Offenbach lokal

Menü aus der Tüte statt am Tisch

Die ökumenische Initiative „Essen und Wärme" gibt diesen Winter nur an der Tür Mahlzeiten aus. Dennoch ist sie ein Fixpunkt für Bedürftige im Laufe ereignisarmer Tage.

Klaus Schäfer und Marieluise Conson engagieren sich für die ökumenische Aktion I Foto: Bettina Behler
Klaus Schäfer und Marieluise Conson engagieren sich für die ökumenische Aktion I Foto: Bettina Behler

Draußen tröpfelt es in den Hof, die rot-weißen Absperrbänder hängen regennass durch. Um Punkt 12, vielleicht auch eine Minute vorher, findet der Erste seinen Weg zu der Ausgabe von „Essen und Wärme“ im Saal der Evangelischen Johannesgemeinde im Offenbacher Nordend. Nudeln mit Rindfleischstreifen gibt es an diesem Tag, zum Nachtisch Joghurt. Brötchen hat das Team geschmiert, auch Süßes wie Stückchen wird auf Wunsch der Tüte beigelegt. Beieinandersitzen wie in anderen Jahren geht in diesem Winter nicht.

Seit 27 Jahren gibt es die Aktion „Essen und Wärme für Bedürftige“ der ökumenischen Initiative Soziale Not in Offenbach. Vom Spätherbst bis zum Frühjahr werden an wechselnden Orten Essen und Aufenthalt geboten – Nahrung für Leib und Seele. Katholische und evangelische Kirchengemeinden machen mit, in den vergangenen Jahren übernahm auch die islamische Ahmadiya-Gemeinde einen Zeitabschnitt. Dieses Mal musste sie absagen, die Räumlichkeiten sind unter Corona-Schutzbedingungen ungeeignet. „Das ging auch anderen so“, erzählt Klaus Schäfer, der sich seit Jahren für die Initiative engagiert und an diesem Tag, die weiße Kochschürze über dem Strickpulli gebunden, Regie führt.

Das Team wechselt wöchentlich, vergangene Woche war Marieluise Conson von der Johannesgemeinde sieben Tage lang verantwortlich, Schäfer kommt aus der Stadtkirchengemeinde. Essen und Wärme ist ein Gemeinschaftsprojekt. Man unterstützt sich gemeinde- und konfessionsübergreifend. Rund 70, 80 Personen helfen in anderen Jahren, dieses Jahr sind es weniger, weil viele älter sind, zur „Risikogruppe“ zählen und deshalb abgesagt haben. Unentgeltlich ist der Einsatz der Servicekräfte, dennoch sind alljährlich rund 60.000 Euro für die Aktion aufzubringen, die aus Spenden finanziert werden müssen.

Nicht nur die Zahl der Helfenden ist in diesem Winter zurückgegangen, auch die der Gäste. Es habe Tage gegeben, da hätten sich keine 40 Leute ein Menü abgeholt, erzählt Conson – 1 Euro ist zu zahlen, 5,50 Euro gehen an die Hessewirtschaft, die das Essen kocht. Vergangenen Sonntag waren 57 Personen da. Es falle auf, dass wochenends mehr Ältere erschienen, berichten Schäfer und Conson: „In anderen Jahren waren die eher bei ihren Familien.“ Auch da wirke sich wohl das Abstandsgebot der Stunde aus.

Ein Dach über dem Kopf hätten die meisten, aber wenig Geld in der Tasche, so dass in der zweiten Monatshälfte mehr vorbeischauten, berichtet Schäfer, der vor seiner Pensionierung als Personalleiter tätig war. Psychische Probleme kämen neben der Bedürftigkeit vielfach hinzu. Umso bedrückender findet Schäfer: „Die Gespräche fehlen“, „das Miteinander“, auch dass die Caritas-Mitarbeiterin nicht wie gewohnt Sprechstunden anbieten kann.

Und dennoch: dieser eine Termin am Tag, sei ungeheuer wichtig für die Menschen, bekräftigt er. Bevor sie gehen, fragen die meisten: „Was Süßes bitte noch“ – ein Nachgeschmack – auch fürs Gemüt.

Ab dem 8. Februar wird „Essen und Wärme“ in der Evangelischen Markus-Gemeinde, Obere Grenzstraße 90, angeboten.

Weitere Informationen: www.essen-und-waerme.de

Die Initiative trauert um langjährige Unterstützerin

Eine traurige Nachricht erreichte die Initiatoren von „Essen und Wärme“ dieser Tage. Pfarrer Günter Krämer, der sich seit der Gründung für die Arbeit engagiert, teilte am Donnerstag, 4. Februar 2021, mit: „Im Namen der Mitarbeitenden und der Gemeinden, die zu ,Essen und Wärme' einladen, trauern wir um unsere liebe Mitarbeiterin Renate Bröder. Sie starb am 29. Januar 2021 im Alter von 80 Jahren. Seit 1998 war sie ehrenamtlich mit großer Zuverlässigkeit und Sorgfalt für unsere Buchhaltung zuständig.“


Autorin

Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach