Ethik & Werte

Gerd Müller: „Wissen und Technologie für eine Welt ohne Hunger sind vorhanden“

Wie steht es weltweit um die Versorgung mit Lebensmitteln? Fragen an Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CDU).

Foto: MBZ Pool/Janine Schmitz/photothek.net
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Herr Müller, welchen Bedarf an Nahrungsmitteln gibt es weltweit?

Wir müssen uns klar machen: Die Weltbevölkerung wächst jedes Jahr um 80 Millionen Menschen – das ist die Größe Deutschlands. Afrikas Bevölkerung wird sich bis 2050 verdoppeln. Das zeigt die gewaltige Herausforderung, eine Welt ohne Hunger zu schaffen. Beim Kampf gegen den weltweiten Hunger waren wir auf einem guten Weg: Seit 1990 sank die Zahl der Hungernden um 200 Millionen, obwohl zwei Milliarden Menschen neu auf die Welt gekommen sind. Ein großer Erfolg. Aber in den letzten Jahren nimmt der Hunger wieder zu. Durch die Folgen der Corona-Pandemie fallen 130 Millionen Menschen zusätzlich in Hunger und Armut zurück. Das sind mehr Menschen als die Bevölkerung Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zusammen! Wir müssen diese Trendwende zum Negativen stoppen. Eigentlich müsste Welternährung das globale Top-Thema Nummer eins sein.


Welche Möglichkeiten sehen Sie, diesen Bedarf zu decken?

Das Wissen und die Technologie ist vorhanden, um eine Welt ohne Hunger zu schaffen. Was notwendig ist, sind der politische Wille und ein stärkeres Commitment der Industrieländer. Für eine Welt ohne Hunger bedarf es Investitionen von zusätzlich 40 Milliarden Euro pro Jahr durch die Weltgemeinschaft bis 2030. Das klingt viel, ist aber machbar. Für Rüstung und Militär geben die Staaten jedes Jahr 2000 Milliarden Euro weltweit aus. Leider gibt es Länder, auch europäische, die ihre Gelder für Entwicklungszusammenarbeit reduzieren. Auch die EU hat ihre Mittel gekürzt. Das ist inakzeptabel und kurzsichtig. Denn der Kampf gegen Hunger ist auch die beste Friedenspolitik.


Können lokale Initiativen wie Lebensmittelrettung einen Beitrag leisten?

Absolut. Ein Drittel aller Lebensmittel, die weltweit produziert werden, erreichen den Verbraucher nicht, während Millionen von Menschen in der Welt hungern! Mit lokalen Initiativen können auch wir in Deutschland einen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung und für eine gesunde Ernährung leisten. Vor allem ist entscheidend, dass wir jetzt den politischen Mut aufbringen, auch die Reformen für eine Welt ohne Hunger anzugehen: Investitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft weltweit sowie faire Handelsbeziehungen und faire Lieferketten insbesondere im Agrarbereich.


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Kurt-Helmuth Eimuth ist Mitglied in der Redaktion von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach". Mehr über den Publizisten und Erziehungswissenschaftler ist auf www.eimuth.de zu erfahren.

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