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Mit Mainwasser getauft

Am Flussufer feierte das Evangelische Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach heute sein erstes großes Tauffest

„Sie kam uns wie gerufen“, sagt Isabella Wirth – die Einladung des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach zu einem Tauffest, die sie Anfang des Frühjahrs in ihrem Briefkasten fand. Angeschrieben worden waren alle Familien im Einzugsgebiet, bei denen eine Person der evangelischen Kirche angehört und ein Kind noch nicht getauft ist. Für sie und ihren Mann war es eine überraschende und überzeugende Post.

Wirths Tochter Golda, geboren Anfang 2020, ist ein „Pandemiekind“. Große Beisammensein wurden in den vergangenen zweieinhalb Jahren verschoben. Hinzu kommt: Isabella Wirth, die mit ihrem Mann und den beiden Kindern im Offenbacher Senefelderquartier wohnt, suchte für die Taufe etwas anderes „als das Übliche im Gottesdienst“. Mit einer befreundeten Familie, die im Januar 2020 Zwillingseltern wurden, hat sie sich angemeldet: für das große Tauffest heute an den Mainwiesen in Offenbach-Bürgel.

Ein laues Lüftchen wehte an diesem Samstag über dem Rasen am Fluss, die Sonne brach sich am Vormittag Bahn: 73 Kinder zwischen null und zwölf fanden sich mit ihren Familien ein, um die Taufe zu empfangen. Aus Frankfurt-Bockenheim hatte sich Natalie Radziwill angemeldet, ihr Sohn ist sieben, besucht eine Förderschule, ist geistig beeinträchtig. „Habe immer schon gewollt, dass er getauft wird, wusste nur nicht wie“, sagt die alleinerziehende Mutter. Ruhig sitzen im Gottesdienst, alle Blicke auf sich zu wissen, das hätte ihn vermutlich beunruhigt, so nutzte er vor dem Gottesdienst das übergroße „Vier gewinnt“ des Spieleverleihs „Play“ des Evangelischen Stadtjugendpfarramts und ging entspannt der Feier entgegen.

Glaubensbekenntnis, Vaterunser, Tauffrage, Begrüßung und Segen, der Gottesdienst enthielt alles, was auch in den Kirchen zu diesem Ereignis dazu gehört. Aber eben anders. Stadtdekan Achim Knecht, der die Anwesenden begrüßte, trat in den Dialog, sprach die Kinder direkt an, „wer ist schon in der Schule?“, für die Kleinen gaben die Eltern Rückmeldung auf seine Fragen. An alle gerichtet sagte Knecht – Gott im Himmel sende die Botschaft, „ich habe dich sehr lieb, du bist ein geliebtes Kind Gottes“.

Während der Predigt von Pfarrerin Stefanie Brauer-Noss und Vikarin Hannah Reichel aus Frankfurt-Bornheim wurde aus einem Faltschiff, ein Kleid ein Haus. Das Bornheimer Schneebelletheater führte mit einem großen Textilboot die Geschichte von Jesus, der nicht nur den Sturm stillt, sondern auch die Jünger zu Vertrauen bewegt, in einer Kurzszene auf. Von dem Leben als Reise, von Loslassen, von Glücksgefühlen, von Narben sprachen Brauer-Noss und Reichel. Auch sie bezogen die Kinder und ihre Familien ein. In den Kisten auf den Tischen der Tauffamilien fanden sich bunte Faltboote aus Papier, manches Kind nutzte sie zum Kritzeln, andere zur Entfaltung und Neugestaltung.

Flip-Flops an väterlichen Füssen gab es, aber auch geputztes Leder auf der Gottesdienst- und Festwiese– „komme wie du willst“, lautete die Kleiderordnung, viele hatten sich für Festliches entschieden. Täuflinge in Tüll und Spitze, kleine Jungens mit Fliege, aber auch welche in Sneakern. Neben eierschalenfarbenem Plissee hatten Shorts Platz. Der Himmel ist weit, in jeder Hinsicht.

„Das Tauffest macht etwas sichtbar, was bei Taufen in unseren Kirchen manchmal verloren geht, dass wir in eine große Gemeinschaft hinein taufen und die große und bunte Vielfalt der Gemeinschaft der Getauften“, findet Pfarrer Tobias Völger aus der Frankfurter Kuhwaldsiedlung, der an einer der acht Taufstationen Kinder in die Kirche aufnahm. Acht Täuflinge aus sieben Familien, in einem Fall handelte es sich um Geschwister, stellte der Pfarrer der Dreifaltigkeitsgemeinde unter Gottes Schutz.

„Taufe ist eintauchen in den Fluss des Lebens“, so Pfarrerin Anja Harzke von der Frankfurter Dornbuschgemeinde, die an Liturgie und Taufen mitwirkte. Ihre Kollegin Charlotte Eisenberg aus Frankfurt-Sossenheim, die gleichermaßen mitwirkte, verwendete im Gottesdienst die Formulierung: „Gott ist die Quelle des Lebens“.

Aus dem Main wurde das Tauffwasser während des Gottesdienstes mit den älteren Täuflingen geschöpft und in eigens für das Ereignis geschaffene Taufschalen gegossen. Individuell und im Kreis der Angehörigen bekamen die Kinder Gottes Schutz zugesprochen. Taufkerzen mit dem „Main I Tauf I Fest“ Logo standen bereit, einige brachten auch selbstgestaltete mit.

Mit dem Schlusssegen für alle endete die Veranstaltung nicht. Die Familien waren eingeladen zum Weiterfeiern, zu Pasta mit mehrerlei Soßen, zu Kuchen, zum Vergnügen auf Hüpfburg und Rasen. Hell eingedeckt worden waren die Tische der Familiengruppen seitens des Stadtdekanats. Manche stellten bunte Blumen darauf, andere legte farbige Tischdecken über die Unterlagen. Viele hatten Picknickdecken mitgebracht, auf denen sich die Jüngsten während des Tags tummelten. Am Kopf der Tische saßen so manches Mal die Ältesten der Familien, einzelne im Rollstuhl. Alleinerziehende kamen mit Tanten und Freunden, Patchworkfamilien fanden das „Main I Tauf I Fest“ einen geeigneten Rahmen. Familie kann vielerlei heißen. Anja Harzke vom Frankfurter Dornbusch hatte drei Täuflinge aus ihrer Gemeinde mitgebracht. „Für andere Eltern war das eher nichts, die Vorstellungen sind eben unterschiedlich.“ Und – Taufe kann vielfältig geschehen.