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Corona erschwert Hilfe für Obdachlose

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Weil die Hilfseinrichtungen wegen der Ansteckungsgefahr ihre Kapazitäten verringern müssen, sollten die Kommunen mehr Zimmer in Pensionen und Hotels anmieten, fordert Stefan Gillich von der Diakonie Hessen. In Frankfurt passiert das schon teilweise.

Auch im Weser5-Tagestreff der Diakonie im Frankfurter Bahnhofsviertel mussten wegen der Corona-Ansteckungsgefahr die Kapazitäten reduziert werden. | Foto: Rui Camilo
Auch im Weser5-Tagestreff der Diakonie im Frankfurter Bahnhofsviertel mussten wegen der Corona-Ansteckungsgefahr die Kapazitäten reduziert werden. | Foto: Rui Camilo

Die Obdachlosenhilfe hat im Winter wegen der Corona-Pandemie mit Einschränkungen zu kämpfen. Zur Vorbeugung von Ansteckungen würden keine Zimmer mit mehreren Wohnungslosen belegt, sagte der Abteilungsleiter der Diakonie Hessen, Stefan Gillich, in Frankfurt dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch in Aufenthaltsräume dürften nur weniger Matratzen zur Notunterkunft gelegt werden. Kommunen müssten mehr Zimmer in Pensionen und Hotels anmieten, forderte Gillich. Frankfurt und Darmstadt seien positive Beispiele dafür.

Die Tagesaufenthalte müssen nach Gillichs Auskunft ebenfalls ihre Kapazitäten beschränken. Weniger Menschen dürften gleichzeitig Waschmaschinen nutzen, Kleidung entgegennehmen und essen. Manche Einrichtungen hätten daher Pavillons mit Heizpilzen aufgestellt. Dagegen kämen mehr Hilfsbedürftige als vor der Pandemie zur Beratung in die Wohnungsnotfallhilfe, weil manche Sozialämter und Jobcenter aus Vorsicht ihre Beratung auf Telefon und E-Mail beschränkten und daher für Wohnungslose schwer erreichbar seien. Manche Kommunen hätten die Auszahlung des Tagessatzes Sozialhilfe von rund 15 Euro generell an Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände ausgelagert.

Im Diakoniezentrum „Weser5“ im Frankfurter Bahnhofsviertel können nur 20 Plätze statt wie sonst 35 für eine Winternotübernachtung im Tagestreff bereitgestellt werden, wie der Leiter Jürgen Mühlfeld bestätigte. Den Tagestreff könnten nur 40 Besucher:innen statt wie sonst 80 besuchen. Tische dürften nur einzeln besetzt werden, oder Plätze würden durch eine Plexiglasscheibe voneinander getrennt.

Die Pandemie führe auch dazu, dass die Zahl der psychisch kranken Wohnungslosen etwa am Frankfurter Flughafen zugenommen habe, sagte Mühlfeld. Diese zögen sich stärker zurück und seien schwerer ansprechbar. Auch Obdachlose hätten Angst vor der Pandemie, ergänzte Gillich. Sie brächten häufig Vorerkrankungen mit und seien daher besonders gefährdet. Viele Besucher:innen ließen sich von Impfteams in den Einrichtungen, die mit den Gesundheitsämtern zusammenarbeiteten, impfen. Im Wohnheim von „Weser5“ haben sich nach Mühlfelds Angaben noch im alten Jahr drei Viertel der 44 Bewohner:innen impfen lassen.

Am härtesten betroffen von der Obdachlosigkeit sind nach den Worten von Gillich Arbeitsmigrant:innen aus der EU. Ihre Verdienstmöglichkeiten seien im Corona-Winter eingeschränkt, und sie hätten keinen Anspruch auf Hartz IV und eine Unterbringung durch die Kommunen. Daher könnten sie nicht in Unterkünften für Wohnungslose aufgenommen werden. Die Kälte und die Ansteckungsgefahr bedrohten vor allem die Menschen, die auf der Straße leben. Im Tagestreff von „Weser5“, im „Ankommviertel“ von Frankfurt, stellen sie nach Mühlfelds Auskunft rund drei Viertel der Klient:innenen. Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Hessen schätzt die Zahl der Obdachlosen im Land, abgeleitet von einer bundesweiten Schätzung, auf rund 3500.


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1 Kommentar

14. Januar 2022 03:01 Barbara Loch-Braun

Im Text steht es richtig , es handelt sich um Menschen ohne Wohnung . Da waren wir doch in unserer Arbeit in der evgl. Kirche schon mal weiter... Bitte schreibt Wohnungslose.....Sprache schafft Bewusstsein..... es fehlen Wohnungen! Obdachlosigkeit war im Faschismus eine Straftat! Mfg Barbara Loch-Braun

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