Aktuelles

Winteraktion für Obdachlose dieses Jahr in der ehemaligen Kaufhof-Sportarena

Wohnungslose und Bedürftige trifft der Lockdown besonders hart. Sie finden keine Pfandflaschen mehr, erhalten keine Essensspenden von Restaurants, treffen kaum noch auf Passant:innen, die ein paar Münzen locker machen. Aber wenigstens gibt es auch in diesem Jahr die traditionelle Winterspeisung an der Hauptwache. Aus Hygiene- und Abstandsgründen findet sie allerdings nicht wie sonst in der Katharinenkirche statt, sondern im ehemaligen Kaufhaus gegenüber – noch bis 31. Januar.

Hilfe für Obdachlose auch im Corona-Winter: Tobias Sauerbier von Signa Real Estate, Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld, Helferin Julia Eckelhöfer von den Ultras der Frankfurter Eintracht und Pfarrer Olaf Lewerenz (v.l.n.r.) | Foto: Rolf Oeser
Hilfe für Obdachlose auch im Corona-Winter: Tobias Sauerbier von Signa Real Estate, Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld, Helferin Julia Eckelhöfer von den Ultras der Frankfurter Eintracht und Pfarrer Olaf Lewerenz (v.l.n.r.) | Foto: Rolf Oeser

Gerade weil Lockdown ist, war es dem Pfarrer für Stadtkirchenarbeit an St. Katharinen, Olaf Lewerenz, wichtig, auch dieses Jahr eine Winteraktion für arme und wohnungslose Menschen zu organisieren. Die Katharinenkirche an der Hauptwache kam aber wegen Abstands- und Hygieneregeln nicht in Frage. Deshalb machte er sich auf die Suche nach Alternativen: Könnte man nicht die leerstehende Etage des ehemaligen Kaufhauses gegenüber der Kirche nutzen? Zu seiner Freude war das Immobilienunternehmen „Signa Real Estate“ sofort offen dafür und stellt die Räumlichkeiten kostenlos zur Verfügung. Soziales Engagement gehöre „zur DNA des Unternehmens“, sagte Manager Tobias Sauerbier bei der Vorstellung der Winteraktion. „Unser Interesse endet nicht an der Immobiliengrenze, sondern gilt auch dem Quartier und der Stadt.“

Auf den rund tausend Quadratmetern – die doppelte Fläche der Katharinenkirche – lassen sich die Tische und Stühle mit gebührendem Abstand verteilen. Eine gute Lüftungsanlage gibt es auch. Der Raum lässt zudem einen abgeschirmten Bereich für Feldbetten und Isomatten zu. Einen Rückzugsort einzurichten, das lag Olaf Lewerenz besonders am Herzen, denn: „Ein warmer Platz zum Ausruhen ist für viele Wohnungslose fast wichtiger als das Essen.“

Der Pfarrer geht davon aus, dass den Gästen keine zeitliche Beschränkung auferlegt werden muss. Zwar dürfen nur maximal 50 Personen gleichzeitig zugegen sein, Lewerenz rechnet aber damit, dass deutlich weniger Menschen als üblich kommen werden. In den vergangenen Jahren habe man täglich 250 bis 300 Essen ausgegeben. Vermutlich blieben aber dieses Jahr viele Seniorinnen und Senioren fern, auch seien etliche aus Osteuropa stammende Besucher:innen wegen der Pandemie in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Zudem habe man die Öffnungszeit um eine Stunde verlängert.

Wie Olaf Lewerenz einräumt, ist der Aufwand dieses Mal ungleich größer, doch sei es für ihn und das Team keine Frage: „In dieser Situation sind wir mehr gefordert als sonst und dürfen nicht in unseren warmen Wohnungen sitzenbleiben. Man kann viel von Gottes Liebe predigen, wir setzen sie lieber um.“

Auch viele der ehrenamtlichen Stammhelfer:innen können dieses Jahr sicherheitshalber nicht mitmachen, da sie zur Risikogruppe gehören. Doch Julia Eckelhöfer hat für Ersatz gesorgt. Die 37 Jahre alte Speditionskauffrau kam durch das Eintracht-Fan-Projekt „Wir tragen den Adler im Herzen“ zur Winteraktion und gehört seit drei Jahren dem Leitungsteam an. Gewöhnlich sind immer 20 bis 25 „Ultras“ vor Ort, in diesem Jahr engagierten sich rund 40 dieser Eintracht-Fans. Sie werden unter anderem die eintreffenden Gäste an die Tische begleiten und ihnen ein warmes Essen und Getränke servieren.

Auch die Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld freut sich, dass die Winteraktion trotz der schwierigen Umstände auf die Beine gestellt wird. Sie ergänze die bestehenden Hilfesysteme „ausgezeichnet“, zumal die Frankfurter Innenstadt „der zentrale Aufenthaltsort für Wohnungslose“ sei. Vor allem wegen der Rückkehr von Osteuropäer:innen in ihre Herkunftstländer lebten in diesem Winter zwar rund 20 Prozent weniger Menschen auf der Straße. Dennoch habe die Stadt in der B-Ebene am Eschersheimer Turm Schlafplätze für etwa 90 Personen eingerichtet sowie Hotels angemietet, in denen 425 Notübernachtungsbetten zur Verfügung stehen. Diejenigen, die in keine Unterkunft möchten, statte der Kältebus mit Isomatten, Schlafsäcken und heißten Getränken aus. Gegenwärtig seien das rund 150 Menschen. „Ich bin dankbar, dass in Frankfurt seit langem niemand mehr erfrorenen ist“, sagte Birkenfeld.

Weil dies früher wiederholt geschehen ist, hat die Katharinenkirche im Januar 1987 ihre Tür für Wohnungslose geöffnet, erinnerte Pfarrer Lewerenz an die Anfänge der Winteraktion. Angefangen hat es mit heißer Suppe und vier Ehrenamtlichen, im Lauf der Jahre hat sich das Angebot professionalisiert. Möglich war das Dank finanzieller Unterstützung vor allem der Heinz und Gisela Friedrichs-Stiftung, einiger Unternehmen und Einzelspendern sowie dem inzwischen rund 30-köpfigen Team von Helferinnen und Helfern.

Noch bis zum 31. Januar findet die Winteraktion im Gebäude der früheren Karstadt Sportarena, direkt gegenüber der Katharinenkirche an der Hauptwache, statt. Wohnungslose und arme Menschen erhalten hier täglich von 11.30 bis 16 Uhr ein warmes Essen, belegte Brote sowie Kaffee und Kuchen. Geöffnet ist bis 17 Uhr.


Autorin

Doris Stickler 76 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.

0 Kommentare

Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.

Artikel kommentieren

Wir freuen uns, wenn unsere Beiträge zu Diskussion und Austausch beitragen. Dabei bitten wir, auf angemessene Umgangsformen zu achten und die Meinung anderer zu respektieren. Bei Verstößen gegen unsere Netiquette-Regeln behalten wir uns vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.

Errechnen Sie die Summe der dargestellten Zahlen
Captcha =