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Medienforscher: Satire übernimmt journalistische Aufgaben

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Satire hat nach Aussage des österreichischen Medien- und Kommunikationswissenschaftlers Dennis Lichtenstein eine meinungsbildende Aufgabe übernommen. Durch das „Aufweichen“ von politischen Inhalten könne sie im Vergleich zu Nachrichtensendungen oftmals ein breiteres Publikum erreichen, sagte er bei der Tagung „Politik an der Scherzgrenze“ der Evangelischen Akademie in Frankfurt.

Was kann Satire? Manche Menschen halten sie für informativer als Nachrichtensendungen und Talkshows.
Was kann Satire? Manche Menschen halten sie für informativer als Nachrichtensendungen und Talkshows.

Satiresendungen wie die ZDF „heuteShow“, „die Anstalt“ oder das „ZDF Magazin Royale“ hätten in Teilen sogar eine journalistische Funktion übernommen, so Lichtenstein. Das breite Spektrum zwischen eher „kopflastigen“ Sendungen, Nachrichtensatire und Late-Night-Formaten würde zum Erfolg der Sendungen beitragen.

„Satire erlebt derzeit einen Boom in Deutschland“, sagte Dietrich Krauß, Redakteur der ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“. Nachdem es in den 1990er Jahren großen Zuspruch für unpolitische Comedy-Sendungen im Deutschen Fernsehen gegeben habe, seien die Zeiten inzwischen ernster geworden. So würden Satireformate heute vermehrt politische Themen aufgreifen und diese auch unter journalistischen Kriterien aufbereiten. Dadurch eigne sich Satire dazu, ein breiteres Publikum im Vergleich zu Nachrichtensendungen zu erreichen und Leute anzusprechen, die ansonsten keine Lust auf politische Inhalte hätten.

Der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow, ehemals Sozialdemokrat und mittlerweile Mitglied in der Satirepartei „Die Partei“, übte Kritik an Politiktalkshows. Zuschauer:innen hätten durchaus ein Bedürfnis danach, sich politisch zu informieren, gängige Talkshows würden dem aber häufig nicht gerecht. „Da finden ritualisierte Vorgänge statt, jeder darf seine Position loswerden, aber inhaltlich wird von den Moderatoren oft nicht weiter nachgehakt. Da geht Satire thematisch tiefer“, sagte Bülow.

Nach Einschätzung der Experten besteht Satire nicht nur darin, von der Seitenlinie aus politische Inhalte zu kommentieren, sondern sie könne auch Bildung gestalten. Zu den Protagonisten gehörten etwa Martin Sonneborn, der für „die Partei“ seit 2014 als Abgeordneter im Europaparlament sitzt oder Jan Böhmermann, der sich im Jahr 2019 für den SPD-Parteivorsitz bewarb.

„Satire lernt gerade mitzuspielen. Damit motiviert sie auch Zuschauer dazu, sich zum Beispiel mit Schwächeren zu solidarisieren“, erläuterte Lichtenstein. Satire dürfe nicht mit „Klamauk“ verwechselt werden, darin waren sich die Diskussionsteilnehmer einig. „Satire soll die Leute zum Lachen bringen. Aber sie hat auch immer einen ernsten Hintergrund. Sie ist dann gut, wenn sie auch mal weh tut und zum Nachdenken anregt“, erklärte Bülow. In seiner Partei habe man zuletzt über ein Wahlplakat mit der Aufschrift „Tötet alle Bienen“ diskutiert. Die Aussage sei sehr zugespitzt, aber realpolitisch würde aktuell genau das geschehen. „Würden wir Wahlwerbung mit der Aufschrift ‚Wir setzen uns für die Zukunft ein‘ drucken, dann funktioniert das nicht“, sagte Bülow.

https://evangelische-akademie.de


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