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Hartes Leben auf der Straße

Zum Tag der Wohnungslosen fordert die Diakonie mehr bezahlbaren Wohnraum

Der zweite Corona-Winter naht, die Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe des Diakonischen Werkes für Frankfurt und Offenbach sind mit Luftreinigern und CO2-Ampeln ausgestattet, Fiebermessen am Eingang, Hände desinfizieren und Maskenpflicht sind Standard. Doch die Anzahl der Plätze, die Schutz vor Kälte und Nässe bieten, bleibt auch in diesem Winter beschränkt. Der Tagestreff im WESER5 Diakoniezentrum lässt beispielsweise 40 Menschen gleichzeitig ein, „im Winter werden wieder mehr Menschen vor der Tür warten“, sagt Jürgen Mühlfeld, Leiter von WESER5 im Frankfurter Bahnhofsviertel. Während 2020 viele Wohnungslose aus Südosteuropa wegen Corona in ihre Herkunftsländer zurückfuhren, kamen in diesem Jahr wieder mehr Menschen nach Frankfurt: Im Schnitt zählt der Tagestreff rund 120 Kontakte am Tag.

„Es ist wichtig, dass unsere Besucher:innen gegen Corona geimpft sind, wir sprechen sie an und motivieren sie,“ sagt Karin Kühn, Arbeitsbereichsleiterin Diakonische Dienste beim Diakonischen Werk. Sie schätzt, dass etwa die Hälfte der Wohnungslosen geimpft ist. Die Teams in den Einrichtungen der Diakonie leisten Überzeugungsarbeit. Mit Erfolg: In den 17 Ost -Tagestreff für Frauen beim Frankfurter Zoo kommen im Schnitt 60 Frauen am Tag, 88 ließen sich dort impfen. Zum ersten Impftermin im Tagestreff von WESER5 kamen 55 Personen, alle, die sich angemeldet hatten, und sie ließen sich auch ein zweites Mal impfen. Insbesondere unter Südosteuropäern, vor allem bei Sinti und Roma, überwiegt allerdings die Skepsis: „Viele haben Angst, aufgrund schlechter Erfahrungen mit dem Gesundheitssystem in ihren Herkunftsländern, manche denken, sie werden gechipt oder könnten dann keine Kinder mehr bekommen“, sagt Qutaiba Al Jendi, der als Sozialhelfer im Tagestreff arbeitet. Hinzu kommen viele Berichte in den sozialen Medien, die vor einer Impfung und ihren Folgen warnen. Al Jendi erzählt dann, dass er sich natürlich, genau wie alle anderen Mitarbeiter:innen im WESER5, habe impfen lassen. In Einzelgesprächen versucht er, Impfskeptiker:innen zu überzeugen: „Manche kenne ich seit drei Jahren, es entwickelte sich Vertrauen, sie registrierten sich dann für die Impfung.“ Unter den Südosteuropäer:innen seien etwa ein Viertel geimpft, schätzt Al Jendi, der selbst Rumänisch spricht. Er ist überzeugt: „Jeder Versuch lohnt sich, auch wenn nur eine Person ihre Meinung ändert, ist es ein großer Schritt.“ Während manche Sinti und Roma skeptisch bleiben, wissen andere, dass sie sich als Geimpfte leichter bewegen können. Für diejenigen, die regelmäßig ihre Standorte wechseln und sich zwischen Österreich, Deutschland, Frankreich und Großbritannien hin und her bewegen, ist das essentiell.

Zum Tag der Wohnungslosen am 11. September erinnert das Diakonische Werk daran, dass in Frankfurt am Main rund 7300 Menschen in Unterkünften leben, also wohnungslos sind, unter ihnen etwa 4000 Geflüchtete.

Ohne Obdach, also dauerhaft im Freien, leben in Hessen Schätzungen zufolge etwa 3000 Menschen. Die meisten von ihnen sind krank, das Leben auf der Straße ist hart. Gerade im teuren Rhein-Main-Gebiet ist es für viele fast aussichtslos, in einer eigenen Wohnung wieder Fuß zu fassen. „In Frankfurt am Main passiert im Moment zwar viel im Wohnungsbau, wir konnten sogar mehr Klient:innen als sonst in Wohnungen vermitteln, aber bis die Situation sich grundlegend ändert, wird es noch Jahre dauern“, sagt Karin Kühn.

Die Diakonie Hessen fordert daher von der Hessischen Landesregierung, umgehend ein Förderprogramm „Wohnungslosigkeit überwinden“ aufzulegen, eine landesweite Wohnungsnotfallstatistik zu erstellen und ein Förderprogramm „von der Straße in die Wohnung“ aufzulegen.

Autorin und Pressekontakt: Susanne Schmidt-Lüer, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Diakonisches Werk für Frankfurt und Offenbach, Telefon 069 2475149-5005, E-Mail susanne.schmidt-lueer@diakonie-frankfurt-offenbach.de