Ethik & Werte

Roboter, Cyborgs, künstliche Intelligenz: Wenn Mensch und Technik sich treffen

Sich morgens von einem Roboter die Haare waschen lassen, die Ärztin per Ferndiagnose konsultieren und sich danach das Exoskelett umschnallen, um draußen einen kleinen Spaziergang zu machen, während der Kühlschrank selbstständig seine Vorräte auffüllt und intelligente Maschinen die Fenster putzen: Sieht so unsere Zukunft aus?

Foto: AlienCat / Fotolia.com
Foto: AlienCat / Fotolia.com

Dass Technik im Alltag zum Einsatz kommt, ist nichts Neues. Seit Urzeiten benutzen Menschen Werkzeuge, um sich das Leben leichter zu machen. Doch noch nie wurde mit solchem Hochdruck daran geforscht wie heute. „Ambient Assisted Living“ ist das Schlagwort, unter dem intelligente As-

sistenzgeräte entwickelt werden, die schon bald überall zum Einsatz kommen könnten. Roboter und Kommunikationssysteme verheißen Lebensqualität auch bei körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Mit ihrer Hilfe könnten Menschen bald sehr viel länger als bisher ihren Alltag selbstständig bewältigen.

Einen Überblick über den Stand der Forschung und die aktuellen Diskussionen gab eine Veranstaltung in der Evangelischen Stadtakademie. Dabei wurde klar: Wenn sie richtig eingesetzt werden, können die meisten dieser Technologien positive Auswirkungen haben. Allerdings wäre es eine Illusion zu glauben, dass Maschinen zwischenmenschliche Nähe und Fürsorge ersetzen könnten.

„Wir werden dadurch nicht das Problem los, dass Menschen sich um Menschen kümmern müssen“, brachte es Arne Manzeschke auf den Punkt. Der Leiter der Arbeitsstelle „Ethik, Theologie und Anthropologie“ an der Uni Bayreuth betonte, dass technische Assistenzgeräte nicht per se ein Problem sind, sondern nur, wenn sie mit falschen Versprechungen und Erwartungen verknüpft werden. Etwa der, durch den Einsatz von Medizintechnik könne man menschliche Pflegearbeit einsparen. Zwar sei es gut, wenn der Einsatz von Robotern es Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen erlaubt, länger selbstständig zu leben. Doch wenn gleichzeitig „Selbstständigkeit“ ein Kriterium dafür sei, keinen Anspruch mehr auf menschliche Pflege zu haben, werde es problematisch, so Manzeschke. „Wir sollten bedürftige Menschen in ihrer Autonomie unterstützen, aber sie haben auch ein Recht auf Abhängigkeit und Fürsorge. Unterstützung kann auch anders aussehen, als nur dafür zu sorgen, dass jemand alles noch alleine machen kann.“

Das Angewiesensein auf andere und auf Beziehungen sei ein Grundmerkmal des Menschseins. „Die Idee, wer andere braucht, sei nicht mehr selbstständig, ist falsch“, stellte der Theologe und Ethiker klar. Eine andere Gefahr sieht Manzeschke in der Vernetzung der Daten. Denn Computer und Roboter entscheiden alles nur nach statistischen Normwerten: Liegen sie im grünen Bereich oder nicht? Menschen sind aber keine normierten Wesen, sondern Individuen. „Wo Menschen ihre Entscheidungskraft an autonome Systeme delegieren, besteht die Gefahr, dass dann eben nach systemischem und nicht mehr nach menschlichem Ermessen entschieden wird.“

Ganz ähnlich sieht das Barbara Klein, Professorin am Fachbereich für Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Frankfurt. Sie stellte eine Reihe von aktuellen Erfindungen vor (siehe Box unten), warnte aber gleichzeitig vor der Illusion, dass diese Geräte menschliche Zuwendung ersetzen können. „Man braucht immer eine Fachkraft, die beim Einsatz hilft.“

Vor allem aber wäre es falsch, Versprechungen zu glauben, dass durch möglichst viele Apparate und permanente Kontrolle ein sicheres und gutes Leben garantiert werden könne. „Vergänglichkeit, Leiden, Schmerz und Tod lassen sich nicht technisch-ökonomisch bearbeiten“, betonte Arne Manzeschke. Um mit solchen Lebensthemen fertig zu werden, braucht man Beziehungen und Gespräche mit anderen Menschen. Kein noch so guter Roboter der Welt wird das je ersetzen können.

Woran zurzeit geforscht wird

Telemedizin – Mit Hilfe von kleinen, an den Körper angebrachten Messgeräten werden zentrale Körperfunktionen gemessen und von Ferne überwacht. Stellt das Personal im Krankenhaus fest, dass die Werte in bedrohliche Bereiche geraten, kann zum Beispiel ein Pflegeteam geschickt werden, ohne dass die Betroffenen selbst den Notruf betätigen müssen.

Die Robbe – Roboterartige Kuscheltiere werden für den Einsatz mit Hochbetagten in Pflegeheimen entwickelt. Die alten Menschen können mit ihnen reden und vor allem schmusen. Sie reagieren, zittern, schnurren, bewegen die Augen. Vor allem der Aspekt der intensiven körperlichen Berührung ist hier wichtig. Denn unter dem Fehlen von zärtlichem Körperkontakt leiden pflegebedürftige Menschen sehr, vor allem, wenn sie von professionellen Kräften versorgt werden.

Exoskelette – Eine Art „externes Skelett“, das man sich umschnallt, und das dann die fehlende Muskelkraft unterstützt. Damit kann man zum Beispiel wieder Treppen steigen oder Getränkekisten schleppen.

Automatische Badewanne – Diese japanische Idee ermöglicht es Menschen, die Körperpflege ohne fremde Hilfe zu bewältigen. Man legt sich rein, und der Rest geht automatisch: Waschen, Trocknen und anschließendes Eincremen.

Trageroboter – Viele Pflegekräfte leiden an Rückenproblemen durch das dauernde Anheben der Menschen, die sie pflegen. Spezielle Roboter mit humanoidem Aussehen sollen das in Zukunft übernehmen.

Die Giraffe – Ein Gerät, mit dem man sich vielleicht bald schon beim Telefonieren nicht nur hören oder – wie beim Videochat – auch sehen kann, sondern mit dem man mobil ist: Die „Giraffe“, so der Name des schwedischen Produkts, kann sich durch die Wohnung der Angerufenen bewegen. Falls sich zum Beispiel die Enkelin aus der Ferne vergewissern möchte, dass die demente Großmutter den Herd auch wirklich ausgeschaltet hat.

Haushaltsroboter – Der bereits im Einsatz befindliche Staubsauger, der ganz alleine die Ecken findet, könnte bald Gesellschaft bekommen. Etwa von einem Fensterputz-Roboter oder einem Gerät, das man zum Kühlschrank schicken kann, wenn man etwas braucht. Solche Geräte sollen es ermöglichen, dass alte Menschen länger allein in ihrer Wohnung zurechtkommen.


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Antje Schrupp 227 Artikel

Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social