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Lesen und Umgang mit der Gruppe lernen – beides ist wichtig

Der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit fängt an, in Offenbach auch Fuß zu fassen. Kinga Derecskey-Sciortino, zuständig für Nachmittagsbetreuung bei dem Träger, ist stolz auf das, was Miriam Wüst und ihre Mitarbeitenden in der Mathildenschule aufgebaut haben.

Essensduft liegt in der Luft: Edelstahlschalen mit Püree, Spinat und Fischstäbchen stehen um kurz vor zwölf am Tresen bereit. Die erste Mittagsessenschicht macht sich auf dem Flur der Mathildenschule bemerkbar, vor allem Erst- und Zweitklässler trudeln ein. Bis zur vierten Klasse bietet der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit in Frankfurt und Offenbach Ganztagesbetreuung im Grundschulzweig der Mathildenschule, für Fünft- bis Siebtklässler gibt es in der gleichfalls auf dem Areal ansässigen Integrierten Gesamtschule Hausaufgabenbetreuung.

2019, als es zum Zusammenschluss der evangelischen Dachorganisationen zu einem Evangelischen Stadtdekanat Frankfurt und Offenbach kam, übernahm der Evangelische Verein für Jugendsozialarbeit in der Nachbarstadt das Projekt „Tilda“, ein kleines Betreuungsangebot für Kinder des Grundschulzweigs an der Mathildenschule, untergebracht in Räumen der Evangelischen Mirjamgemeinde. Das Familienzentrum Zion war gemeinsam mit dem früheren evangelischen Dekanat Offenbach und der Diakonie Träger dieses Angebots sowie des Interkulturellen Mittagstischs mit Hausaufgabenbetreuung, Aus diesen beiden Projekten entstand das heutige Ganztagsangebot „Tilda“ an der Mathildenschule in Trägerschaft des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit. In Frankfurt unterhält der Verein rund 30 Projekte an Schulen, von der Betreuung bis zur Jugendhilfe in der Schule.

„Seit Januar 2019 sind wir hier“, berichtet die Koordinatorin des Ganztagsangebots und der Hausaufgabenhilfe an der Mathildenschule, Miriam Wüst. Kinga Derecskey-Sciortino, Arbeitsbereichsleiterin Erweiterte Schulische Betreuung (ESB) und Ganztagsbetreuung des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit, ist stolz darauf, dass in Corona-Zeiten die Zahl der Plätze für die Nachmittagsbetreuung von 30 auf 120 erweitert werden konnte, im kommenden Schuljahr sollen es 150 werden. Wenn die Schulbauerweiterung fertig ist, hoffen sie, eine ganze Etage beziehen zu können.

Nach den Anfängen in Räumen der Evangelischen Mirjamgemeinde wollte die Mathildenschule rasch die Angebote für die Schülerinnen und Schüler auf ihrem Gelände haben. Die Frage war nur wo? Es musste improvisiert werden. Das Essen gab es lange in einem fensterlosen Raum. Inzwischen fällt Tageslicht hinein. Die Fugen vom Fensterbau sind noch unverputzt, Hauptsache, die Kinder bekommen Licht und Frischluft.

In Anbetracht des Andrangs wird in Schichten gegessen in dem Kantinenraum. Anschließend verteilen die Kinder sich, um 13.30 Uhr wird die Anwesenheit für die Hausaufgabenbetreuung der Fünft- bis Siebtklässler kontrolliert. Ein Sozialarbeiter im Anerkennungsjahr und Studierende helfen beim Erledigen der Aufgaben.

Nachgefragt sind die Fächer in folgender Reihenfolge: Deutsch, Englisch, Mathe. Deutsch liegt weit vorn, „wir haben hier Kinder aus 70 Nationen“, erzählt Wüst. Großteils seien sie in Deutschland geboren, doch zu Hause sei Deutsch nicht unbedingt die Umgangssprache. Anders als in „normalen Zeiten“ hätten während der Pandemie deutlich mehr Kinder nach der ersten Klasse Schwierigkeiten beim Einstieg ins Lesen. Da individuell zu helfen, sei eine zentrale Aufgabe.

Bis Ende Januar 2023 finanzieren Sondermittel aus Corona-Fonds einen Teil der Arbeit des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit in der Mathildenschule. Derecskey-Sciortino, Soziologin und Pädagogin, setzt darauf, dass durch den für 2026 beschlossenen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung langfristige Lösungen gefunden werden. Das sei auch im Sinne der Lehrkräfte: „Die freuen sich, wenn ein Kind noch nachrückt.“

Nicht alle Jungen und Mädchen kommen von Montag bis Freitag zur Hausaufgabenbetreuung, viele sind nur für drei oder auch vier Tage angemeldet. Ob Sport, besondere Förderung, die Kalender der Kinder geben oft nicht mehr her. Und trotzdem reicht das Angebot kaum, um den Bedarf an Plätzen zu decken. Und da geht es nicht nur um die Bewältigung des Lehrstoffs.

Sich nach dem Essen auf dem Hof zu tummeln, im Anschluss an die erledigten Hausaufgaben mit anderen zu spielen, bevor die Eltern, meist sind es die Mütter, vor der Tür stehen, ist für die Grundschulkinder, aber nicht nur für sie, wichtig.

Einen Ort fürs Zusammensein mit Gleichaltrigen zu haben, sei in den vergangenen zweieinhalb Jahren noch mal wichtiger geworden, betont Wüst, die Erziehungswissenschaften studiert hat, aber sagt, „ich würde mich als Sozialpädagogin bezeichnen“. Die Zensuren sind das eine, „Wie verhalte ich mich in einer Gruppe?“, „Wie halte ich so einen langen Tag aus?“– da den Kindern zu mehr Sicherheit zu verhelfen, ist Wüst mindestens so ein Anliegen wie die schulische Unterstützung.