Frankfurt lokal

Zeit zum „Auf-hören“

Die Pfarrerin der Jugendkulturkirche Sankt Peter, Marit Günther, setzt in Pandemiezeiten auf Podcasts und Online-Seelsorge.

Marit Günther  I Foto: Rolf Oeser
Marit Günther I Foto: Rolf Oeser

Den Talar wirft sich Marit Günther ohnehin selten über. Als Pfarrerin der Jugendkulturkirche sankt peter in der Frankfurter Innenstadt begegnet sie den zwischen Pubertät und jungem Erwachsensein Befindlichen eher in Jeans und Shirt oder modischem Rock – in anderen Zeiten. Aktuell trifft Günther persönlich nahezu niemanden – gegenwärtig ist die 44-jährige vor allem als Podcasterin und Seelsorgerin digital unterwegs.

„,Mehr sein... als du glaubst!' – eine kleine Pause zum 'Auf-hören'“ heißt ihr Podcast, gestartet hat ihn die Theologin, die kurz vor Corona im Anschluss an eine Beauftragung beim Deutschen Kirchentag in Dortmund zur Jugendkulturkirche kam, am 6. Januar diesen Jahres. Angeklickt werden können die Audio-Dateien, „überall da, wo es Podcast gibt“. Fünf, sechs Minuten dauernde Beiträge lädt Marit Günther jeden Mittwoch um 18 Uhr auf Spotify, Instagram und anderen Kanälen hoch.

Warum nicht sonntags – „da sind die Klickzahlen nicht so hoch“. „Eine Unterbrechung in der Mitte der Woche“ habe sich als sinnvoll erwiesen, erzählt Günther. Weiteres Rechercheergebnis: Rund 50 Prozent der Zuhörer:innen bewegen sich in der Altersgruppe zwischen 18 und 22. Noch mal 14 Prozent zwischen 23 und 27, bei den Jüngeren seien die Zahlen schwerer zu erheben, weil sie elterliche Accounts nutzten, berichtet Günther.

„Kurzandacht“ – das klingt Marit Günther für die Hörstücke zu getragen, „ein Impuls“ sei auch nicht, wonach die Angesprochenen suchten. Mit Cécile Kuhlmann, einst Praktikantin, heute Mit-Podcasterin bei sankt peter und Studentin der Sozialen Arbeit, ist die Pfarrerin auf das mehrdeutige „Auf-hören“ und die kleine Pause gekommen.

Im Netz predigt Günther derzeit nicht. Aber sie bezieht sich in ihren Podcasts aufs Kirchenjahr. Neulich etwa, am Sonntag Laetare, dem Sonntag inmitten der Passionszeit, der Zeichen der Hoffnung sendet, hat sie das Thema „Zuversicht“ aufgegriffen und ermutigt, im Geiste des Guerilla-Gardening Samen der Hoffnung zu streuen. Aber nicht einfach im Sinne von „Trallala, wird schon“. Von Düsternis, „beschissenen Phasen“, Tagen, an denen es kein Rauskommen unter der Bettdecke gibt, an denen einen höchstens die beste Freundin rausziehen kann, spricht die Pfarrerin während der 5:22 Minuten. Weder pastoral noch im vermeintlichen „Jugendsound“ geht das ins Ohr. Klingt eher nach einer Person, mit der sich über vieles, was einen beschäftigt, reden lässt. Dazu einen Kaffee trinken, passt. Über Hate Speech und Motivation wird Marit Günther in der Karwoche und zu Ostern sprechen. In ihren Podcasts kommen Gott und Glaube so alltäglich vor, „wie es bei uns selbst auch unter der Woche ist – bei manchen Themen mehr, bei manchen versteckt zwischen den Zeilen“.

Dass der Alltag momentan oftmals verhängt ist von Ängsten, von „FOMO“ („Fear of Missing out“), von Sorgen um die Zukunft, von „Stress mit den Eltern“, erlebt Marit Günther auch bei der Onlineseelsorge von sankt peter. Sie erfährt von Mobbing, das statt im Klassenzimmer nun im Netz abläuft. Von Liebessehnsüchten und Essstörungen ist die Rede bei den anonymen Anfragen. Junge geschulte Ehrenamtliche zwischen 18 bis 26 Jahren nehmen diese über eine geschützte Plattform unter www.sanktpeter.com entgegen und schenken Trost und Begleitung. Günther steht im Hintergrund bereit – wenn gebraucht.

Natürlich nie im Konkreten – die Seelsorge ist vertraulich – aber doch in abgewandelter Form, greift die sankt peter-Pfarrerin in ihrem Podcast gelegentlich etwas auf, das die Onlineseelsorge erreicht. Um Alltagsthemen geht es ihr, banale und tiefschürfende, um Dinge von der Straße oder solche, die sich – gerade jetzt – in den eigenen vier Wänden abspielen. „Gedanken über Gott und Dinge, die Herz und Seele beschäftigen. Frei nach dem Motto, aus dem Leben für dein eigenes Leben“ –, so beschreibt Marit Günther die Podcasts, die sie allwöchentlich einspricht.

www.sankt-peter.com/special/podcast/

http://www.instagram.com/sanktpeterfrankfurt


Autorin

Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach