Leben & Alltag

Neben dem Digitalen braucht es auch den Park

Natascha Schröder-Cordes, Leiterin des Evangelischen Familienzentrums in Höchst, schaut auf die Bedürfnisse von Eltern und Kindern. Auf dieser Grundlage gestaltet sie mit ihrem Team das Programm in Corona- und anderen Zeiten.

Natascha Schröder-Cordes I Foto: Tamara Jung-König
Natascha Schröder-Cordes I Foto: Tamara Jung-König

„Als Eltern in Balance bleiben“ nennt sich ein Kurs, den das Evangelische Familienzentrum Höchst in Corona-Zeiten nun schon zum zweiten Mal anbietet. So manche Familienwippe hängt derzeit tief am Boden: Kinderbetreuung, unsichere Jobsituation, Angst vor Ansteckung – da den Kopf oben und die Familie im Gleichgewicht zu halten, grenzt an Unmöglichkeit. Allen, Eltern wie Kindern, geht schon mal die Puste aus, fehlt die Kraft zum Austarieren.

Sechs Abende umfasst der Online-Workshop des Höchster Familienzentrums, Auftakt ist am 19. April, 19.30 bis 21.30 Uhr. Weiter geht es an fünf Montagen. Im vergangenen Jahr, nach dem ersten Lockdown, sei dieses Format aus der Taufe gehoben worden, berichtet Natascha Schröder-Cordes, Leiterin des Familienzentrums. Sechs Abende hätten sich als gutes Maß erwiesen. „Es muss überschaubar bleiben“, so die Erfahrung der Sozialpädagogin. Über diesen Zeitraum bleibe eine Gruppe stabil, länger wollten und könnten die meisten Eltern sich nicht verpflichten.

Vieles ist im vergangenen Jahr von Präsenz auf Digital verlegt worden. Schröder-Cordes hat davon profitiert, dass Honorarkräfte bereits vor Corona Erfahrungen mit Onlineformaten gesammelt hatten. Statt in Klassenzimmern oder Kitas nach Feierabend bei Elternabenden auf Stühlchen zu hocken, zu Hause bequem am Rechner zu sitzen und Informationen zu Familienalltag und –problemen auszutauschen, komme Alleinerziehenden, aber auch Paaren, entgegen: „Da muss kein Babysitter gebucht werden“. Einigen gefalle vielleicht die durch den Einsatz von Technik und körperlichen Abstand geschaffene Distanz, vermutet Natascha Schröder-Cordes. Gerade Männern komme das möglicherweise entgegen.

Bei Angeboten wie „In Balance bleiben“ erlebe sie jedoch keinen „Backlash“, einen Rückzug der Männer, wie er an anderen Stellen in Corona-Zeiten beobachtet wird. Das Bemühen „so gut es geht“ durch die Krise zu kommen, sei bei den Eltern, egal welchen Geschlechts, groß. Schröder-Cordes bekommt Zulauf aus dem Taunus, aus Gießen, auch aus Düsseldorf trafen Anmeldungen ein für pädagogische Angebote mittels Zoom und anderen Online-Kanälen.

Über soziale Medien wird vieles weitergereicht, per E-Mail, per WhatsApp geraten Informationen an Adressat:innen. Aber von einer „schönen neuen digitalen Welt“ zu sprechen, die Gewohntes vergessen lasse, wäre nicht nur beschönigend, sondern schlicht falsch. Viele fallen hinten runter, „die hochbelasteten Familien sehen wir bei den digitalen Angeboten in der Regel nicht“, berichtet Schröder-Cordes. Sich anzumelden, den Termin wahrzunehmen, das verlangt einiges an Organisation, mal abgesehen von der erforderlichen technischen Ausstattung.

„Wir haben so einen schönen Park in der Nähe“, erzählt Schröder-Cordes. Für Eltern, die das Digitale nicht nutzten, sei das eine wunderbare Möglichkeit zusammenzukommen. Im Eltern-Kind-Café des Familienzentrums bei einem Heißgetränk Infos einzusammeln, während die Kinder sich in der Krabbelecke kugeln und beschnuppern, falle weg. Auf den Park setzt Schröder-Cordes. „Das hat letzten Sommer sehr gut geklappt“.

Ob es im Mai wirklich den Infoabend „Mein Kind kommt in die Schule“ im Familienzentrum in Höchst geben wird – die Leiterin weiß es nicht. Vielleicht wird auch diese Veranstaltung digital vonstattengehen. Zugute kommt der 56-jährigen Sozialpädagogin, die schon beim Jugendamt und in der gemeindlichen Kinder- und Jugendarbeit tätig war, ihre Bereitschaft, auszuprobieren, gerade jetzt.

Schröder-Cordes hat stockende Familiencafé-Runden auf Zoom erlebt, aber auch, dass das digitale Café für Arabisch sprechende Familien sehr gut angenommen wurde. Deutschkenntnisse und Gesundheitsrelevantes wurden darin vermittelt. Eine arabischsprachige Frau aus dem Umfeld des Familienzentrums hatte sich vor einiger Zeit zur Gesundheitslotsin weitergebildet, davon konnte jetzt profitiert werden.

„Man muss genau hinhören, was die Leute brauchen“, ein Satz, der im Gespräch mit Natascha Schröder-Cordes nicht nur einmal fällt. „Basteltüten to go“, Infoabende zu dem Umgang mit Trennung und Scheidung, Online-Nähkurse mit Stofflieferung nach Hause, eine Veranstaltung zur Sexualentwicklung im Kindesalter, Entspannung durch Pilates, alles Auszüge aus dem Programm in Höchst.

Familienbildung ist so etwas wie Familienbegleitung – zu allen Zeiten.

www.familienbildung-ffm-of.de


Autorin

Bettina Behler 291 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach