Osternacht mit der „Auferstehungshistorie“ von Heinrich Schütz
Seinen Zeitgenossen galt Heinrich Schütz (1585-1652) als „Vater unserer modernen Musik“, als „seines Jahrhunderts hervorragendster Musiker“. Heute steht der Komponist deutlich im Schatten seiner noch berühmteren musikalischen Nachfahren, besonders Johann Sebastian Bachs.
Schütz‘ Musik stellt besondere Anforderung an seine Interpretinnen und Interpreten. Sie verlangt informiertes Spiel auf historischen Instrumenten, ein Wissen um alte mitteltönige Stimmungen und auch „eine spezifische Diktion bei den Sängern“, sagt Michael Graf Münster, Kantor an der Frankfurter Katharinenkirche.
Eine Sache für Spezialist:innen also? Nicht unbedingt. Während der Corona-Einschränkungen hat die Kantorei St. Katharinen unter Münsters Leitung Stücke aus den „Kleinen geistlichen Konzerten“ gesungen – ein- bis sechsstimmige Vertonungen von Bibeltexten, die eigentlich solistisch gedacht sind. „Die Stücke kamen bei den Laiensängerinnen und -sängern unheimlich gut an“, berichtet der Kirchenmusiker. „Kein Komponist ist näher an der Sprache dran, als Schütz. Es ist, als würde ein Schauspieler den Text rezitieren, phänomenal!“
Nun hat sich Münster mit dem Ensemble Concerto vocale die „Auferstehungshistorie“ (SWV 50) vorgenommen. Sie soll in einem musikalischen Gottesdienst in der Osternacht erklingen. Das etwa 40-minütige oratorische Werk wurde 1623 erstmals gedruckt. Zugrunde liegt ein Text aus einer Passionsharmonie (eine Kompilation aus den vier Evangelien), die auf Johannes Bugenhagen, einen Weggefährten Luthers, zurückgeht. Er schildert die Ereignisse am Ostermorgen – die Ankunft der Frauen am leeren Grab, das Gespräch mit den Engeln, die Begegnung Maria Magdalenas, der Emmaus-Jünger und schließlich der Schar der Elf mit dem auferstandenen Jesus.
Die musikalische Gestalt, die Schütz dafür erfindet, ist bemerkenswert und originell. Der gregorianisch archaisierende Rezitationston des Evangelisten, der das Stück durchzieht, wird von einem Ensemble aus vier Gamben begleitet. Die Dialoge der handelnden Personen sind freier vertont, wichtige Schlüsselworte werden durch musikalisch-rhetorische Figuren expressiv ausgedeutet. Die Worte Jesu und Marias sind zweistimmig als Duette gesetzt. „Das ist höchst originell“, sagt Michael Münster. Durch seine musikalische Gestaltung gibt Schütz dem Text eine neue Dimension. „Das führt zu einer vielschichtigen Wahrnehmung beim Hören, Räume öffnen sich, Bilder entstehen“, so Münster. „In der schieren Erzählung steckt die Ausdeutung schon mit drin.“
Durch ihren ausdrucksvollen und zugleich intimen Charakter ist die „Auferstehungshistorie“ in den Augen Münsters ideal geeignet für die Feier der Osternacht. „Eine tolle Chance, miteinander dem Geheimnis von Ostern, der völligen Verwandlung der Welt, dem Unerklärlichen und Heiligen zu begegnen.“
Aufführung am Samstag, 16. April, um 21 Uhr in der Katharinenkirche an der Hauptwache. Osternacht mit Heinrich Schütz „Auferstehungshistorie“; Concerto vocale und Bach-Kollegium Frankfurt, Leitung: Michael Graf Münster, Orgel: Martin Lücker, Liturgie: Dr. Gita Leber und Jürgen Ahlers
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