Leben & Alltag

Weihnachten und Weltgeschichte

Jana Hensels Buch „Der Weihnachtsmann und ich“ ist eine besondere Familiengeschichte aus dem Osten Deutschlands.

Jana Hensel: Der Weihnachtsmann und ich, 112 Seiten, September 2019, edition chrismon, 12 Euro.
Jana Hensel: Der Weihnachtsmann und ich, 112 Seiten, September 2019, edition chrismon, 12 Euro.

„Der Bart war wie mein Vater widerspenstig. Außerdem war er schon ziemlich alt und hatte die Wende überlebt. So einen Bart konnte man nicht einfach beiseite schieben. Nicht einmal ein klein wenig.“ So beginnt Jana Hensels Buch „Der Weihnachtsmann und ich“ aus der Edition Chrismon. Ein schmales Bändchen, nur 112 Seiten lang.

Jana Hensel wurde 2002 mit ihrem Werk „Zonenkinder“ über eine damals junge ostdeutsche Generation schlagartig berühmt – ihrem Thema ist sie seitdem treu geblieben. Im 30. Jahr nach dem Mauerfall sind es die kleinen, scheinbar alltäglichen Begebenheiten und biografischen Details, die ihr Interesse wecken.

Denn es war nicht mehr als eine blasse Kindheitserinnerung für Melanie, die Heldin aus „Der Weihnachtsmann und ich“: Vor vielen Jahren war sie mit ihrem Vater an Heiligabend losgezogen, um in der Nachbarschaft Geschenke zu verteilen. Er als Weihnachtsmann, sie als kleiner Wichtel an seiner Hand. Jetzt soll Melanie im Kindergarten ihres Sohnes selbst den Weihnachtsmann spielen.

Als sie in das alte Kostüm ihres Vaters schlüpft, kehren mit einem Schlag die Erinnerungen zurück – an die letzten Jahre der DDR, an Mauerfall und Nachwendezeit. Alles veränderte sich, nichts blieb beim Alten. Weder die Häuser noch die Menschen. Nur Melanie und ihr Vater zogen wie ehedem um die Häuser. Bis sie eines Tages vergeblich auf ihn wartete.

Lange hatte sich Melanie ihrer Vergangenheit nicht mehr so nahe gefühlt, davon handelt das Buch. Sie lebt nicht mehr bei den Eltern in Sachsen, sondern mit ihrer eigenen Familie in Berlin. Plötzlich aber wird die turbulente Vorweihnachtszeit zu einer Reise: zurück an die Orte der Kindheit, zu längst vergessenen Erinnerungen, das Geräusch der Nähmaschine oder der Duft nach Rotkraut. Schließlich bittet sie ihren Vater, noch einmal als Weihnachtsmann aufzutreten. Ob das eine gute Idee ist? Es ist jedenfalls eine versöhnliche, in jeder Hinsicht.


Autorin

Anne Lemhöfer 139 Artikel

Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de

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