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Ein Tiny House als Begegnungsort fürs Lyoner Viertel

Für die wachsende Wohnbevölkerung im westlichen Niederrad wollen die evangelische und katholische Kirchengemeinde einen Begegnungsort schaffen. Weil die Mieten viel zu teuer sind, ist ein Tiny House in der Saonestraße geplant.

Planen ein ökumenisches Tiny House im Lyoner Viertel: Projektreferent George Kurumthottikal, Pfarrerin Anja Bode und Quartiersmanager Ibo Bakari (von links nach rechts). | Foto: Rolf Oeser
Planen ein ökumenisches Tiny House im Lyoner Viertel: Projektreferent George Kurumthottikal, Pfarrerin Anja Bode und Quartiersmanager Ibo Bakari (von links nach rechts). | Foto: Rolf Oeser

Der kleine Platz an der Saonestraße, wo das Tiny House künftig stehen wird, ist unscheinbar. Ein Ableger auf der Einfahrt hin zu einer Tiefgarage. Inmitten von viel Beton und einem Viertel, das seinen einstigen Ruf als reine Arbeitsstätte schnell ablegen möchte. Die Frankfurter Bürostadt heißt heute Lyoner Viertel und steckt mitten in einem Wandlungsprozess hin zu einem Wohngebiet. Auch wenn es nicht danach aussieht, leben derzeit schon etwa 3.000 Menschen dort. Wenn alles fertig ist, sollen gut 12.000 Bewohner:innen den westlichen Teil Niederrads mit Leben füllen.

Die beiden Kirchengemeinden saßen lange in Steuerungsgruppen und Gesprächsrunden beisammen und brüteten darüber, wie man das neue Gebiet des Stadtteils erschließen kann. Räume anzumieten schied aus. „Unverhältnismäßig teuer“, erklärt George Kurumthottikal. Er ist Teil des Pastoralteams der katholischen Gemeinde St. Jakobus in Niederrad und als Projektreferent zuständig für das Lyoner Viertel. Das Konzept, das gemeinsam mit der evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde jetzt umgesetzt wird, beschreibt Kurumthottikal als nachhaltig und bescheiden. Und das sei auch angemessen in Anbetracht der Situation, auch wirtschaftlich, in der die Kirchen aktuell sind.

Pfarrerin Anja Bode begleitet die Arbeitsgruppe rund um die ehemalige Bürostadt von Beginn an. Ihr ist vor allem wichtig, dass das Lyoner Viertel kein anonymer Stadtteil wird. „Als allen klar war, dass wir es uns nicht leisten können, Räume im neuen Viertel anzumieten, mussten wir wieder einen Schritt zurück gehen.“ Dass das neue Projekt „Tiny Church“ genannt wird, sei aber nicht richtig, korrigiert die Pfarrerin. Das Tiny House ist als Ort der Begegnung konzipiert, hat eine kleine Küche, Sitzgelegenheiten und kann nach außen hin geöffnet werden. „Wir werden dort auch mal Gottesdienste feiern, das ist aber nicht die primäre Nutzung.“ Erkennbar als ein christliches Projekt sei das von Architekten aus Weimar entworfene Häuschen aber dennoch. „Die Balken des Fensters stellen ein Kreuz dar“, sagt Bode.

Ibo Bakari ist Quartiersmanager in Niederrad. Er begleitet und unterstützt die beiden Kirchen bei ihrem neuen Projekt. Gemeinsam mit Bode und Kurumthottikal hat er im Lyoner Viertel eine Befragung angestellt und wichtige Details und Fakten für das Tiny-House-Projekt herausgefunden. Zum Beispiel, dass die derzeitigen Bewohner:innen im Mittel sehr jung sind und sich einen Ort der Begegnung wünschen. „Infrastrukturell muss das Lyoner Quartier an vielen Stellen noch aufholen. Es gibt keine informellen Orte, an denen sich die Leute einfach treffen können. Da kommt das Tiny House als Projekt sicher gut an.“

Ein kleines Café, Seelsorge, Sprechstunden, Yoga – damit will man starten. Wichtig ist allen Beteiligten aber, dass die Menschen sich selbst einbringen – mit Ideen, wie der kleine Ort belebt werden kann. Wenn es in den nächsten Wochen soweit ist, lässt sich vielleicht auch die Wiese um das kleine Haus nutzen, hofft Kurumthottikal. Für das Außenmobiliar wird derzeit noch um Projektgelder geworben. „Kommen die nicht rechtzeitig, wird aus den Gemeindebeständen zusammengewürfelt und erst einmal ausgeholfen.“

Für Pfarrerin Bode ist der Reformprozess der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau „ekhn 2030“ mit seinen Sparzielen eine echte Hürde. „Aber auch eine Chance, Projekte neu zu denken und um Dinge auszuprobieren.“ Die Baukosten in Höhe von etwa 85.000 Euro werden vom Bonifatiuswerk, der Crummenauer Stiftung, dem Bistum Limburg, dem Gesamtverband Frankfurt und der katholischen Gemeinde St. Jakobus gesichert, die administrativ federführend sind. Die laufenden Kosten, die Bode und Kurumthottikal auf etwa 10.000 Euro pro Jahr einschätzen, werden von den Stadtdekanaten, den beiden Gemeinden, von Stiftungen und über Spenden finanziert. „Für Mehrausgaben setzten wir auf Förderung von außen“, sagt Bode.

Angelegt ist das Tiny-House-Projekt auf fünf Jahre. Danach wird ausgewertet. „Ausgang offen“, sagen alle drei Projektbeteiligten. „Das Schönste wäre natürlich, wenn das Viertel das Tiny House so gut nutzt, dass wir weitermachen können“, sagt Bode. Aber jetzt muss das kleine Häuschen erst einmal ankommen und Quartier beziehen. „Bilanz wird am Ende gezogen. Und bis dahin setzten wir neue Ideen um und sind für die Menschen im Viertel da.“


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Autorin

Angela Wolf 117 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.

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