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Stadtdekan Knecht zu Ostern: Die Barmherzigkeit Gottes ist nicht tot zu kriegen

Die Osterbotschaft von Stadtdekan Achim Knecht von der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach

Liebe Leserin, lieber Leser,
von Jesus heißt es in der Bibel immer und immer wieder: Er erbarmte sich. Jesus erbarmte sich damals über die Menschen, die mit Blindheit geschlagen waren und sich nicht orientieren konnten. Er erbarmte sich über die, die keine Kraft in den Beinen hatten und nicht mehr weiterkamen. Er erbarmte sich über die, die nicht mehr anpacken konnten, weil sie wie gelähmt waren. Durch seine Zuwendung wurden Menschen an Leib und Seele gesund.

Jesus erbarmte sich aber auch über die, die keinen Platz in der damaligen Gesellschaft hatten, weil sie ausgegrenzt wurden oder nicht der moralischen Norm genügten. Er setzte sich mit ihnen an einen Tisch. Er erbarmte sich auch über die, die gegen sich selbst kein Erbarmen kannten und unter ihren Schuldgefühlen litten, weil sie hinter den eigenen und fremden Erwartungen zurückblieben. Und nicht zuletzt erbarmte sich über die Kinder. Er stellte sie in der Welt der Erwachsenen als Vorbild in die Mitte, für das Vertrauen auf Barmherzigkeit.

„Glücklich die Menschen, die barmherzig sind!“ So fasste Jesus diese seine Einstellung in den sogenannten Seligpreisungen zusammen. Er sah die Barmherzigkeit als Wesensbeschreibung Gottes. „Gnädig und barmherzig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.“ So wird an vielen Stellen im Alten Testament Gott beschrieben. Diesen barmherzigen Gott hat Jesus verkörpert.

Ich bin froh, dass diese barmherzige Grundeinstellung unsere heutige Gesellschaft in vielerlei Hinsicht prägt. Aber das ist ja leider nicht unumstritten. Der erbarmungslose Krieg, dem die Ukraine derzeit ausgeliefert ist, und der von Seiten der Angreifer ohne Rücksicht gegenüber menschlichem Leben geführt wird, macht das in beklemmender Weise deutlich. Keine Barmherzigkeit, sondern das Recht des Stärkeren - das ist die Einstellung, die sich in diesem Krieg zeigt. Und nicht nur dort! Auch der Umgang Europas mit Menschen, die sich wegen widriger Lebensumstände auf die Flucht über das Mittelmeer begeben haben, zeigt oft unbarmherzige Züge. Denn Barmherzigkeit wird von vielen Menschen vor allem mit Schwäche in Verbindung gebracht.

Auch Jesus bekam die Ablehnung von Barmherzigkeit bitter zu spüren. Viele Menschen mochten damals nicht ertragen, dass er die Ordnung ihrer Welt durch seinen barmherzigen Zugang zu den Menschen durcheinanderbrachte. So setzte er notgedrungen sein Leben ein für einen barmherzigen Umgang miteinander im Namen Gottes. Sein Tod am Kreuz ist ein Mahnmal für eine Welt, in der Barmherzigkeit unter die Räder gerät.

An Ostern feiern wir, dass es nicht dabei geblieben ist. Gott weckte Jesus auf aus dem Tod und schenkte ihm ein Leben, das bleibt. Das ist der grundlegende Impuls für den christlichen Glauben: Die Barmherzigkeit Gottes, die Jesus verkörpert hat, ist nicht tot zu kriegen. Was zunächst wie das absolute Ende aussieht, ist in Wirklichkeit ein neuer Anfang. Denn Gott ist größer als der Tod. Deshalb prägt das Vertrauen auf barmherziges Handeln im Sinne Jesu an vielen Stellen die Arbeit der Kirche.

Barmherzigkeit nach dem Vorbild Jesu – das praktizieren die Mitarbeitenden in den Kirchengemeinden und in den Einrichtungen der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach in vielfältiger Weise bei ihrer Arbeit. Sie nehmen die Lage Ihrer Klient:innen wahr, bieten kurzfristige Hilfe oder langfristige Unterstützung an und suchen mit ihnen gemeinsam nach neuen Wegen. Durch diese Arbeit wird es an vielen Tagen des Jahres Ostern. Denn es ist immer auch eine kleine Auferstehung mitten im Leben, wenn Menschen barmherzige Zuwendung erfahren und sich so für sie neue Lebensperspektiven öffnen.

Zum Beispiel beim Täter-Opfer-Ausgleich: Durch ihn wird eine Tat nicht ungeschehen und Schuld nicht aufgehoben. Aber Schuld wird benannt, anerkannt und nach einem Ausgleich gesucht. Dadurch wird Opfern wie Tätern eine Perspektive für die Zukunft eröffnet jenseits eines gerichtlichen Verfahrens.

Barmherzigkeit zeigt sich, anderes Beispiel, auch in so etwas Essentiellem wie dem Hygiene-Center, das kürzlich im Hof des WESER5 Diakoniezentrums eröffnet wurde. Hier können Menschen, die warum auch immer auf der Straße leben, einfach so duschen und so ihre elementaren Bedürfnisse befriedigen.

Ich könnte dazu noch mehr Beispiele aus unserer Arbeit nennen. All das ist eine kleine Fortsetzung der Geschichte der Barmherzigkeit, die mit Jesus begonnen hat und die das Zusammenleben der Menschen auszeichnet. Denn Barmherzigkeit ist keine Schwäche, sondern in ihr zeigt sich die wahre Stärke einer Gesellschaft. Das feiern wir an Ostern.

So wünsche ich Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Osterfest! Möge die Kraft der Auferstehung Jesu Sie darin bestärken, sich ihren Mitmenschen barmherzig zuzuwenden.
Ihr
Stadtdekan Achim Knecht

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