Cordts: Ein dreistöckiges Treppenhaus aus Stein im Haus meines Sohnes.

Was möchten Sie künftig mit Ihrer Zeit tun?
Cordts: Meine Kluft anziehen und im Waldstück eines Freundes gefällte Bäume klein sägen. Oder auch allein ein paar Tage nach Sylt, wenn mir das in den Sinn kommt. Einen Oldtimer restaurieren und vor allen Dingen mehr Zeit mit meiner Familie verbringen, insbesondere mit unseren Enkeln.


Autorin

Sandra Hoffmann-Grötsch ist Journalistin in der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach.