Draußen schlafen: Im Sommer leben auch Wohnungslose entspannter
Frankfurt ist im Sommer eine veränderte Stadt. Die Mainufer sind belebt, die Kneipen, Bars und Restaurant auf der Straße sowieso. Im Sommer wird aber auch das Ausmaß von Obdachlosigkeit in Frankfurt und Offenbach deutlicher als sonst: Unter Brücken und in den Parks werden kleine, persönliche Räume eingerichtet. Nicht groß, mit wenig Habseligkeiten.
Für Menschen ohne Obdach ist der Sommer eine entspanntere Zeit. Die Gefahr des Erfrierens in der Nacht geht gegen Null. Schlafen kann man jetzt fast überall. Auf Bänken, unter Brücken. Eine Isomatte und ein Schlafsack sind völlig ausreichend. Roma- und Sintigruppen waschen Kleidungsstücke auch mal im Ostparksee und legen alles zum Trocknen auf die Bänke des Parks. Während des Wartens auf trockene Kleidung wird geruht.
Sommer – die Leichtigkeit des Seins, auch für Menschen ohne festen Wohnsitz. Sie finden das zynisch? Nein. Menschen, die ohne Wohnung ihr Leben fristen, können im Sommer durchatmen. Sie haben keinen Stress mehr, in Notunterkünften unterkommen zu müssen. Sie haben Platz und irgendwie freie Wahl.
Viele derer, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind, in der Hauptsache Männer, schaffen es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht oder nicht mehr, in festen Strukturen ihren Platz zu finden. Es sind auch die gesellschaftlichen Verhältnisse, die solche Zustände hervorbringen: Leistungsdruck, Optimierungsdruck, Dazugehörigkeitsdruck – nicht alle können mithalten. Der schier unbezahlbare Wohnraum im Ballungsgebiet Rhein-Main ist dann noch das I-Tüpfelchen auf dem Ganzen.
Begegnen sollten wir Wohnungslosigkeit mit Respekt. Diese Menschen haben Achtung, Anerkennung und Zugehörigkeit verdient. Und Hilfe, wenn gewünscht, ebenfalls. Die vielen Angebote des Diakonischen Werkes und anderer Träger tragen zu einem Lebensentwurf mit Würde bei. Auch wer keine Wohnung hat, findet in Frankfurt hier und dort eine warme Mahlzeit, eine Dusche, eine Waschmaschine. Und das Wichtigste: Gesellschaft.
Obdachlose Männer und Frauen gehören dazu, sie sind Teil unserer Gesellschaft, und nicht Ausgeschlossene, die an den Rand gedrängt werden dürfen. Sie haben ein Recht auf ein würdevolles Leben, auch wenn sie es auf der Straße, unter der Brücke, in der B-Ebene führen. Und sie haben ein Recht auf Hilfe – so wie sie es wünschen.
Denken wir mal drüber nach, beim nächsten lauen Abend, den wir am Mainufer verbringen, wenn in der Nachbarschaft unser Mitmensch sein Schlafzimmer zur Nachtruhe richtet.
So hilft eine Streetworkerin Obdachlosen
Armut, Diskriminierung, Angst: Was es bedeutet, obdachlos zu sein
Thomas Adam erzählt vom Leben der Obdachlosen im Hauptbahnhof
0 Kommentare
Zu diesem Artikel wurden noch keine Kommentare verfasst. Schreiben Sie doch den ersten.