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Online-Workshop: Wie wertschätzende Kommunikation in Familien gelingen kann

„Wie oft soll ich das denn noch sagen?" – Eltern liegt das oft auf den Lippen, manchmal kommt es auch raus. Und hinterher bleibt dann meist das Gefühl: „Warum haben wir es nicht in Ruhe klären können?" Um die Frage, wie Botschaften richtig adressiert werden und Dialoge gelingen, ging es unlängst an einem Abend mit der Evangelischen Familienbildung – ein Beispiel unter den digitalen Angeboten der Einrichtung.

Hinter Bocken und Trotzanfällen stehen häufig unerfüllte kindliche Bedürfnisse I Foto: pexels.de/Ketut Subiyanto
Hinter Bocken und Trotzanfällen stehen häufig unerfüllte kindliche Bedürfnisse I Foto: pexels.de/Ketut Subiyanto

Eltern geraten oft an ihre Grenzen, wenn sie ihrem Nachwuchs wichtige Botschaften vermitteln wollen. Denn Kinder haben ihren eigenen Willen und das ist auch gut so. Wie sie auch in angespannten Situationen besonnen und wertschätzend mit ihren Kindern kommunizieren können, erfuhren Eltern bei einem Online-Workshop der Evangelischen Familienbildung Frankfurt und Offenbach. Das Angebot ist Teil einer Reihe von digitalen Infoveranstaltungen, die den Alltag von Familien erleichtern sollen.

Viele Eltern kennen diese Situation: Man bittet das Kind darum, eine vermeintlich einfache Aufgabe auszuführen. Doch statt dies zu tun, wird diskutiert, geheult oder gebockt. Da Ruhe zu bewahren ist nicht immer leicht. Doch es kann gelingen, wie Familienberaterin und Erziehungsexpertin Barbara Brüning den Teilnehmer:innen des Workshops „Wie oft soll ich das denn noch sagen? Wie wertschätzende Kommunikation in Familien gelingen kann“ der Evangelischen Familienbildung Frankfurt und Offenbach erklärt. Zehn Mütter und Väter sind an diesem Mittwochabend online zusammengekommen, um sich bei ihr Unterstützung für einen harmonischeren Familienalltag zu holen.

Bevor die Referentin konkrete Tipps und Strategien vorstellt, werden Erfahrungen und Erwartungen der Teilnehmer:innen gesammelt. „Egal, ob mein Kind sich anziehen, zur Schulen gehen oder ins Bett soll. Immer muss ich meine Bitten tausendmal wiederholen und am Ende klappt es doch erst, wenn ich schreie. Es frustriert mich, dass es nicht ohne Schimpfen geht“, berichtet eine Mutter aus ihrem Alltag. „Bei uns funktioniert es oft nur mit Belohnungen. Wenn es Süßigkeiten oder eine extra Folge der Lieblingsserie gibt. Aber ich weiß, dass das eigentlich nicht gut ist“, erzählt ein Vater. Die restlichen Teilnehmer:innen nicken verständnisvoll. Es tut gut zu hören, dass es anderen Familien ähnlich geht.


Mit Kindern auf Augenhöhe kommunizieren

Probleme im Familienalltag tauchen häufig in der Autonomiephase auf, wenn Kindern lernen, dass sie einen eigenen Willen besitzen und ihn auch durchsetzen können. Eltern sind dann hin und her gerissen. Einerseits möchten sie die Autonomie ihrer Kinder fördern, andererseits müssen sie ihrer Fürsorgepflicht nachkommen und bestimmte Forderungen durchsetzen. Damit daraus kein Machtkampf wird, sei es laut Barbara Brüning, die sich in ihrem Vortrag auf Psycholog:innen, Familientherapeut:innen und Erziehungsexpert:innen wie Marshall B. Rosenberg, Jesper Juul oder Nora Imlau und Elemente der systemische Beratung bezieht, wichtig, dass Eltern das „Nein“ des Kindes akzeptierten. „Das bedeutet nicht, ihm notwendigerweise auch zu gehorchen. Aber wir zeigen unserem Kind damit, dass wir seine Bedürfnisse anerkennen und sie auch ernst nehmen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für Kommunikation auf Augenhöhe“, so Brüning. In einem nächsten Schritt gehe es dann darum herauszufinden, welches Bedürfnis des Kindes hinter dem Widerstand steht. Fragen wie „Draußen ist es sehr kalt. Möchtest du deshalb nicht rausgehen?“ oder „Du möchtest lieber noch etwas kuscheln und dann aufstehen?“ helfen dem Kind, sein Bedürfnis auszudrücken und signalisieren ihm Empathie und Verständnis.

„Aber ich habe als Mutter doch auch ein Bedürfnis. Zum Beispiel, dass mein Kind sich die Zähne putzt. Was machen wir denn, wenn sich diese verschiedenen Bedürfnisse gegenüberstehen?“, fragt eine Mutter. „Natürlich ist es leichter, einfach eine Ansage zu machen. Wenn ihr aber die verschiedenen Bedürfnisse anerkennt und gemeinsam einen Kompromiss findet, werdet ihr alle auf Dauer zufriedener sein“, erklärt Brüning, die selbst Mutter von vier Kindern ist.

Eine hilfreiche Strategie sei es laut Barbara Brüning, Wahlmöglichkeiten anzubieten. Beispiel Zähne putzen. Das Kind hat das Bedürfnis, lieber zu spielen. Demgegenüber steht das der Eltern, dass das Kind keine Karies bekommt. Ein Kompromiss könnte dann etwa sein, gemeinsam ein Lied auszusuchen, das beim Putzen läuft.

Zeitkritische Abläufe, wie pünktlich ins Bett oder aus dem Haus zu kommen, führt in den Familien der Teilnehmenden ebenfalls häufig zu Unverständnis auf Seiten der Eltern. „Kinder haben in der Regel wenig Verständnis davon, was Zeitangaben wie gleich, später oder in zehn Minuten bedeuten. Ein sogenanntes verräumlichtes Zeitdenken, wie es für Erwachsene selbstverständlich ist, entwickelt sich erst mit dem Ende der Pubertät. Gerade in Zeitnot kommt es deshalb häufig zu Konflikten zwischen Eltern und Kindern“, erklärt Brüning. Trotzdem sei es möglich, solche Situationen zu erleichtern und das Zeitmanagement der Kinder zu trainieren. Zum Beispiel könnten Eltern und Kinder gemeinsam Klappkarten erstellen, die jede einzelne Handlung eines Ablaufs visualisieren. So lernen die Kinder nicht nur wieviel Zeit für eine bestimmte Aufgabe benötigt wird, sondern auch wie viele Schritte dazu nötig sind.

Am Anfang sei diese Form der Kommunikation eine große Herausforderung. Besonders weil viele Eltern selbst keine Erziehung ohne Drohungen und Zwang erlebt hätten. „Ein wertschätzender und respektvoller Umgang bedarf ganz viel Übung und Geduld. Ich bin aber davon überzeugt, dass ihn alle Eltern lernen können, wenn sie es denn möchten“, so Brüning. Die Teilnehmer:innen des Workshops sind zuversichtlich, dass ihnen dies gelingen wird und dankbar für die Erkenntnisse des Abends. „Mir hat der Workshop sehr geholfen, mein Kind besser zu verstehen und ihm nicht mehr böse zu sein, wenn es nicht so will wie ich. Für die Zukunft nehme ich mir auf jeden Fall vor, geduldiger zu sein, aber auch klarer zu kommunizieren, was ich möchte“, so das Fazit einer Mutter.


Weitere Online-Angebote für Familien

Im Jahr 2023 bietet die Evangelische Familienbildung weitere Online-Angebote zu verschiedenen Familien- und Erziehungsthemen an. Neben Workshops zu wertschätzender Kommunikation in Familie und Partnerschaft stehen auch Angebote zu Erziehungsfragen und kindlichen Entwicklungsthemen, wie Schuleintritt und Pubertät, im Programm. Die Veranstaltungen sind kostenfrei oder gegen einen Beitrag von 7 Euro buchbar und finden am Abend statt.

Weitere Informationen zum Online-Angebot und zur Evangelischen Familienbildung gibt es auf www.familienbildung-ffm-of.de


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Autorin

Elisa Naderi 18 Artikel

Öffentlichkeitsarbeit, Fachbereich I: Beratung, Bildung, Jugend des Evangelischen Regionalverbandes Frankfurt und Offenbach.