Kunst & Kultur

Sexualisierte Gewalt am Arbeitsplatz: „She said“ ist Film des Jahres der Evangelischen Filmjury

Minutiöse Recherche, spannend in Szene gesetzt: Maria Schrader verfilmte die Recherchen zu sexualisierter Gewalt in der Filmbranche, die 2018 die #MeToo-Debatten auslösten. Die Evangelische Filmjury kürte den Film zum „Film des Jahres 2022“, die Preisverleihung findet am 14. Dezember im Frankfurter Filmmuseum statt.
Von Sabine Horst.

Die Recherchen von Megan Twohey (gespielt von Cary Mulligan, links) und Jodi Kantor (Zoe Katan) lösten eine weltweite Debatte über sexualisierte Gewalt aus. | Foto: Universal Pictures
Die Recherchen von Megan Twohey (gespielt von Cary Mulligan, links) und Jodi Kantor (Zoe Katan) lösten eine weltweite Debatte über sexualisierte Gewalt aus. | Foto: Universal Pictures

Megan Twohey, Reporterin der „New York Times“, hat über Donald Trumps mutmaßliche sexuelle Übergriffe berichtet. Jetzt ist sie in Elternzeit, Trump im Weißen Haus. Die Leiterin des Investigationsteams der „Times“, Rebecca Corbett, hält das Thema nicht für erledigt: Sie setzt Recherchen über sexualisierte Gewalt in Arbeitsverhältnissen auf die Agenda. Und spannt die zurückgekehrte Twohey mit Jodi Kantor zusammen, einer Kollegin, die am „Fall Harvey Weinstein“ arbeitet. Weinstein, Starproduzent und Chef der für Arthouse-Kino berühmten Produktionsfirma Miramax, soll über Jahre gewohnheitsmäßig Frauen der Branche, Schauspielerinnen und Produktionsangestellte, missbraucht haben, bis hin zur Vergewaltigung. Und ebenso gewohnheitsmäßig haben seine Anwälte diese Fälle vertuscht – durch erpresste Geheimhaltungsvereinbarungen.

Die Journalistinnen Megan Twohey und Jodi Kantor bekamen 2018 für ihre Arbeit über Missbrauch an Frauen in abhängigen Arbeitsverhältnissen den Pulitzerpreis; die Weinstein-Enthüllungen waren eine der Initialzündungen für die Kampagne #MeToo. Der Film von Maria Schrader schildert minutiös die Recherchen, die zu der bahnbrechenden Veröffentlichung in der „New York Times“ führten: Ein großer Teil des Dialogs ist authentisch, gedreht wurde an realen Orten. „She Said“ knüpft an die aufklärerische Tradtion des amerikanischen Reporterfilms an: im Mittelpunkt stehen zwei „Unbestechliche“ im Dienst der Wahrheit. Neu ist die Kompromisslosigkeit, mit der Schrader die weibliche Lebenswirklichkeit in den Fokus nimmt. Die Arbeit der Journalistinnen ist hochprofessionell, skrupulös und von Empathie getragen. Sie kreist um die Frage: Wie lassen sich ihre Zeuginnen, die auch nach Jahren noch unter Weinsteins Verbrechen leiden, davon überzeugen, an die Öffentlichkeit zu treten? In sorgfältig inszenierten Gesprächen enthüllen sich die traumatischen Erfahrungen der Betroffenen – die weder als „Opfer“ noch als „Hollywoodstars“ präsentiert werden, sondern als Frauen mit beruflichen Plänen. „She Said“ zeigt auf eindrucksvolle Weise Strukturen sexueller Gewalt am Arbeitsplatz – und dass man etwas dagegen tun kann.

Der Film kommt am 8. Dezember in Deutschland ins Kino. Die Preisverleihung zum „Film des Jahres“ findet am Freitag, 16. Dezember, im Deutschen Filmmuseum am Schaumainkai 41 am Frankfurter Museumsufer statt. Der Film startet um 20 Uhr.


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