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Einkaufsservice: Wie aus gutem Willen eine gute Tat wird

Kirchengemeinden arbeiten an Konzepten für die Versorgung mit dem Nötigsten in Zeiten von Corona.

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. Bild: www.colourbox.de

Wie kann das gehen, Älteren, gesundheitlich Geschwächten, die besser nicht mehr in die Supermärkte gehen, in Zeiten der Corona-Pandemie das Erforderliche zukommen zu lassen? In den vergangenen drei Tagen hat Stefanie Brauer-Noss von der Evangelischen Kirchengemeinde Bornheim an einem Konzept gefeilt, Beteiligte gewonnen, das System aufgestellt. „Klar habe ich die verschiedenen Initiativen schon vorher auf Facebook und in anderen sozialen Medien beobachtet“, sagt die Pfarrerin. Informelles lief auch in ihrer Gemeinde früher an.

Eine Psychologiestundentin, die in der Gemeinde engagiert ist, gab vor Tagen einen Anstoß. Brauer-Noss weiß das zu schätzen, gemeinsam versuchten sie und die junge Frau zu überlegen, wie aus dem guten Willen die gute Tat werden kann. Leute, die die Pfarrerin aus dem Studium kennt, von Tagungen der Evangelischen Kirche in Deutschland, hätten ihr entscheidende Hinweise gegeben. Aus Bad Bentheim, Niedersachsen, insbesondere auch aus Köln, Nordrhein-Westfalen, kamen die Tipps, in NRW, „ist die Lage sowieso schon extremer“, sagt Brauer-Noss, Ein Blick in die Statistik genügt.

Das Konzept: Über ein zentrales Handy, erreichbar unter der Nummer 0157 34473778, laufen die Einkaufswünsche ein. Allein für die Aktion wurde es aktiviert. Was bis 15 Uhr eingegangen ist, wird am nächsten Tag zugestellt. Die Einkäufer melden sich bei den Hilfesuchenden und bitten, einen Umschlag vorzubereiten, in dem nicht nur ein Einkaufszettel liegt, sondern auch das voraussichtlich dafür erforderliche Geld. „Wir können von den Studierenden, die sich engagieren und anderen nicht einfach erwarten, dass sie in Vorlage gehen“, sagt die Pfarrerin und versichert, dass es sich bei den 15 Beteiligten um der Gemeinde bekannte und vertraute Personen handelt.

Zur vereinbarten Uhrzeit wird der Umschlag von den Einkaufenden bei den Anfragenden abgeholt. In Großbuchstaben und mit drei Ausrufezeichen vorne und am Ende steht an dieser Stelle des Infoblattes „Jeglichen direkten Kontakt vermeiden“. Auf der Fußmatte oder dem Treppenabsatz könne der Brief abgelegt werden, beschriftet mit Name, Adresse und Geldbetrag. Die Abholerin, der Abholer, soll die Angaben unmittelbar überprüfen, eventuelle Differenzen melden, wird geraten. Nach dem Einkauf werden der Kassenzettel und der Umschlag fotografiert und an die zentrale Handynummer geschickt, um nachträglichen Unstimmigkeiten vorzubeugen. Dann wird geliefert – bei Wahrung der Distanz.

Das Gemeindebüro an der Turmstraße ist aktuell geschlossen, Werbezettel für die Einkaufsaktion liegen vor dessen Tür, in Lebensmittelläden oder auch Apotheken werden sie abgegeben und ausgehängt. Das Bornheimer Konzept klingt auf den ersten Blick vielleicht kompliziert, beantwortet aber viele Fragen. Haupt- und ehrenamtliches Engagement, das gegenwärtig nicht für Veranstaltungen gebraucht wird, umzulenken, „füreinander da zu sein und solidarisch zu handeln“, darum geht es der Gemeinde.

In vielen anderen Frankfurter und Offenbacher Gemeinden sind weitere Initiativen angelaufen, Personen, die das Haus nicht verlassen sollen, zu versorgen. Man ist im Austausch, auch Brauer-Noss hat ihr Konzept weitergegeben, voneinander lernen, umdenken, darum geht es in den Zeiten der Corona-Krise.

Ein Hamsterkäfig für die Tafel

Pfarrer Jeffrey Myers hat im Eingangsbereich der Diakonissenkirche einen Hamsterkäfig aufgestellt – als Zeichen gegen das „Hamstern“ und Aufruf, für die Frankfurter Tafel zu spenden: „In Zeiten des Coronavirus soll das Symbol des Käfigs zum Nachdenken anregen und zu mehr Zuversicht statt Angst, mehr Solidarität statt Egoismus aufrufen.“, begründet Myers seine Aktion. Vor allem Milchprodukte, Gemüse und Obst würden aktuell bei der Tafel gebraucht , dies und anderes, gerne auch Konserven und Packungen, können in der Cronstettenstraße 57 - 61 im Holzhausenviertel abgegeben werden und gehen dann von der Diakonissenkirche aus an die Tafel, die aktuell unter den Hamsterkäufen zu leiden hat. Jeffrey Myers erinnert in seinem Aufruf ans „Vaterunser“. „Unser täglich Brot gib uns heute“ – Vertrauen statt horten.

Norbert Nickel, Mitarbeiter der Frankfurter Tafel versichert, dass die Tafel versucht – bei der Wahrung von Sicherheitsabständen – weiterzumachen. Nur an einzelnen Stellen, dazu zählt die Ausgabe in Rödelheim, im Auguste-Oberwinter-Haus, ruht die Verteilung bis Ende April. Auch die Vergabe in den Räumen von Cantate Domino, die zur Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt-Nordwest gehören, ist aus heutiger Sicht in Frage gestellt, berichtet Pfarrer Ulrich Schaffert. „Es ist eine Gratwanderung“, sagt er bedauernd, das Ausgabeteam sei jedoch großteils in einem Alter, das zu den Hochgefährdeten zähle.

Er sei dankbar für das Bornheimer Konzept, das per E-Mail rundgehe, sagt Schaffert. Auch im Frankfurter Nordwesten werde in diesen Stunden versucht, nach vergleichbarem Muster etwas aufzubauen. Die Kommunikationswege glühen, von Stunde zu Stunde, fügt sich Organisatorisches.

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Ergänzung am 2. April:

Tafel in Cantate Domino läuft weiter
Junge Haupt- und Ehrenamtliche engagieren sich
In den ersten Tagen der Corona-Krise schien es, dass die Ausgabe der Tafel in den Räumen von Cantate Domino, Ernst-Kahn-Straße 20, Nordweststadt, nicht fortgeführt werden kann, da das ehrenamtliche Team aus Altersgründen zur Risikogruppe gehört. Christine Tries, Kirchenvorstandsvorsitzende der Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt-Nordwest, die sich über die Stadtteile Heddernheim, Nordweststadt und Niederursel erstreckt, freut sich, dass die Arbeit nun doch weitergehen kann und wie gewohnt dienstags ab 13 Uhr Lebensmittel ausgegeben werden. Zusammen mit Hauptamtlichen aus der Kinder- und Jugendarbeit und jungen Ehrenamtlichen können sich Bedürftige hier weiter für ihren Alltag versorgen. „Wir verfügen momentan über eine Menge Lebensmittel“, berichtet Tries. Sie verweist zudem darauf, dass sich auch andernorts dieser Tage junge Ehrenamtliche gemeldet haben, die für den Fortbetrieb der Tafeln sorgen.


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Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach

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