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50 Jahre Flughafenseelsorge: Ein Ruhepol zwischen Countern und Grenzen

Ein ökumenisches Erfolgsprojekt wird 50

„Follow me – sprach der Herr“, Edward Fröhling, katholischer Pater in der Ökumenischen Flughafenseelsorge, nestelt einen Artikel aus einem Ordner, abgedruckt 1973 in einem Kirchenblatt. „Sollen wir das nicht auch mal machen?“ – so eine Aufnahme der beiden Geistlichen auf dem Rollfeld, jetzt zum 50-jährigen Jubiläum der ökumenischen Einrichtung, schlägt seine evangelische Kollegin Bettina Klünemann vor. Dieses Mal in Farbe – schauen wir mal. Fröhling zeigt erst mal ein Gruppen-Selfie, entstanden vergangene Woche am Gate. Das Team hat sich einen Spaß gemacht und Klünemann abgeholt, die aus London von einem internationalen Flughafenseelsorge-Treffen zurückkam: Mit Rose und Namensschild standen sie als Empfangskomitee da. Sieht nach guter Stimmung aus.

Fünf Dekaden Zusammenarbeit am Flughafen, „das ist wie eine Goldene Hochzeit“, findet Klünemann – jedoch mit wechselnden Personen, sie hat am 1. Oktober 2018 im Terminal 1 angefangen, ihr Kollege ist seit knapp einem Jahr am Airport tätig. Ähnlich wie bei Ehejubiläen heißt es auch hier, „da gab es Höhen und Tiefen, wir haben dran gearbeitet“.

Die Einrichtung der gemeinsamen Kapelle, das ökumenische Seelsorge-Angebot, „das war schon Pionierarbeit“, 1970, als die ersten Vorbereitungen begannen, sei solch ökumenisches Seite-an-Seite- Vorgehen noch eine Rarität gewesen, erzählt die evangelische Pfarrerin. Gut findet sie, dass nach Bedarf weitere kirchliche Dienste, großteils auch ökumenisch, am Flughafen entstanden, wie der Kirchliche Sozialdienst für Passagiere, die Abschiebebeobachtung und die Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie und die Aufsuchende Sozialarbeit. Manche Dienste werden sogar durch die Fraport AG mitfinanziert. 20 Hauptamtliche beider Konfessionen sind bei den kirchlichen Diensten tätig, hinzu kommen noch Ehrenamtliche, alleine bei der Seelsorge sind es 30.

„Am Flughafen sehen wir die Welt wie in einem Brennglas, mit ihren guten und mit ihren schlechten Seiten“, sagt Edward Fröhling, der dem Pallotiner-Orden angehört und täglich von seiner Wohngemeinschaft in Limburg zur Arbeit pendelt. In den vier Jahren ihrer Tätigkeit am Flughafen „habe ich gefühlt immer neue Arbeitsplätze bekommen“, meint Klünemann. 2019 – ein Boom-Sommer, dann kam Corona, Menschen strandeten im Transitbereich, um Extras hätten sie und die Kolleg:innen sich gekümmert von Obst bis Schuhsohlenkleber, Datteln für Ramadanfeiern habe sie besorgt und auch mit Muslimen gebetet, erzählt die 57 Jahre alte Theologin.

Neben der Kapelle ist der muslimische Gebetsraum, im Gebet sich zu begegnen ist Klünemann und dem 47-jährigen Fröhling ein Anliegen. In London Heathrow beispielsweise sei eine „Multi-Faith Chaplaincy“ am Flughafen ansässig, Sikhs, Hindus, Musliminnen, Jüdinnen, Protestanten, Katholiken und Anglikaner unter einem Dach vereint, berichtet die Pfarrerin. In ihrem Büro, der Schreibtisch ist ein großer runder zum Platznehmen für mehrere, lehnt an der Wand ein „Wimmelbilderbuch der Religionen“.

Gottesdienste, Andachten, praktische Hilfe in Notlagen sind das eine. Vor allem geht es hier aber um – wie der Name schon sagt – „Seelsorge“. Klünemann hat neben dem Theologie- auch ein Psychologiestudium absolviert, Fröhling arbeitete früher unter anderem als Schul- und Internatsseelsorger. Leute in Flugpanik, die sich die Anspannung vom Gemüt reden und dann den Flieger besteigen, das kommt häufiger vor. Gestern gerade wieder erhielt eine junge Frau Raum und Ohr dafür. Gemeldet hat sich am Vortag auch ein junger Russe, besser gesagt die Bundespolizei hat den Kontakt hergestellt. Vikarin Sabine Guder hat sich um ihn gekümmert. Eher „aus Versehen“ habe der vor der Mobilisierung geflohene das Wort „Asyl“ gebraucht und ist in der Erstaufnahme gelandet – außer sich. Guder hat ihm zugehört, die Seelsorgerinnen haben mit der Pfarrerin in der Erstaufnahme Tanja Sacher telefoniert.

„Wir haben einen guten Kontakt“, sagt Klünemann sowohl mit Blick auf die Pfarrerin in der Erstaufnahme als auch auf die Bundespolizei. Wenn Letztere merkt, hier ist ein Mensch in einer Krise, am Rande seiner Kräfte, dann ist die kirchliche Seelsorge im ersten Stock der Halle B eine feste Adresse. Die Kooperation mit der Bundespolizei ist eine gut eingespielte – es verbindet das Interesse, bei Schwierigkeiten und Notsituationen den einzelnen Menschen gerecht zu werden.

Das heißt aber nicht, dass alles gut ist. Asyl, Flucht und Migration sind Themen, die am Flughafen natürlich eine große Rolle spielen. Sowohl Klünemann als auch Fröhling sind erschüttert, mit welchen Schwierigkeiten und bürokratischen Hürden Menschen „anderer Hautfarbe“ konfrontiert sind, die nach Deutschland einreisen wollen. Die Probleme beginnen dabei nicht erst nach der Landung. Edward Fröhling ist froh, dass die katholische Hilfsorganisation Missio dieser Tage mehrfach und vehement auf die Diskriminierung junger Afrikanerinnen und Afrikaner in Sachen Visa hingewiesen hat.

Neben den so vielfältigen Gesprächen in ihren Räumen und am Telefon sind Guder, Fröhling und Bettina Klünemann oft in den Hallen unterwegs. An der Weste in gelber Neonfarbe steht nicht nur der Name, sondern zudem „Flughafenseelsorge“ – auch auf Englisch. „Das war gar nicht so einfach mit der ökumenischen Westenfarbe“, erzählt Bettina Klünemann: Lila ist zu evangelisch, Blau nutzt die Diakonie, Rot wie die Caritas? Schließlich ist es eine Farbe geworden, an der auch andere Flughafenbeschäftigte gut zu erkennen sind, Neongelb. Seelsorge mittendrin.

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