Jedes Jahr wieder: Reden ungehaltener Frauen
„Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen" hießen 1983 die erfolgreichen Monologe der Autorin Christine Brückner. Seit 2021 fordern nun die Stiftung Brückner-Kühner und der S. Fischer Taschenbuchverlag erneut Frauen auf, ungehaltene Reden einzuschicken.
Sechs davon werden jeweils im Dezember vor dem Rathaus in Kassel und am 8. März, dem Weltfrauentag, im Frankfurter Museum für Kommunikation öffentlich gehalten. 25 Reden werden jedes Jahr in einer Anthologie veröffentlicht. Sie dokumentieren einen weiblichen Blick auf die Gegenwart, wie er so persönlich, erfahrungsbasiert und differenziert nur selten zum Ausdruck kommt.
Dieses Jahr erscheint die Anthologie unter dem Titel „Ich bin Viele!", was passend ist, denn mit jeder Rede können sich viele Frauen identifizieren. Viele Mütter sind diesmal „ungehalten", auch viele Töchter. Gleichzeitig spielen Männer als Väter, Söhne, Geliebte, aber auch als Täter eine wichtige Rolle. Die Ungehaltenen erzählen von den Absurditäten des Alltags, Auswirkungen des Rechtsrucks, dem Druck, perfekt sein zu wollen. Von Queerness und Menschen mit Beeinträchtigung, der Ohnmacht der Kranken, der Allgegenwart männlich etablierter Strukturen, aber auch von Liebe.
Eine gelungene Rede ist eine Kunstform. Von einfach und direkt über rhetorisch geschickt bis zu poetisch, von ernst bis humorvoll sind in dieser Anthologie viele Stile versammelt. Ein Lesevergnügen.
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