Leben & Alltag

„Ich sehe was, was du nicht siehst …“

Den Alltag in Corona-Zeiten in Bilder oder Worte zu fassen – Eva Hagen, tätig im gemeindepädagosichen Dienst, und Studierendenpfarrerin Anke Spory wollen dazu animieren.

Urban Sketching – Was sehen Sie, wenn Sie aus dem Fenster sehen?  |  Gemalt von Eva Hagen
Urban Sketching – Was sehen Sie, wenn Sie aus dem Fenster sehen? | Gemalt von Eva Hagen

Über den Alltag sinnieren, dazu laden zwei aktuelle evangelische Angebote ein: Das „Urban Sketching Projekt“ von Gemeindepädagogin Eva Hagen, bei dem es um den Blick aus dem eigenen Fenster geht und der Zoom-Workshop „Tagebuchschreiben“, den die Pfarrerin der Frankfurter Studierendengemeinde Anke Spory leitet. Beides animiert, sich Zeit zu nehmen.

Ein Selfie ist schnell geschossen: Abgespeichert wird der Blick auf den Teller, die Aussicht auf den Horizont. „UrbanSketching“ erfordert den zweiten Blick, zeichnen, was einem vor Augen steht – das dauert ein bisschen. Genauso wie Tagebuchschreiben – mit ein paar Mal Rumtippen auf der Smartphone-Tastatur ist es nicht erledigt.

Hagen und Spory haben im Jahr 2020 ihre Jobs angetreten. Die Theologin kam im Januar auf den Campus – wenige Wochen, bevor die Ausbreitung des Virus auch die Goethe-Universität zum Lockdown zwang. Hagen, Absolventin des Studiengangs „Soziale Arbeit“ der Frankfurter University of Applied Sciences, früher FH, hat am 1. Juni ihre Angebote für Kinder, Erwachsene und Senior:innen in den Gemeinden Sankt Peters, Gethsemane und Sankt Katharinen, Nordend und Innenstadt gestartet.

Eva Hagen I Foto: Sophia Hoffmann
Eva Hagen I Foto: Sophia Hoffmann

Zwei Mal hat Eva Hagen sich in den Folgemonaten mit Interessierten aufgemacht und sie inspiriert, mit dem Stift einzufangen, was ihnen auf der Straße begegnet. „Zehn Leute waren im Juli und August dabei“, erzählt Hagen. Dann war erst einmal Schluss. In gewisser Weise war das für sie gar nicht schlecht, im Dezember hat sie eine neue Wohnung im Nordend bezogen. „Gesehen habe ich in den vergangenen Wochen nicht viele Leute“, aber telefoniert hat Eva Hagen mehr als in anderen Zeiten und dabei oft aus dem Fenster geschaut.

Und so kam es auch zu dieser Ausschreibung: „Hier sehen Sie das Haus, auf das ich jeden Morgen schaue, wenn ich am Tisch beim Frühstück sitze. Nun meine Aufgabe an Sie: Zeigen Sie uns auch, was Sie sehen, wenn Sie aus Ihrem Fenster schauen.“. Um Einsendungen per E-Mail oder Post bis 24. Februar 2021 wird gebeten. Sollte Aquarellpapier fehlen – Hagen schickt es zu. Wer möchte, kann sich bei ihr auch einen kleinen Aquarellkasten oder einen wasserfesten Fineliner ausleihen. Selbstverständlich ist es auch möglich, die Eindrücke einfach mit Bleistift oder Kugelschreiber auf Papier festzuhalten.

Studierendenpfarrerin Anke Spory I Foto: Patrick Smith
Studierendenpfarrerin Anke Spory I Foto: Patrick Smith

Anke Spory bietet fortlaufend eine Schreibwerkstatt an zum Thema Tagebuchschreiben, in diesem Semester und in der daran anschließenden vorlesungsfreien Zeit. Der nächste Termin ist am 9. Februar von 19 bis 21 Uhr. Eine Einstiegsübung lautet: „Was sehe ich, höre ich, wenn ich hier sitze“ – beim Urban Sketching gibt es die Antwort in Form von Konturen, hier in Form von Worten.

Manche müssten erst mal Hemmungen ablegen, „meine Deutschlehrerin hat nie was von mir gehalten“ – und was es sonst so gibt. Es gehe nicht um Literatur, versichert Spory. „Schreiben ermöglicht, sich selbst besser kennenzulernen und gemachte Erfahrungen und Erlebnisse in Worte zu fassen. Oft ist man selbst erstaunt, wohin einen die eigenen Wörter gebracht haben“, sagt sie. Gerade bei dem Thema Tagebuchschreiben sei wichtig: „Keine:r solle sich bloßgestellt fühlen.“ Es gehe ums Schildern des Erlebten, niemand werde gezwungen, das Verfasste vorzutragen.

Anke Spory ist promovierte Theologin, nach dem Studium war sie über Jahre Personalerin bei der Deutschen Bank und wechselte dann doch in die Gemeinde nach Friedberg. Als frischgebackene Mutter zog sie mit ihrem Mann nach London. Vor dem Wechsel an die Goethe-Universität betreute die 52-Jährige eine Gemeinde in Bad Homburg-Gonzenheim. Zahlreiche Fortbildungen hat Spory besucht, unter anderem zur Bibliotherapeutin wurde sie qualifiziert. „Sprache macht mir Spaß“, betont die Pfarrerin, das drückt sich auch in ihren Beiträgen für den Hessischen Rundfunk aus.

Die vielfältige Lebenserfahrung, gepaart mit Fingerspitzengefühl und Freude am Lachen, tragen dazu bei, dass auf Zoom eine besondere Form der Schreibwerkstatt gelingt. „Ich erzähl Dir was aus meinem Alltag …“ Auf den Computerschirmen geschieht an den Abenden der Studierendengemeinde etwas, das Eva Hagen neulich erlebt hat: Wieder einmal schaute sie vom Tisch auf, „gegenüber öffnete sich das Fenster, die Frau winkte mir“. Sie kamen ins Gespräch.

Nähere Informationen zu der Schreibwerkstatt von Pfarrerin Anke Spory unter spory@esg-frankfurt.de Telefon 069 47 86 21 02 4.

Kontakt Eva Hagen, mobil: 0175 95 63 10 0, E-Mail: eva.hagen@frankfurt-evangelisch.de, Post: Jahnstraße 20, 60318 Frankfurt


Autorin

Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach