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„Kein Raum für Trolle und Hate-Speech“

Eine sichere und datensparsame Alternative zu Facebook oder WhatsApp: Der Rödelheimer Pfarrer Till Schümmer hat eine neue GemeindeApp mit auf den Weg gebracht. In der Cyriakusgemeinde ist sie bereits seit Februar im Einsatz, bald soll sie für ganz Frankfurt und Offenbach verfügbar sein.

Dr. Till Schümmer, Jahrgang 1973, hat 18 Jahre als Informatiker geforscht und gelehrt, bevor er ins Pfarramt wechselte. Er ist seit Juni 2019 Pfarrer der Cyriakusgemeinde in Rödelheim. | Foto: Rolf Oeser
Dr. Till Schümmer, Jahrgang 1973, hat 18 Jahre als Informatiker geforscht und gelehrt, bevor er ins Pfarramt wechselte. Er ist seit Juni 2019 Pfarrer der Cyriakusgemeinde in Rödelheim. | Foto: Rolf Oeser

Herr Schümmer, Sie sind seit 2019 Pfarrer der Cyriakusgemeinde in Frankfurt Rödelheim – ihr Weg in den Beruf war eher ungewöhnlich...

Stimmt. Ich war vorher Informatiker und bin über einen berufsbegleitenden Master-Studiengang in Marburg zum Quereinstieg ins Pfarramt gekommen.

Somit verwundert es nicht, dass ausgerechnet Ihre Gemeinde bereits seit Februar mit der neuen GemeindeApp arbeitet.

Ich habe die App in einer früheren Gemeinde mitgestaltet. Dann durfte ich sie auch in der Cyriakusgemeinde nutzen. Hier wird sie gut angenommen wird. Etwa 140 Menschen haben sich seit Februar mit Namen registriert. Rund 30 weitere Personen nutzen sie anonym.

Sind besonders die Jüngeren offen für eine solche Kommunikation via Smartphone?

Das sollte man meinen, aber ganz so ist es nicht. Einige ältere Gemeindemitglieder gehören zu den aktivsten Nutzer:innen. Gerade die Konfirmand:innen treffen sich im Grunde viel lieber analog. Digital unterwegs sind sie seit Beginn der Pandemie sowieso dauernd. Da muss man zum Mitmachen ermuntern. An Erntedank gab es zum Beispiel eine Foto-Challenge. Die Konfirmand:innen haben in ihrem Gruppenbereich Fotos von Dingen hochgeladen, für die sie dankbar sind. Das fördert dann digital den Austausch und Zusammenhalt.

Wer nutzt das Angebot sonst?

Vom Zaungast, der das Leben der Cyriakusgemeinde mit interessiertem Abstand verfolgt, über die an Angeboten der Gemeinde interessierte Rödelheimerin bis hin zur Gemeindegruppe sind unterschiedliche Menschen involviert. Alle entscheiden selbst, ob und welche Inhalte sie beitragen und was von ihnen in der GemeindeApp sichtbar wird.

Wie ist es um Sicherheit und Datenschutz bestellt?

Die GemeindeApp soll das digitale soziale Netzwerk der Cyriakusgemeinde werden. Wir entscheiden hier selbst, was gespeichert wird und nach welchen Regeln das Netzwerk funktioniert. Daten werden nicht gesammelt und kommerziell ausgewertet, sondern nur dann gespeichert, wenn es für das Funktionieren des Netzwerks unbedingt nötig ist. Darin unterscheidet sich die GemeindeApp von manchen kommerziellen sozialen Netzwerken. Die Registrierung erfolgt per Brief. Es ist wichtig, dass die Mitglieder auch die sind, für die sie sich ausgeben. Trolle und HateSpeech sollen damit keinen Raum haben.

Ist die App eine Art virtueller Gemeindebrief?

Viel mehr, denn die App ist eben interaktiv. Man kann mit den Pfarrer:innen und anderen Nutzenden chatten oder Kontakt zum Gemeindebüro aufnehmen. In einem virtuellen Schaukasten kann man sich über aktuelle Aktivitäten und Neuigkeiten in der Gemeinde informieren und selbst Ankündigungen machen. Ein Kalender informiert über anstehende Termine und Gottesdienste. Im Gruppenbereich hat jede Gruppe ihren eigenen privaten Schaukasten, ein Forum und vieles mehr. Ein letzter Bereich, Dialog genannt, stellt Messenger-Funktionen zur Verfügung. Hier können sich die Nutzerinnen auch mit anderen Menschen aus der Cyriakusgemeinde vernetzen oder ein Profil erstellen.

Was raten Sie Gemeinden, die jetzt auch mit der App arbeiten wollen?

Ich rate ihnen, sich auf die Dynamik der Gemeinde einzulassen. Die App schafft Gestaltungsräume für alle Mitglieder. Nicht jede Gruppe muss zentral gesteuert werden und nicht jede Initiative kommt von der Gemeindeleitung. Und auch Bestehendes wird sich wandeln, wenn bestehende Gruppen eigene digitale Räume einrichten oder über Gottesdienstthemen auch digital diskutiert wird.

Öffnen sich Menschen in so einem privaten digitalen Raum eher als etwa auf Facebook?

Ich nehme wahr, dass viele Menschen zurückhaltend sind, über Religion in sozialen Netzwerken zu schreiben und zu diskutieren. Manchen ist das etwa vor ihrem Arbeitgeber unangenehm. Da sind sie zurückhaltender als bei anderen Themen. Auch in der analogen Welt werden Glaubensfragen nicht unbedingt auf den Marktplätzen besprochen. Wir brauchen deshalb neben den Marktplätzen der großen sozialen Netze auch im digitalen Raum Schutzräume für das geschwisterliche Gespräch über den persönlichen Glauben. Die App bietet solch einen geschützten Raum.

Die GemeindeApp gibt es im App-Store (iPhone) oder im Google Playstore (Android). Derzeit läuft im Evangelischen Regionalverband Frankfurt und Offenbach ein Pilotprojekt mit einer eigens für Frankfurt und Offenbach angepassten Version: der efo-App (erhältlich im App-Store und im Google Playstore).


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Autorin

Anne Lemhöfer 144 Artikel

Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de

1 Kommentar

28. November 2021 18:55 Nicole Lauterwald

Seit 2.000 Jahren ist es unsere Aufgabe, den christliche Glauben in die Welt zu tragen und "Salz der Erde" bzw. "Licht der Welt" zu sein. Dies gilt im 21. Jahrhundert natürlich auch für die digitale Welt. Zahlreiche Sinnfluencer*innen machen es uns vor. Die Äußerungen des christlichen Glaubens in den Sozialen Medien können aber durchaus noch zunehmen, damit diese Medien ihren Namen auch verdienen. Herzliche Einladung dazu!

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