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Vortragsreihe der polytechnischen Gesellschaft über Religion, Staat und Aufklärung

Die Polytechnische Gesellschaft in Frankfurt widmet sich in einer aktuellen Vortragsreihe dem Verhältnis von Religion, Staat und Aufklärung. Glaubensdinge sind zwar etwas sehr Persönliches. Im Sinne der Ratio aber soll über zunehmende auch religiöse Heterogenität der Frankfurter Stadtgesellschaft debattiert werden.

Foto: Robert Koorenny / unsplash.com
Foto: Robert Koorenny / unsplash.com

Der Verein Polytechnische Gesellschaft in Frankfurt hat eine lange Tradition. Seit mehr als 200 Jahren engagieren sich sogenannte Polytechniker in zivilgesellschaftlichem Sinne: Schulgründungen, Gewerbefreiheit, Kunst und Kultur, Wissenschaft und Soziales. Der durchaus liberal geprägte Geist der Organisation widmet sich nun einer Frage, die bewegt: Welche Bedeutung haben die christlichen Kirchen aktuell und in Zukunft und was verstehen wir heute unter dem Begriff Religion?

Der zum Ende des vergangenen Jahres neu gewählte Präsident Volker Mosbrugger möchte mit der Vortragsreihe „Religion Staat Aufklärung“ eine breitere Aufmerksamkeit auf akut Interessantes, mitunter Kontroverses lenken und plädiert für eine Streitkultur innerhalb der Stadtgesellschaft ganz im Sinne der Worte von Frank-Walter Steinmeier: Man müsse wieder streiten, ohne Schaum vor dem Mund zu haben.

Bei dem Thema Religion, zunehmender Heterogenität unserer Gesellschaft und dem Schwinden der Bedeutung der christlichen Kirchen könnte das unter Umständen schwierig werden. Die Besucherinnen und Besucher bei den ersten beiden Vorträgen der Reihe, die sich mit der Institutionalisierung des Islam in Deutschland beschäftigen, sind im Altersdurchschnitt 50 Jahre und älter.

Am ersten Abend mit Rudolf Steinberg geht es viel um Integration, Bildung, Mehrheitsgesellschaft, Moscheen, die aus dem Ausland finanziert werden, um die Scharia und die damit verbundene Auslegung des Koran und letztlich um die Möglichkeit einer Implementierung der islamischen Religion in das hiesige Wertesystem. Der Verfassungsrechtler und ehemalige Präsident der Goethe-Universität vertritt die Ansicht, dass sich die Moscheen bei ihrem Institutionalisierungsprozess keinesfalls an den christlichen Kirchen orientieren sollen: Die katholische Kirche habe sich zuletzt wegen zahlreicher Missbrauchsfälle diskreditiert, die evangelische Kirche – so ist es auch im Vorwort des Programms zur Vortragsreihe zu lesen – sei eher dem Zeitgeist ergeben und biete ebenfalls nicht die Orientierung, die viele Menschen suchen. Die Gruppe der Konfessionslosen wachse.

Das Publikum von Steinberg und des islamischen Religionswissenschaftlers Mouhanad Khorchide, der den zweiten Abend bestreitet, sieht allerdings so gar nicht nach Yoga, Vegan-Lifestyle, Bodycult oder Konsumopfern aus. In der anschließenden Diskussionsrunde war durchaus Kritisches zu hören. Dafür wurden in der anschließenden Diskussion viele Sorgen und Zweifel laut: Gewohntes, Bewährtes zu verlieren, einem rasenden Fortschritt vieler Lebensbereiche nicht mehr Stand halten zu können. Kommt auf uns mehr Islam, weniger Christentum zu?

Das muss nicht sein. Es ist eine Frage der Einstellung zueinander, zur Welt an sich und dem Glauben an einen alles liebenden Gott. Die Frage des Glaubens sollte keinesfalls auf Ethnokulturelles reduziert werden – das wäre erstens falsch und würde zweitens nur den Duktus der Neuen Rechten bedienen. Die Frage des Glaubens ist eine von Halt und Orientierung und die Bemühung um einen gemeinsamen Nenner.

Genau an diesem Punkt sind die christlichen Kirchen gefragt. Wir Christinnen und Christen können gestärkt und sicher aus unserem Glauben hervortreten und den Veränderungen dieser Welt gelassen entgegensehen. Nur als Gemeinschaft und mit gegenseitigem Respekt können wir in Frieden leben. „Zukunft entdecken“, das ist eine gute Idee, mit unserem Glauben, einer respektvollen Streitkultur und ohne Schaum vor dem Mund und gerne auch gemeinsam mit der Polytechnischen Gesellschaft Frankfurt.

Kommende Termine und Mitschnitte vergangener Vorträge hier.


Autorin

Angela Wolf 117 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.

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