Zugespielt ... - Kolleginnen und Kollegen im Porträt

Kapitulieren ist keine Lösung

Pfarrerin Stefanie Brauer-Noss ist seit 1. Februar für den Dekanatsbereich Nord-West des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach zuständig. Zuvor war die 43 Jahre alte Westfälin sieben Jahre lang Gemeindepfarrerin in Bornheim.

„Unter Druck“ ist ihr Ding. Pragmatisch und empathisch geht die 43 Jahre alte Westfälin Herausforderungen an.  / Foto: Rolf Oeser
„Unter Druck“ ist ihr Ding. Pragmatisch und empathisch geht die 43 Jahre alte Westfälin Herausforderungen an. / Foto: Rolf Oeser

Warum sind Sie Pfarrerin geworden?

In Theologie und Kirche lernt man, dass die Welt nicht nur einfache Antworten hat. Das Leben ist vielfältig und bietet immer neue Chancen und Herausforderungen. Etwas zu tun, was auch meinem Leben Sinn gibt, das liebe ich an meinem Beruf.

Was zeichnet Sie aus?

Pragmatismus. Ich bin mit ganzem Herzen Pfarrerin. Mit ganzem Herzen bin ich aber auch Mutter von drei Kindern. Um Amt und Familie unter einen Hut zu bekommen, muss man situativ Entscheidungen fällen und Dinge auch mal lassen können.

Was können Sie denn gut lassen?

Den Haushalt! Im Ernst, das ist das, was dann manchmal auf der Strecke bleibt. Es ist ein Balanceakt. Mein Mann ist auch Theologe in der EKHN, und beruflich sind wir manchmal auch abends weg. Wir achten aber darauf, dass es auch genug Familienzeit gibt. Das klappt nur, weil unsere Kinder sehr selbstständig sind, wir Erwachsenen uns alle Familienaufgaben hälftig teilen und gut organisiert sind. Ein gemeinsamer digitaler Terminkalender ist jetzt eingerichtet.

Hilft der Pragmatismus auch beruflich?

Ich denke schon. Bei der momentanen Aufgabe aus unseren 60 Kirchengemeinden in Frankfurt und Offenbach bis 2027 zehn Nachbarschaftsräume zu bilden mit allem, was auch an Einschnitten notwendig ist, da ist es hilfreich, sich auf das Wesentliche und Machbare zu konzentrieren. Ich verstehe die Sorgen und Befürchtungen der Haupt- und Ehrenamtlichen und anderen Gemeindemitgliedern gut, aber erinnere auch daran, dass das für viele als Prozess nichts Neues ist. Die meisten Kirchengemeinden haben bereits eine Fusion bewältigt. Wir erfinden das Rad nicht neu. Ich ermutige dazu, nicht aus der Angstperspektive zu handeln, sondern mit positiver Kraft die Zukunft der evangelischen Kirche zu gestalten.

„Unter Druck“ heißt auch Ihre Doktorarbeit.

Mich hat schon immer interessiert, wie Veränderungsprozesse in der Kirche aus Leitungssicht zu bewältigen und zu steuern sind. Als Prodekanin steht mein Wissen und Interesse nun auf dem Prüfstein. Jetzt bin ich mittendrin im Druck und muss konkret agieren.

Wie ist denn Ihre Vision?

Dass wir momentan keine aufsteigende Entwicklung vor uns haben, ist, denke ich, allen klar. Die Aufbau-Zeiten der Nachkriegsjahrzehnte sind vorbei und es braucht einen angemessenen, realistischen Rückbau – auch vom Gebäudebestand. Aber es geht ja weiter. Wir als Kirche werden in Deutschland immer eine Rolle haben.

Was stimmt Sie persönlich glücklich?

Wenn ich in echtem und nettem Kontakt bin, gute Gespräche habe. Vom Schreibtisch zieht es mich daher schnell wieder raus auf die Fläche zu den Menschen.

Wobei können Sie gut entspannen?

Zum Beispiel bei historischen Serien wie „The Marvelous Mrs. Maisel“. „Bridgerton – Staffel 3“ ist auch seit Kurzem erschienen. Ich muss nur aufpassen, dass ich dann nicht zu spät schlafen gehe – so nach dem Motto: „Komm, eine geht noch!“

Wohin geht die Reise diesen Sommer?

Mit dem Wohnmobil nach Südfrankreich. In einen kleinen Ort zwischen Meer und Bergen. Ansonsten lassen wir uns treiben.


Autorin

Sandra Hoffmann-Grötsch ist Journalistin in der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Frankfurt und Offenbach.