Ethik & Werte

An oder aus? Weihnachtsbeleuchtung im Jahr der Energiekrise

Künstliche Weihnachtsbeleuchtung in Fußgängerzonen, an Häusern und Kirchen gehört zum Fest, wie die Geschenke unterm Baum. Aber ist sie in Zeiten der Energiekrise noch moralisch vertretbar?

Weihnachtsmarkt in Offenbach. Die Aufnahme entstand "vor Corona" im Jahr 2018. | Foto: Rolf Oeser
Weihnachtsmarkt in Offenbach. Die Aufnahme entstand "vor Corona" im Jahr 2018. | Foto: Rolf Oeser

Aufwändig beleuchtete Fußgängerzonen, kreativ dekorierte Fenster, festlich geschmückte Bäume: Für viele Menschen macht genau das die Weihnachtszeit so besonders. Ein Dezember ohne Lichterketten? Kaum vorstellbar! Außerdem sind manche Dinge einfach zu schön, um sie bleiben zu lassen: Die Illumination des Turms der Sachsenhäuser Osterkirche gehört für den Kirchenvorstand der Maria-Magdalena-Gemeinde dazu. Der wohl größte Weihnachtsbaum Hessens soll auch in diesem Jahr in Frankfurt-Sachsenhausen an der Mörfelder Landstraße erstrahlen. Der „Christbaum-Turm“ misst 34 Meter und ist mit immergrünem Efeu bewachsen, nach oben läuft er spitz zu. 2021 hat ihn die Gemeinde erstmals hell geschmückt zur Adventszeit, zwischen 30 Zentimeter und 1,20 Meter große Sterne und Lichterketten erstrahlten warmweiß in dunklen Winternächten. „Wir finden das auch in diesem Jahr vertretbar, weil die ganze Lichterkette aus LEDs besteht“, sagt Hans Michaelis, der Kirchenvorstands-Vorsitzende. Die Entscheidung wurde durchaus reflektiert getroffen: „Die Energie, die wir dafür benötigen, ist vergleichbar mit der halben Leistung eines Wasserkochers“, hat er berechnet. Außerdem solle eine Zeitschaltuhr zum Einsatz kommen, nach 22 Uhr versinkt der Kirchturm wieder im Dunkel.

Ist das vertretbar? Das Thema Weihnachtsbeleuchtung im öffentlichen Raum wird angesichts der Energiekrise überall kontrovers diskutiert, auch in den Kirchengemeinden. Die Deutsche Umwelthilfe weist darauf hin, dass die Lichter zum Fest jährlich mehr Strom verbrauchen als mittelgroße Städte. Wird der Verzicht, wie kaltes Duschen, zumindest ein wenig helfen, die Energiekrise zu lösen? Oder geht es eher um das mächtige Zeichen? Um ein Zeichen, dass die Krisen dieser Welt uns etwas angehen und dass unser Handeln Konsequenzen hat? Ist denn unser Seelenheil wirklich von künstlich erleuchteten Städten abhängig? Klar, schön machen kann man es sich zu Weihnachten auch ohne Elektrizität. Man kann Teelichter anzuzünden, Strohsterne aufhängen, Weihnachtslieder singen oder welchen lauschen. Andererseits, Weihnachten ist nur einmal im Jahr, und Licht gibt Hoffnung. Und wie viel mehr Energie wird verbraucht, wenn fast alle Menschen ihre Weihnachtsgeschenke online bestellen und sie sich liefern lassen, weil sie keine Lust auf dunkle Innenstädte haben? Ist ausgeschaltete Weihnachtsbeleuchtung ein Zeichen für mehr Nächstenliebe?

Für Hans Michaelis gehört das Thema Energiesparen sowieso nicht nur in die Weihnachtszeit: „Wir haben in unseren Kirchen und Gemeindehäusern intensiv nach Glühlampen gesucht, und alle durch LED-Lichter ausgetauscht. So lassen sich 90 Prozent der Energie einsparen.“


Autorin

Anne Lemhöfer 139 Artikel

Anne Lemhöfer interessiert sich als Journalistin und Autorin vor allem für die Themen Kultur, Freizeit und Gesellschaft: www.annelemhoefer.de

0 Kommentare

Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.

Artikel kommentieren

Wir freuen uns, wenn unsere Beiträge zu Diskussion und Austausch beitragen. Dabei bitten wir, auf angemessene Umgangsformen zu achten und die Meinung anderer zu respektieren. Bei Verstößen gegen unsere Netiquette-Regeln behalten wir uns vor, Kommentare nicht zu veröffentlichen.

Mit * markierte Felder sind Pflichtfelder.

Errechnen Sie die Summe der dargestellten Zahlen
Captcha =