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„Unter einem Zelt - Zu Gast zu Hause“

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Vom 9. bis 12. Mai öffnet im Netz das Interreligiöse Dialogzelt seine Pforten: 20 Religionsgemeinschaften und Initiativen aus Rhein-Main laden im Vorfeld des Ökumenischen Kirchentags zu 55 Veranstaltungen ein. Sichtbar wird Vielfalt aus regionaler, aber auch globaler Sicht.

"Zu Gast zu Hause" – so lautet das Motto des diesjährigen digitalen Dialogzelt
"Zu Gast zu Hause" – so lautet das Motto des diesjährigen digitalen Dialogzelt

Eigentlich war es an der Bockenheimer Warte geplant: Ein Zelt der Religionen und Kulturen, in dem Frankfurter Religionsgemeinschaften sich als Gastgeber den Teilnehmer*innen des Ökumenischen Kirchentags präsentieren wollten. Anknüpfen wollten die Träger der Projektinitiative Dialogzelt dabei an die beiden erfolgreichen interreligiösen Dialogzelte 2018 und 2019, die unweit des Bockenheimer Campus aufgeschlagen hatten. Doch Corona machte nicht nur 2020 dem geplanten Dialogzelt den Garaus, sondern es auch 2021 unmöglich, die Zeltplanen für Interessierte vor Ort zu öffnen – und so beschlossen die Gastgeber*innen ihr Zelt dieses Jahr ins Internet zu verlegen.

Auf der religiös und kulturell bunten Website www.unter-einem-zelt.de wird von Sonntag, 9., bis Mittwoch, 12. Mai 2021, zu einem vielfältigen interreligiösen Treffen eingeladen. Mehr und mehr Religionsgemeinschaften aus Frankfurt und Umgebung haben sich im Laufe der Zeit von dieser Idee begeistern lassen. 20 Religionsgemeinschaften und Dialoginitiativen präsentieren nun in 55 Veranstaltungen das Rhein-Main-Gebiet in seiner globalen und lokalen Dimension. Dabei zeigen sie nicht nur unmittelbar vor dem Kirchentag, der am 13. Mai beginnt – gleichfalls weitgehend digital – ein breites interreligiöses Spektrum, sondern begleiten auch die letzten Tage vor dem Ramadanfest der Muslime und Musliminnen.

„Wir werden heiße interreligiöse Eisen anfassen und internationale Perspektiven öffnen. Im Respekt vor Menschen mit und ohne Religionen, wollen die Veranstaltenden sich auch kritischen Dialogen öffnen.“ sagt Susanna Faust Kallenberg, Pfarrerin für interreligiösen Dialog der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach. Andere Stimmen aus dem Vorbereitungskreis: „Nebeneinanderleben heißt noch lange nicht, dass man den anderen in seinen unterschiedlichen Traditionen wirklich sieht und akzeptiert“, so Petra Kunik, Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Frankfurt, mit Blick auf das Hauptpodium am 9. Mai, bei dem es um das Thema „1700 Jahre Judentum – und immer wieder vergessen!“ geht. Hilda Ceric, Mitglied des Bosniakischen Kulturzentrums in Frankfurt, berichtet begeistert von der Möglichkeit Professorin Dževada Šuško per Zoom am 12. Mai um 14 Uhr direkt aus Sarajewo zuzuschalten. „Sarajewo ist fast ein europäisches Jerusalem. Sie kann in diesen Schauplatz historischer und gegenwärtiger interreligiöser und interkultureller Begegnung einführen.“

Auf vielerlei Weise wird das Zelt vieles als etwas Positives und Kreatives erlebbar macht. So empfiehlt ein weiteres Mitglied aus dem Vorbereitungskreis, Ertugrul Sahin, den interkulturellen Musik-Workshop zum Mitmachen, den der Chasan Daniel Kempin vom Egalitären Minjan Frankfurt und Mehmet Ungan, Muslim und Leiter der Orientalischen Musikakademie Mannheim, am Montag, 10. Mai, um 14 Uhr im Livestream anbieten.

Dass auch Jugendliche nicht zu kurz kommen werden, zeigt die Projektstelle „Glaube.Gemeinsam.Gestalten“ zur Förderung Interreligiöser Begegnung aus dem Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau mit ihrem Lila Sofa am Montag, 10.Mai, um 19 Uhr. Mike Josef, Frankfurter Dezernent für Planen und Wohnen, der im Alter von vier Jahren mit seinen Eltern, die zu einer christlichen Minderheit gehörten, von Syrien aus nach Deutschland kam, diskutiert am 11. Mai, ab 19 Uhr, bei der Aktion „Ich bin dabei“ im Dialogzelt mit Ismael Tipi, hessischer Landtagsabgeordneter, sowie Charlotte Njifoukon, Vorsitzende von Kone, einem in Frankfurt ansässigen Netzwerk für Frauenengagement in Kamerun und Deutschland, über Möglichkeiten der Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund. Moderieren wird die Runde Carmen Colinas vom SWR.

Eröffnet wird das Zelt am Sonntag, 9. Mai, um 12 Uhr von der Frankfurter Integrations- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber. Danach folgt ein multireligiöses Gebet. Sarah Wohl, Geschäftsführerin des Rates der Religionen und ebenfalls im Vorbereitungskreis, freut sich auf diesen multireligiösen geistlichen Start im Zelt. „Das ist nur der multireligiöse Anfang. Schon am Sonntagabend folgt ein ökumenischer Gottesdienst. Es gibt ein jüdisches Morgengebet, ein islamisches Gebet zum Fastenbrechen und eine buddhistische Meditation. In unserem Zelt haben alle Religionen auch einen geistlichen Raum gefunden.“ Die vier Tage schließen mit einem Ramadanfestgruß bekannter Frankfurter, wie Oberbürgermeister Peter Feldmann und HR-Intendant Manfred Krupp.

„Das Zelt lädt ein zum Diskutieren und Musizieren, zum Beten, Lachen, solidarischen Schweigen und neugierigen Entdecken – und wer sich nicht an einem Zoom-Meeting beteiligen, in einen Livestream einschalten oder einen Film anklicken möchte, kann immer noch die digitalen Ausstellungen genießen. Sie entführen in den Nahen und Fernen Osten, auf den Balkan und zurück in die heimatliche Vielfalt Frankfurts“, so beschreibt Susanna Faust Kallenberg die Vielfältigkeit des Zelts.

Ertugrul Sahin, Universität Heidelberg, bis 2019 Lehrtätigkeit in Religionswissenschaft und Islamisch-Theologischen Studien an der Goethe-Universität, fasst das Grundmotiv so zusammen: „Das Dialogzelt schafft Barrierefreiheit und ermöglicht das unbefangene Gespräch. Es gehört uns allen, allen Interessierten und Beteiligten. Wir alle sind Gastgeber:innen und Gäste zugleich. Das Zelt ermuntert alle am Dialog mit Interessierten zu weiteren Ideen und Formaten und zu eigenen Initiativen teilzunehmen. Auf dieser Grundlage ist diese Vielfalt an Veranstaltungen – Workshops, Ausstellungen, Filme, Podiumsdiskussionen und vieles mehr – entstanden.“

Wer sich dazu zu Hause noch ein passendes Getränk mixen will, findet auf der Internetseite www.unter-einem-zelt.de nicht nur sämtliche Veranstaltungen, sondern auch ein Rezept für einen alkoholfreien Cocktail, mit Ingredienzen, die in vielerlei Religionen eine Rolle spielen.


Träger der Projektinitiative Dialogzelt sind:

Evangelische Kirche Frankfurt und Offenbach, Katholische Stadtkirche Frankfurt, Rat der Religionen Frankfurt, GCJZ Frankfurt, Jüdische Volkshochschule Frankfurt, Jüdische Gemeinde Frankfurt, Zentralrat der Muslime in Hessen, DITIB Hessen, BKC Frankfurt, Zentrum der Islamischen Kultur Frankfurt e.V., GCJZ Wetterau, Christlich-Islamischer Arbeitskreis Hausen-Rödelheim, Interreligiöses Forum Bahnhofsviertel, Tibet-Haus, Sokka Gakkai International-Deutschland, Evangelisches Dekanat Dreieich-Rodgau Projekt: „Glaube.Gemeinsam.Gestalten – Projektstelle zur Förderung interreligiöser Begegnung, Evangelisches Dekanat Mainz, Aktion Ich bin dabei, Resonanz Körper e.V., Punggyeong Weltkulturenverein.

Gefördert wird das Dialogzelt von:

Dr. Buhmann-Stiftung für interreligiöse Verständigung | Weißt du, wer ich bin? Das Projekt der drei großen Religionen für friedliches Zusammenleben in Deutschland | Bundesministerium des Inneren für Bau und Heimat | Deutsche Islamkonferenz | Abrahamisches Forum Deutschland | Amt für Multikulturelle Angelegenheiten Frankfurt | Evangelische Kirche Frankfurt und Offenbach | Katholische Stadtkirche Frankfurt | Jüdische Volkshochschule Frankfurt | Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Frankfurt | Hessische Landeszentrale für politische Bildung


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