Zugespielt ... - Kolleginnen und Kollegen im Porträt

"Trauerreden sind mein Ding"

Michael Mehl arbeitet seit 2017 als Pfarrer für Ökumene beim Evangelischen Stadtdekanat. Er ist zuständig für die internationalen evangelischen und orthodoxen Gemeinden in Frankfurt und Offenbach sowie für die Ghanapartnerschaft.

Michael Mehl
Michael Mehl

Ihr Weg zum Pfarrer war eher „kurvig“ – erzählen Sie mal.
Mehl: Ich bin ein typisches Kind der 70er Jahre. Nach dem Abi reparierte ich mit einem Freund in einer Scheune Fahrräder. Wir verkauften die recycelten Räder dann. Eine Art „Start-up“ unserer Zeit. Wir gingen auch zu Haushaltsauflösungen und verkauften auf Flohmärkten. Ich war sozusagen im „grauen Markt“ tätig zu dieser Zeit. Ich war Anfang 20. Dann starb meine Mutter.

Welche Auswirkungen hatte das auf Sie?
Mehl: Meine Mutter war alleinerziehend mit uns drei Kindern. Ich war also zwangsläufig immer schon recht selbstständig. Ich nahm mir dann eine Auszeit und ging auf Reisen. Ich hatte damals einen einfachen Lebensstil und brauchte nicht viel Geld. In Schottland lebte ich eine Zeit lang in einer spirituellen Kommunität für junge Leute. Dort beschloss ich, Theologie zu studieren. In diesem Studium entdeckte ich die Bibel für mich.

Und Pfarrer in Schottland, wie kam das?
Mehl: Ich bin anglophil: Ein Jahr Schüleraustausch in England, später meine Reisen und schließlich mein Studium in Schottland. Das Klima dort liegt mir. 2005 ging ich mit meiner Frau, die auch Pfarrerin ist, und unserem damals 8-jährigen Sohn dorthin. Zehn Jahre lebte und arbeite ich als Pfarrer in Schottland, dann kamen wir zurück. Aber mein Sohn blieb dort zum Studium. Jetzt kommt auch er zurück.

Wie haben Sie das Essen dort ausgehalten?
Mehl: (lacht) Der Ruf ist schlechter als die Realität. Ich bin sogar ein richtiger Porridge-Fan geworden. Man kann es auf hundert Arten zubereiten.

Welche Gabe haben Sie?
Mehl: Ich kann gut Traueransprachen halten. Überhaupt der Umgang mit Texten liegt mir, auch in meinen Predigten.

Ist das Ländliche ihr Ding?
Mehl: Die Landgemeinde war in vielerlei Hinsicht toleranter als die städtische später. Allerdings ist es immer ein Nähe-Distanz-Dilemma. Man sollte offen und den Menschen in der Gemeinde nah sein, sich jedoch auch nicht im Namen anderer Interessen vereinnahmen lassen. Duzen oder gar enge Freundschaften mit Gemeindemitgliedern waren für mich daher tabu. Pfarrer ist ein einsamer Job.

Steckt ein bisschen Gaukler in Ihnen?
Mehl: Das stimmt. Systematik ist nicht meine Stärke, aber ich kann mit drei Bällen jonglieren. Das habe ich mir von den Straßenkünstlern in Edinburgh abgeguckt. Von denen habe ich so Manches gelernt und ich lebe auch sehr auf die Gegenwart bezogen.