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Die Bibel als Playmobil: Michael Sommers Weltpremiere von "Bibel To Go"

Michael Sommer ist Autor, Regisseur, Dramaturg, Literaturwissenschaftler und YouTuber. Auf seinem Kanal gibt es Effi Briest, Romeo und Julia, Goethes Werther und mehr „to go“: Weltliteratur, zusammengefasst und nachgespielt mit Playmobilfiguren. Auch die Bibel ist häufig dabei. In Frankfurt gab es jetzt die Weltpremiere von „Bibel To Go – Live“.

„Bibel To Go“ in der Andreasgemeinde: Der YouTuber Michael Sommer war mit seinem Playmobil-Programm erstmals live zu sehen. | Foto: Rolf Oeser
„Bibel To Go“ in der Andreasgemeinde: Der YouTuber Michael Sommer war mit seinem Playmobil-Programm erstmals live zu sehen. | Foto: Rolf Oeser

Ein Abend, der die Zeiten der Bibel wieder aufleben lässt: Michael Sommer, schnell und jugendlich in seiner Sprache, lässt Playmobilfiguren ihre Rollen spielen und wieder in einer Kiste unter dem Tisch verschwinden, sobald sie ihren Auftritt auf der Bühne vor dem Altar der Andreasgemeinde beendet haben. Gott, der Protagonist der ersten Szene (natürlich, Genesis), zeigt sich geschlechtsneutral, mit Tattoos am linken Arm, in einem lila Kleid und Hipsterbart. Eine Peace-Zeichen-Kette offenbart Gott als Pazifist:in.

Gott taucht im Lauf des Abends immer wieder auf und erklärt der "frechen" Meute, was zu tun ist, oder nutzt Noah für einen "Re-Start", wenn die Dinge auf der Erde nicht nach Plan laufen.

Die Kirche am Dornbusch ist gut besucht, viele "Sommer-Fans" sind anwesend. Sie kennen seine YouTube-Clips, in denen er den Exodus in 10,5 Minuten oder die Apostelgeschichte in etwas mehr als elf Minuten darstellt. Die Premiere in Frankfurt markiert Sommers ersten Live-Auftritt. "Eine ganze Tour haben wir noch nicht zusammengezimmert", sagt er, aber er ist zuversichtlich, dass "Bibel To Go" noch öfter aufgeführt wird.

Der Abend ist interaktiv gestaltet. Sommer lässt das Publikum über eine App abstimmen, welches der vier Evangelien das Playmobil-Ensemble darstellen soll, oder lädt zu einem Psalmenbingo ein. Die Besucher:innen sind begeistert, abgesehen von den ganz Kleinen, die von den Grausamkeiten der damaligen Zeit erschreckt sein könnten. Die Bibel ist kein leichter Stoff. Mord, Massaker, Frauenunterdrückung. Angesichts der aktuellen Lage im Nahen Osten lässt das den Atem stocken.

Mit seinem Format, das 2018 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, möchte Sommer Begeisterung für literarische Klassiker wecken. Seine Sprache richtet sich eindeutig auch an die Jüngeren. Kleine Merksätze wie "722, Samaria ist vorbei" könnten beim Lernen für eine Klausur helfen. Doch die eigentliche Botschaft des Abends ist, dass uns die 66 Bücher der Bibel mit unserer Vergangenheit verbinden sollen. Erschreckend sind die Parallelen zur Gegenwart. Als die Band "Rivers of Babylon" von Boney M. spielt, deutet das auf das Klagelied des jüdischen Volkes hin, das nach der Eroberung Jerusalems durch den babylonischen König Nebukadnezar im Exil lebt.

Am Ende der Aufführung bittet Sommer um eine Spende für ein israelisch-arabisches Friedensprojekt, die jeder beim Verlassen der Kirche in den Klingelbeutel werfen kann. "The school of peace" existiert bereits seit 1979 und arbeitet seither an einer Verständigung zwischen Palästinensern und Israelis. Ihre Hoffnung: eine gemeinsame Zukunft.


Zum YouTube-Kanal von Michael Sommer


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Angela Wolf 117 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.