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Pro Asyl fordert Soforthilfe und Evakuierung der Flüchtlinge auf Lesbos

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Pro Asyl fordert Kanzlerin Merkel in einem offenen Brief zum sofortigen Handeln auf. Die beiden hessischen evangelischen Landeskirchen haben 10.000 Euro bereitgestellt und rufen zu Spenden auf.

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. Bild: https://www.colourbox.de

Pro Asyl hat in einem offenen Brief (siehe unten) an Bundeskanzlerin Angela Merkel sofortige Katastropenhilfe und die Evakuierung der Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos gefordert. Es brauche für die betroffenen Menschen eine dauerhafte Lösung „und die heißt Aufnahme in anderen europäischen Ländern“. Da sich in Deutschland inzwischen Bundesländer und zahlreiche Kommunnen bereit erklärt haben, Geflüchtete aufzunehmen, dürfe der Verweis auf eine europäische Lösung nicht dazu führen, dass deutsches Handeln verzögert wird“, heißt es in dem Brief. Pro Asyl ist ein Zusammmenschluss von Mitarbeitenden aus Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen und Flüchtlingsräten. Vorsitzender ist Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft ist Pfarrer Andreas Lipsch ist Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau.

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau sowie die die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck haben 10.000 Euro humanitäre Soforthilfe für die Geflüchteten auf Lesbos bereitgestellt und rufen zu weiteren Spenden auf. Die Spenden gehen an die Initiative „Lesvossolidarity“, die in ihrem Camp „Pikpa“ auf der Insel Lesbos bereits einen Notfallplan erstellt hat, um Minderjährige und Mütter mit Babys aufzunehmen. Zudem ist mit dem örtlichen Krankenhaus vereinbart, dass alle Hilfesuchenden auf Corona getestet werden. Zugleich hat eine weitere Einrichtung der Hilfsorganisation damit begonnen, Lebensmittel zu verteilen.

Spendenkonto:
Konto: EKHN
IBAN: DE27 5206 0410 0004 1000 00
BIC: GENODEF1EK1 / Evangelische Bank
Betreff: Spende Lesbos

Der offene Brief an Kanzlerin Merkel im Wortlaut:

Katastrophe von Moria: Soforthilfe und Evakuierung jetzt!

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
der EU-Hotspot Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist weitgehend zerstört, tausende Schutzsuchende sind obdachlos und ohne Versorgung. Es braucht einen konzertierten europäischen Rettungsplan, die sofortige Evakuierung der Flüchtlinge und die Aufnahme der Menschen in Deutschland und anderen europäischen Staaten. Jetzt!

Im Lager Moria lebten vor der Katastrophe über zwölftausend Menschen, circa das Fünffache der offiziellen Kapazität. Sie lebten dort seit Monaten, zum Teil seit Jahren, unter erschütternden Bedingungen, zermürbt von der Perspektivlosigkeit. Mit Verbreitung der Corona-Pandemie wurden sie ab Mitte März 2020 völlig isoliert.

Die beschämende Lage in dem Lager und die Brandkatastrophe sind direktes Ergebniseiner verfehlten europäischen Flüchtlingspolitik – jetzt muss die EU den betroffenen Menschen endlich helfen! Deutschland hat aktuell die EU-Ratspräsidentschaft inne. Wir appellieren an Sie und die Bundesregierung, sich in dieser wichtigen Funktion für folgende Maßnahmen einzusetzen und selbst konkrete Schritte einzuleiten:

  1. Katastrophenhilfe jetzt!
    Um die verzweifelten Schutzsuchenden kurzfristig zu versorgen (Obdach, Essen, medizinische Versorgung etc.),muss der Katastrophenschutz aktiviert werden. Anstatt Schutzsuchende im Umfeld von Moria mit Polizeigewalt unter freiem Himmel festzusetzen, muss die Erstversorgung der Menschen gewährleistet werden. Es ist gut, dass die deutsche Bundesregierung Griechenland ihre Unterstützung angeboten hat. Katastrophenschutzmaßnahmen reichen aber nicht aus.
  2. Sofortiger Beginn der Evakuierung!
    Die humanitären Zustände in Moria und den anderen Hotspots auf den griechischen Inseln hätten schon vor dem Brand zur Auflösung der Lagerführen müssen. Die dramatische Zuspitzung auf Lesbos macht klar: Die Schutzsuchenden von den griechischen Inseln müssen evakuiert werden!
    Einer Katastrophe dieses Ausmaßes kann nicht mit Minimallösungen begegnet werden – wie einem Transfer von 400 unbegleiteten Minderjährigen auf das griechische Festland. Es braucht eine dauerhafte Lösung für alle Betroffenen – und die heißt Aufnahme in anderen europäischen Ländern. Auf dem griechischen Festland sind bereits tausende Flüchtlinge obdachlos, eine Verlegung der Überlebenden des Brandes auf das griechische Festland ist deswegen auch keine Alternative. In Deutschland haben sich Bundesländer und hunderte Kommune zur freiwilligen Aufnahme von Geflüchteten bereit erklärt. Diese Bestrebungen dürfen nicht mehr blockiert werden, sie müssen unterstützt und ausgebaut werden. Der Verweis auf eine europäische Lösung darf nicht dazu führen, dass deutsches Handeln verzögert wird.
  3. Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik!
    Ein „Weiter so“ in der europäischen Flüchtlingspolitik kann nach dem Brand von Moria keine Option sein. Die Strategie, Schutzsuchende mit dem Ziel an den Außengrenzen Europas festzuhalten, sie direkt von dort in autoritäre Staaten wie die Türkei zurückzuschicken, obwohl diese ihnen keinen tatsächlichen Schutz bieten, ist gescheitert. Trotzdem setzen die bisher bekannten Vorschläge für eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems auf Asylverfahren und Lager an den europäischen Außengrenzen. Nach dem Brand von Moria kann an diesen Plänen nicht mehr festgehalten werden. Bitte nutzen Sie die deutsche Ratspräsidentschaft, um den notwendigen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik einzuleiten!

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