„Der Diskurs über Geflüchtete hat sich stark verändert“
Als „Dreier aus Deutschen, Migranten und Geflüchteten“ beschreibt Christa Hengsbach die Interkulturelle Werkstatt Frankfurt. Ziel des Projektes sei es immer gewesen, diese drei Gruppen näher zusammenzubringen, etwa durch gemeinsame Theaterstücke oder Musik- und Tanzaufführungen. Sie trugen Titel wie „Zwischen den Welten“, „Der Deutschlandkoffer“ oder „Mein Name ist Mensch“. Immer im Mittelpunkt: der Austausch zwischen Kulturen und die Begegnung zwischen Menschen.
Nach gut zehn Jahren beendet Hengsbach nun das Projekt. Ende des Jahres will sie sich zurückziehen. Eine Nachfolge konnte nicht gefunden werden. Für die Teilnehmer:innen ein schwerer Verlust. „Jeder Tag war unvergesslich“, sagt etwa Oliver Laz Emere. Der Nigerianer kam 2013 nach Deutschland. In Frankfurt lebte er zunächst unter einer Brücke. Die Werkstatt half ihm, sich herauszukämpfen. „Wenn du an einen neuen Ort kommst, wo du nichts verstehst, dann ist es schwierig, sich auszudrücken.“ Aber in dieser Gruppe habe er Sicherheit verspürt.
Ein Gefühl, das viele, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen, gar nicht mehr kennen. „Ich kam aus dem Krieg, diese Gruppe hat mir geholfen, auf andere Gedanken zu kommen“, sagt Mohammed Khuder, der vor acht Jahren aus Syrien geflohen ist.
Rund 500 Menschen waren über die Jahre an der Werkstatt beteiligt. Das Projekt wurde für viele von ihnen zur Konstante in einer Zeit, in der sich der gesellschaftliche Diskurs um Migration und Geflüchtete stark verändert hat. „2015 hatten wir noch eine politische Stütze“, sagt Hengsbach, „jetzt gibt es nur noch Attacke“. Von dem „Wir schaffen das“ von Altkanzlerin Merkel sei heute in der öffentlichen Debatte nicht mehr viel übrig.
Aber verzweifeln möchte Hengsbach nicht. Auch wenn sie ihr eigenes Projekt einstellt, gebe es immer noch viele Menschen, die sich weiterhin für einen offenen und vorurteilsfreien Austausch einsetzen. „Frankfurt ist da wie ein Sechser im Lotto.“
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