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Gedruckte Zuversicht

Michael Graf Münster, Kantor von Sankt Katharinen, und Professor Martin Lücker, der Organist der Frankfurter Innenstadtkirche, haben ihre Planungen für das Jahr 2021 vorgestellt. Bei aller Ungewissheit angesichts der Corona-Regeln setzen sie auf ein vielfältiges kirchenmusikalisches Angebot.

Martin Lücker (li) und Michael Graf Münster - die beiden Kirchenmusiker von Sankt Katharinen   I Foto: Bettina Behler
Martin Lücker (li) und Michael Graf Münster - die beiden Kirchenmusiker von Sankt Katharinen I Foto: Bettina Behler

Auftritte größerer Chorensembles sind aktuell verboten, einzig Solostimmen erklingen in den Gotteshäusern. Große Orchester werden schmerzlich vermisst. „Ich habe es in der Regel leichter“, sagte der Organist der evangelischen Sankt Katharinenkirche Martin Lücker bei der Vorstellung des Musikprogramms der Gemeinde für 2021. Sein Kollege, Kantor Michael Graf Münster, der das Vokalprogramm von Sankt Katharinen verantwortet, unterliegt wesentlich mehr Einschränkungen. 30, 40 Stimmen aufgereiht auf den Stufen rund um den Altar – in Corona Zeiten undenkbar.

Obgleich angesichts der geltenden Schutzmaßnahmen vieles ungewiss ist, stellten beide zusammen auf der Orgelempore der Katharinenkirche ihr Programm vor. Bis 31. März wird es an der Frankfurter Hauptwache keine Konzerte geben – und dennoch spielt Musik in den Andachten und Gottesdiensten eine zentrale Rolle. Am Freitag, 26. Februar, werden die Solist*innen von Concerto Vocale im Rahmen einer Vesper Madrigale aus Johann Hermann Scheins „Israelsbrünnlein“ vortragen, dem schließt sich am 12. März eine Vesper mit Bachs Motette „Jesu meine Freude“ an, beschlossen wird die Reihe an Palmsonntag, dann wird in einer Vesper Heinrich Schütz „Johannespassion“ aufgeführt. Zu hören sind in den Vespern Solist*innen, die in anderen Jahren nie für einen Auftritt zu gewinnen gewesen wären. Auf Tourneen hätten sie in der Passionszeit und zu Ostern sonst einen beträchtlichen Teil ihres Jahressalärs eingenommen, berichtete Graf Münster. So erfreulich das für Katharinen sein mag, die Lage der Musiker*innen grämt ihn.

Die Chormitglieder der Gemeinde probten im November letztmals. Man tausche sich per digitaler Nachrichten aus, bleibe in Kontakt, aber Gesang auf der Kachel sei bei fehlenden Aufführungsperspektiven keine Option gewesen. Graf Münster hofft, nach Ostern mit kleinen Ensembles wieder erste Treffen zum Üben vereinbaren zu können.

Ende April plant der Kantor wieder mit „Bach zur Nacht“ zu beginnen, ein in Corona-Zeiten aus der Taufe gehobenes Format, das zwei Aufführungen an einem Abend umfasst, um möglichst vielen den Musikgenuss zu ermöglichen. Mit Hof- und Theatermusik des Barock soll der Auftakt am 24. April erfolgen. Im Mai werden Tobias Kästle und Nadja Rousseva, Schlagzeug und Tonband, sich mittels „Rendering“ und Audio- und Videoeinspielungen mit dem Barockkomponisten befassen. Das Eliot Quartet wird erwartet, im November Andreas Hepp, Marimba, vom hr-Sinfonie-Orchester.

Am 1. Mai sollen auch die BachVespern wiederaufgenommen werden. Als Frankfurt-Wiesbadener Kooperation werden in dieser Reihe die 200 Kantaten Johann Sebastian Bachs in Form eines Gesprächskonzertes mit Vesper aufgeführt, das Vorhaben stockte coronabedingt bei 160.


Youtube kann Musikgenuss vor Ort nicht ersetzen

Bei den „30 Minuten Orgelmusik“, gestartet 1983, ist die 3.500 im Jahr 2019 überschritten worden – ein Klassiker, die halbstündige Musik montags und donnerstags am Spätnachmittag mit Professor Martin Lücker. Er hat seit Herbst 2020 seine halbstündigen Orgelmusiken in Andachten integriert „und da gibt es nicht nur einen pro forma-Psalm“, sondern eine Liturgie und einen Segen, gesprochen von Stadtkirchenpfarrer Olaf Lewerenz. Lücker sieht die Verbindung von Wort und Musik in bester lutherischer Tradition.

Rund 80 bis 100 Menschen kommen am Montag und Donnerstag jeweils in die Katharinenkirche. Im ersten Lockdown wich Lücker ins Netz aus, 61.000 Klicks zählte er seitdem, glücklich hat es ihn nicht gemacht. Es sei zwar bequem, zu jeder Zeit die Aufnahmen für Youtube erledigen zu können, „trotzdem ist es eine schreckliche Situation, nur für ein Mikrofon zu spielen.“

„Musik braucht die Präsenz“, so Lücker. In dem Programm, das er hat drucken lassen, steht einiges, was für 2020 vorgesehen war, etwa anlässlich des Jubiläums 75 Jahre Kriegsende, auch der 125. Geburtstag Paul Hindemiths konnte im vergangenen Jahr nicht wie vorgesehen begangen werden. Für den 2. Mai ist eine von mehreren Kooperationen mit der Paul-Hindemith Orchester-Akademie geplant, Ende Mai soll noch mal Beethoven geehrt werden, der eigentlich auch 2020 sein Jubiläumsjahr hatte.

Kollegen aus der Region, wie Kantor Michael Riedel von der Sankt Petersgemeinde und den Kirchenmusiker Tobias Koriath aus Heddernheim, hat Lücker gewonnen, aus Leipzig/Merseburg kommt der Organist Michael Schönheit im Juli nach Frankfurt, im Oktober wird Hilger Krespohl erwartet. Geehrt wird in Sankt Katharinen in diesem Jahr der Komponist Jan Pieterszon Sweelinck, der von 1562 bis 1621 lebte. Krespohl, der einst bei Lücker studierte und heute in Hamburg als Organist tätig ist, wird den Komponisten würdigen, ebenso Bernard Foccroule aus Brüssel. Letzterer soll laut Programm am 7. November „Sweelinck und seine Spuren in Europa“ an der Orgel von Sankt Katharinen präsentieren.

Bei allen denkbaren Aktualisierungen – Zuversicht und Passion für die Musik prägen den Blick von Michael Graf Münster und Martin Lücker auf das Jahr 2021. Nähere Informationen zu dem aktuellen kirchenmusikalischen Programm von Sankt Katharinen gibt es auf der Internetseite www.stk-musik.de.


Autorin

Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach