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Familien- und Beratungszentrum Höchst bietet Hilfe in schwierigen Lebenslagen

Von Armut, desolaten Wohnverhältnissen und Arbeitslosigkeit sind in Frankfurt die westlichen Stadtteile am stärksten betroffen. Deshalb wurde vor zehn Jahren das Evangelische Familien- und Beratungszentrum Höchst ins Leben gerufen. Dort finden Familien und Kinder kostenfreie Hilfe.

Das Eltern-Kind-Café ist eines der vielen Angebote im Beratungs- und Familienzentrum Höchst. | Foto: Rolf Oeser
Das Eltern-Kind-Café ist eines der vielen Angebote im Beratungs- und Familienzentrum Höchst. | Foto: Rolf Oeser

Die Unterstützung ist breit gefächert und reicht von Beratung bei Erziehungs-, Paar- und Lebensproblemen über Hilfe bei beruflichen und schulischen Schwierigkeiten bis hin zum Umgang mit Suchterkrankungen und psychischen Störungen. Auch speziell Migrantinnen und Migranten oder Geflüchtete finden hier Sozialberatung bei aufenthalts- und asylrechtlichen Fragen, wie bei der Suche nach Schulen, Arbeitsplätzen oder gesundheitlicher Versorgung.

Dass die Nachfrage ständig wächst und längst die Kapazitäten übersteigt, wundert Leiterin Judith Rosner nicht. „Die Leute wissen, dass alles vertraulich bleibt und nichts nach außen dringt.“ Zudem seien im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in der Leverkuser Straße 7 „alle Dienste miteinander vernetzt“. Da Armut eine ganze Reihe von Problemen nach sich zieht, können Menschen, die ins Beratungszentrum kommen, meist gleich konkrete Unterstützung im Familienzentrum nebenan bekommen, speziell, wenn es um Frühhilfe für Babys und Kleinkinder gehe.

Die Leiterin des Familienzentrums, Natascha Schröder-Cordes, betrachtet es wiederum als „großes Plus, an die Beratungsstellen verweisen zu können“. So würden im Eltern-Kind-Café und im Sprach-Café für Frauen mit Kindern zwar Fragen zu Erziehung und Gesundheit beziehungsweise der Spracherwerb im Mittelpunkt stehen. Die häufig alleinerziehenden oder in Trennungssituationen befindlichen Besucherinnen seien aber stark belastet. In der Regel kommen deshalb nach einer Weile auch Probleme zur Sprache.

Neben festen Kursen, Gruppen, Seminaren und Informationsveranstaltungen wurden vor einigen Jahren weitere niedrigschwellige Angebote im benachbarten Dalberghaus eingeführt. Die Cafés dort sind täglich geöffnet und zu wichtigen Anlaufstellen geworden, wie die steigenden Besucherzahlen zeigen. Aus diesem Grund habe man in Zeilsheim zwei weitere Cafés eröffnet.

Auch im Beratungszentrum ist vor wenigen Monaten eine zusätzliche halbe Stelle für Präventionsprogramme und „Vor-Ort-Beratung“ eingerichtet worden. „Dennoch müssen wir immer wieder Hilfesuchende an andere Einrichtungen verweisen“, bedauert Judith Rosner. Die derzeit vorhandenen 8,5 Stellen für Beratung seien zu wenig, zumal auch das Jugendamt oft Menschen hierhin schickt. Im Familienzentrum gibt es knapp 2 feste Stellen und 30 Honorarkräfte.

Für Jürgen Mattis, der im Evangelischen Regionalverband als Leiter des Fachbereichs Beratung, Bildung, Jugend für das Höchster Zentrum zuständig ist, steht daher fest: „Wir brauchen dringend mehr ausgebildetes Personal.“ Weil angesichts der derzeitigen Finanzlage kaum realistisch ist, auf neue Stellen zu setzen, blickt er mit gemischten Gefühlen auf das jetzige Jubiläum. Denn seit 2016 habe die Stadt Frankfurt bei ihren Zuschüssen für das Zentrum die jährlichen Tarifsteigerungen von drei bis vier Prozent nicht ausgeglichen. Auch vom Land seien die Zuschüsse gedeckelt worden. Deshalb müsse die Kirche zunehmend ihre eigenen Rücklagen verwenden, um das Evangelische Familien- und Beratungszentrum Höchst aufrecht zu erhalten.

Bei einem Gesamtvolumen von rund 1,2 Millionen Euro im Jahr steuere man zurzeit etwa 450.000 Euro aus Kirchensteuermitteln bei. Unter anderem für die Lebens- und Paarberatung gebe es überhaupt keine staatlichen Zuschüsse. Doch gerade in benachteiligten Stadtteilen sei ein Unterstützungssystem dringend vonnöten, so Mattis: „Die Probleme lösen sich nicht von allein. Besonders wenn der Bereich Frühhilfe vernachlässigt wird, entsteht ein riesiger gesellschaftlicher Folgeschaden.“

Deshalb würde die evangelische Kirche gerne die derzeit fünf kirchlichen Beratungsstellen ausbauen. Die Projektfinanzierung entpuppe sich jedoch als „ein mühseliges Klein-Klein und raubt Zeit und Energie“, bedauert der Fachbereichsleiter. Mattis hofft, „dass sich die Stadt 2020 an die Tariftreue hält“, damit Menschen in schwierigen Lebenslagen die Angebote des Zentrums weiterhin im bisherigen Umfang zur Verfügung stehen.

Alle Infos unter http://www.beratungszentrum-hoechst.de/


Autorin

Doris Stickler 76 Artikel

Doris Stickler ist freie Journalistin in Frankfurt.

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