Vortrag/Diskussion

Dorothee Sölle: „Und ist noch nicht erschienen, was wir sein werden"

Musik und Texte

  • Montag, 20. März 2023
  • 18:00 Uhr
  • Evangelische Akademie Frankfurt, Römerberg 9, F-Innenstadt

Kann die Theologin Dorothee Sölle (1929–2003) als „feministische Sympathisantin Gottes“ bezeichnet werden? So lautet die zentrale Frage einer Veranstaltung der Evangelischen Akademie Frankfurt, Römerberg 9, Innenstadt, am Montag, 20. März 2023, um 18 Uhr, die auch im Livestream verfolgt werden kann, siehe

Die Initiatorin des Politischen Nachtgebets zwischen 1968 und 1972 in Köln war eine Kämpferin für Frieden, Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit. Zugleich vertrat sie eine „diesseitige“ Theologie, immer auf die Freiheit fokussiert, die sie – anders als Martin Luther – vor allem als politische Freiheit von Christenmenschen verstand.

Dorothee Sölle war eine Dichterin und Sprachkünstlerin von Rang, lebte ein Leben in der Lyrik, die ihr theologische Dimensionen jenseits von Mythos und Wissenschaft erschloss. Viele Jahre lang füllte sie – zusammen mit Luise Schottroff – die Hallen des Deutschen Evangelischen Kirchentags, lehrte an Universitäten, war leidenschaftlich friedensbewegt und international vernetzt.

„Wann werden wir sichtbar in einer gerechten Welt, die niemanden von der Wahrheitsfindung ausschließt und ausplündert?“, fragte sie. 20 Jahre nach ihrem frühen Tod soll in der Akademie an sie erinnert werden.

Eine Reihe an Weggefährtinnen, aber auch Theologinnen, die Dorothee Sölle inspiriert hat, werden bei dieser Veranstaltung dabei sein: Henriette Crüwell, Pröpstin für Rheinhessen und Nassauer Land; Carlotta Israel, Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU); Jutta Jekel, Pfarrerin i.R.; Prof. Dr. Renate Jost, Theologin; Monika Astrid Kittler, Gemeindepädagogin; Birgit Pfeiffer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN); Anja Schwier-Weinrich, Pfarrerin und Geschäftsführerin der Evangelischen Frauen in der EKHN; Kerstin Söderblom, Pfarrerin der Evangelischen Studierendengemeinde in Mainz.

Verschiedene Generationen und Verbindungen zu Dorothee Sölle

„Ich bin Dorothee Sölle nie persönlich begegnet, aber mit ihrem Namen sind Themen verbunden, die mich sehr interessieren: Politische Theologie, Feministische Theologie, Politisches Nachtgebet (um nur wenige zu nennen). Ich bin froh, dass sie immer mehr auch an deutschen Universitäten rezipiert wird, womit ihr posthum das zuteil wird, was ihr zu Lebzeiten schon mehr als angemessen gewesen wäre. Danke, Dorothee Sölle, für kämpferisches Suchen und gefundene Worte!“, so Carlotta Israel, Jahrgang 1993, Wissenschaftliche Mitarbeiterin / Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte des Mittelbaus der Evangelisch-Theologischen Fakultät an der LMU. Israel ist unter anderem als Autorin der feministischen Kolumne „Sektion F" des digitalen Theologie-Magazins „Die Eule" bekannt (https://eulemagazin.de/ressort/sektion-f/).

Zwei weitere Stimmen: Zum einen Renate Jost. Die Professorin ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung Feministischer Theologie in Forschung und Lehre e.V., der den Abend mit veranstaltet. Jost sagt: „Mit Dorothee Sölle verbindet mich die Erinnerung an eine politisch engagierte Christin, die in besonderer Weise Theologie und Poesie verbinden konnte. Sie scheute sich nicht, zu aktuellen Fragen auch kontrovers Stellung zu beziehen und schöpfte aus ihrer mystischen Spiritualität Kraft für die Gegenwart. Mit ihr zusammen zu sein war immer inspirierend.“ Renate Jost war in den achtziger Jahren Gemeindepfarrerin in Frankfurt, in den Neunzigern wechselte sie in Wissenschaft und Lehre. Von 2003 an und bis zu ihrer Emeritierung 2021 hatte sie den neu eingerichteten Lehrstuhl für Feministische Theologie und Gender Studies an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau inne. Renate Jost zählt Stationen auf, die sie mit Dorothee Sölle verknüpfen: 1981/82 begegnete sie ihr am Union Theological Seminary in New York als Studentin für den Master of Sacred Theology. „Wir waren die einzigen Deutschen, was uns verband“, sagt Jost. Anfang der 1990er Jahre organisierte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Evangelische Theologie in Frankfurt ein Seminar mit Dorothee Sölle zum Thema „Gott denken". Die Zusammenarbeit für Luise und Willy Schottroff, Letzterer Josts Doktorvater, erwähnt Jost, private Treffen, Veröffentlichungen – immer wieder kreuzten sich die Wege. An der Augustana hielt Dorotheee Sölle kurz nach Josts Berufung einen Vortrag. Damals schrieb sie ins Gästebuch der Hochschule: „Ich hoffe, dass die umherirrende Wanderin namens Feministische Theologie hier eine Heimat finden wird." Nach Dorothee Sölle wurde später das Haus benannt.

Monika Astrid Kittler, Gemeindepädagogin im Frankfurter Gallus und in der Kuhwaldsiedlung, ehemalige Synodale der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), nennt Sölle „eine Mutmacherin“. Sie begegnete ihr mehrfach, beispielsweise hielt sie beim „Katholikentag von unten“ zusammen mit ihr eine Bibelarbeit . Bei einer Ringvorlesung in Hamburg traf Kittler Sölle erstmals. Bei den anschließenden Kneipenbesuchen mit Studierenden „sprühten die Funken“. Für Kittler ist Dorothee Sölle eine Person, die es verstand, kompromisslosen Einsatz mit Liebe zu verbinden, die einen weiten Horizont statt geistiger Barrieren, die eine wunderschöne statt einer „abgegessenen“ theologischen Sprache gepflegt habe.

Auch die Musizierenden des Abends Eugen Eckert Bernd Hans Göhrig, Geschäftsführer der Initiative Kirche von unten, und Flois Knolle-Hicks verbindet vieles mit Dorothee Sölle.

Ute Knie, ehemals Leiterin der Evangelischen Akademie Römer 9, Vorstandsmitglied des Vereins zur Förderung Feministischer Theologie in Forschung und Lehre e.V., wird den Abend moderieren. Gefördert wird die Veranstaltung von: Evangelische Akademikerschaft Deutschland – Landesverband Hessen, Evangelische Französisch-Reformierte Gemeinde Frankfurt, Evangelische Frauen in Hessen und Nassau, Evangelisches Frauenbegegnungszentrum, Initiative Kirche von unten, Pax Christi – Gruppe Frankfurt, Stabsbereich Chancengleichheit der EKHN.

Hinweis: Am Samstag, 22. April 2023, von 9.30 Uhr bis 17 Uhr, findet eine weitere Gedenkveranstaltung zu Dorothee Sölle in der Katholischen Akademie Rabanus (Haus am Dom) statt. Mehr dazu: www.hausamdom-frankfurt.de.

Eintritt frei.