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Zum Tod des früheren Zeilsheimer Pfarrers i.R. Horst Nickchen

Ein „Menschenfischer in der Taunusblickgemeinde": Ulrich Matthei, bis Frühjahr 2022 Pfarrer in Zeilsheim und in den Neunzigern Kollege, würdigt den Verstorbenen.

Horst Nickchen I Fotos privat, Grafik Felix Volpp
Horst Nickchen I Fotos privat, Grafik Felix Volpp

Die Zeilsheimer Gemeinde trauert um ihren ehemaligen Pfarrer Horst Nickchen, der am 9. Oktober 2023 im Alter von 87 Jahren nach langer, schwerer Krankheit in Meschede verstarb. Geboren wurde er am 2. Juni 1936 in Lähn (dem heutigen Wle'n) im früheren Niederschlesien (jetzt Polen) am Fuße des Riesengebirges. Dort wuchs er zusammen mit seinen sieben Geschwistern in seiner Familie auf. Es folgte der Zweite Weltkrieg und so flüchtete die Mutter mit ihren Kindern bis in das Hochsauerland nach Freienhohl, einem Ortsteil von Meschede. Nach der Beendigung seiner Schulzeit erlernte er den Beruf des Gärtners. Damals bereits notierte er: „Ich will Pfarrer werden!“.

Allerdings vergingen dann einige Jahre, in denen er Diakoniewissenschaft studierte und ein berufsbegleitendes Bibelstudium absolvierte. Er kam nach Frankfurt-Seckbach und beendete erfolgreich sein Vikariat. Anschließend arbeitete er als Pfarrdiakon in Frankfurt-Schwanheim. Nachdem in der Taunusblickgemeinde die frühere (und erste) Gemeindepfarrerin Waltraud Hübner 1977 in die Krankenhausseelsorge nach Wiesbaden wechselte, war der Kirchenvorstand auf der Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Es „sei einer glücklichen Fügung zu verdanken“ (so der frühere Vorsitzende Joachim Lellek), dass Horst Nickchen 1979 seinen pastoralen Dienst in der Taunusblickgemeinde beginnen konnte. Die „Heimatkirche“ wurde für ihn zu seiner Kirche und die Gemeinde zu seiner großen Familie.

„Er kam, sah und blieb“, so erinnert sich Heinrich Rabenstein noch gern an ihn, denn er wohnte die ersten Monate bei ihnen, weil es zunächst kein Pfarrhaus gab. Schon bei seinem Vorstellungsgottesdienst mussten noch zusätzliche Stühle im Kirchraum aufgestellt werden. Es geschah ein kleines Wunder: Auch in den nächsten Wochen kamen regelmäßig rund 80 Personen zum Gottesdienst. Was war sein Geheimnis? Er ging auf die Menschen zu! So wie die Zuwendung Gottes in Jesus Christus geschah, so wandte er sich den Menschen in seiner Gemeinde zu. Er besuchte die Menschen – ob zuhause oder im Krankenhaus – und lud sie zum „Gegenbesuch“ in seine Kirche ein. Besonders bei den älteren Menschen war er beliebt, weil er die besondere Gabe besaß, mit einfachen Worten die Menschen anzusprechen.

Die Kirchengemeinde war wie eine „Vereinskirche“ perfekt organisiert: Vom Kindergottesdienst mit 60 Kindern, über den Handarbeitskreis bis zu seinem Seniorenkreis, für den er regelmäßig an jedem Mittwoch im Anschluss die Senioren und alle Interessierten zu einer Andacht einlud.

Seinen Urlaub verbrachte er als „Reisepfarrer“ mit seinen Gemeindegruppen jährlich in Israel bzw. Jordanien oder in Schlesien. Weitere Reiseziele folgten. Auch bei Ausflugsfahrten war er präsent und hielt regelmäßig eine Andacht.

Für mich bleibt es ein Rätsel, wie er es immer wieder schaffte, „ein volles Haus und eine gute Kollekte“ zu haben. Er bot den Menschen in seiner Heimatgemeinde eine Gemeinschaft an, die sie als Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen „Ostgebieten“ vermissten. Seine Gottesdienste waren genau auf diese Zielgruppe abgestimmt. Er war es, der als erster Prediger im Frankfurter Westen die Christmette vor Mitternacht erfolgreich einführte: Die Krippe baute er selbst auf und er gestaltete liebevoll den Blumenschmuck im Altarraum. Über viele Jahre hinweg sang Heinz Marosch von der Zeilsheimer Thalia die Weihnachtslieder.

Ruhe fand Nickchen, wenn er mit seiner Schäferhündin Britta durch die Felder in den Taunus lief. So sehr er die Berge vermisste, so sehr fühlte er sich dennoch in seiner Gemeinde wohl. In den letzten Jahren spürte er, dass die älteren Gemeindeglieder nicht mehr so zahlreich in seine Kirche kamen und viele Jüngere keinen Bezug mehr zur Gemeinde hatten. Bereits 1998 ging er vorzeitig in seinen wohlverdienten Ruhestand. Da er in Zeilsheim wohnen blieb, freute er sich, wenn er Freunde und Bekannte traf und weiterhin seine Seniorenfahrten mit dem Busunternehmer Müller durchführen konnte.

Bereits ein Jahr nach seinem Ruhestand wurden die Gemeinden Taunusblick und Friedenau fusioniert und seit 2013 gibt es zusammen mit der evangelischen „Colonie“ eine gemeinsame Kirchengemeinde für ganz Zeilsheim. Sein Wunsch, die Heimatkirche in der Rombergstraße möge als Kirche erhalten bleiben, erfüllte sich, weil das Kirchengebäude von einer rumänisch-freikirchlichen Gemeinde als Gotteshaus übernommen wurde.

Ende Oktober wird er im Friedwald seiner Heimat beigesetzt werden. Unsere Gedanken sind in dieser Zeit bei seiner Schwester und seinen Angehörigen. Möge er schauen, was er geglaubt hat: „Fürchte dich nicht; denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.“ (Jes. 43,1)

Autor: Pfarrer i.R. Ulrich Matthei


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