Frankfurt lokal

Frühstück, Lebensmitteltüten und Beratung ohne Hürden

Einmal im Monat stemmt die Wartburggemeinde in Bornheim ein Angebot für Menschen ohne Obdach oder in finanzieller Not.

Kaffee und Gespräche: Manfred P. (mit Mütze) beim Frühstück. | Foto: Rolf Oeser
Kaffee und Gespräche: Manfred P. (mit Mütze) beim Frühstück. | Foto: Rolf Oeser

Vor dem Gemeindehaus im Bornheimer Norden bildet sich eine Menschentraube. Es ist 8.30 Uhr und es wird noch eine halbe Stunde dauern, bis einer der Ehrenamtlichen die Tür aufsperrt. Die Atmosphäre unter den Wartenden ist vertraut. Man kennt sich. Die Gespräche drehen sich angeregt um die, die man lange nicht gesehen hat, und um die, die von Krankheiten geplagt werden. Und natürlich geht es ums Wetter. Ein Mann hatte die Nacht vor dem Haus der Wartburggemeinde Quartier bezogen. Sein Hab und Gut, verstaut in einem Einkaufswagen, parkt links der Kirche.

Pfarrer Thomas Diemer meint, dass es egal sei, wann das Frühstück starte: „Die Menschen kommen immer mindestens eine halbe Stunde früher.“ Das mag auch daran liegen, dass die ersten noch die Wahl haben zwischen Käse oder Wurst und einem süßen Teilchen, bei denen die Stückzahl beschränkt ist.

Seit 2002 bietet die Gemeinde ein Frühstück für Obdachlose an und für diejenigen, die von Armut betroffen sind. „All die Jahre ohne Unterbrechung“ wie Gerhard Richter vom Kirchenvorstand betont. Selbst während der schwierigen Phase der Covid-Pandemie habe es die Truppe der Ehrenamtler:innen geschafft, das Angebot aufrecht zu erhalten. „Sicherlich haben die Gespräche gefehlt, das Beratungsangebot – unsere Versorgungstüten konnten wir aber ausgeben.“ sagt Richter.

Finanziert wird das monatlich stattfindende Frühstück über Geld- und Sachspenden. Man werde durch ein Foodsaving-Projekt unterstützt und durch Bornheimer Bäckereien. „Den Rest kaufen wir im Supermarkt zu“, erklärt Richter. Im vergangenen Jahr habe das etwa 12.000 Euro gekostet, dieses Jahr erwartet er aber eine Kostensteigerung von 50 Prozent. „Dazu kommt, dass die Bäckereien weniger abgeben“, erklärt Richter. Weil die Energiekosten so gestiegen sind, würden viele die Öfen nur noch einmal am Tag anwerfen. „Wenn die Auslage leer ist, ist sie leer. Das hat mir kürzlich einer unserer Spender erklärt.“

Bislang sind die Tüten aber noch reichlich bestückt: Käse oder Wurst, eine Tütensuppe, Obst und Gemüse, Frischkäse und Joghurt, ein Ei, eine Fischkonserve, ein paar Scheiben Brot und eine kleine Süßigkeit.

Petra, die ihren vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, kommt seit etwa drei Monaten in die Wartburggemeinde. Sie lebe im Nordend und gehöre nicht zur Gemeinde. Dass sie trotzdem willkommen ist, schätze sie sehr. „Nicht überall sind die Hürden so niedrig wie hier“, erklärt Petra. Fast immer müsse man den Frankfurt-Pass vorzeigen. Zudem seien das Frühstück und die Lebensmitteltüte in der Wartburggemeinde kostenlos. „Und die Atmosphäre ist sehr wertschätzend und nett.“

Petra ist 65 Jahre alt und noch nicht all zu lange Rentnerin. „Ich bin der Klassiker“, wie sie sagt. Was sie meint: eine von Altersarmut betroffene Frau. „Dass es wenig sein wird, war mir klar. Dass es nicht mehr für Lebensmittel reicht aber nicht.“ Ihre kleine Rente decke gerade die monatliche Miete plus Nebenkosten ab. Mehr sei nicht drin. Sie habe alleinerziehend zwei Kinder groß gezogen und all die Jahre in Teilzeit gearbeitet. „Das ist jetzt irgendwie die Quittung. Aber die Kirchen machen wirklich was“, sagt Petra. Anfangs sei sie in ein Loch gefallen. Die vielen Angebote der Kirchen haben sie jetzt gerettet, wie sie sagt.

Unter den etwa 70 Besucher:innen an diesem Vormittag ist auch Manfred P. Der 72-Jährige erzählt, dass er lange auf der Straße gelebt hat, anfangs in Berlin, später in Frankfurt. Zurzeit sei er in einer Unterkunft des Frankfurter Vereins untergekommen. Er kennt viele Anlaufstellen in der Stadt, wo es Frühstück oder auch ein Mittagessen gibt. Hier in Bornheim schätzt er vor allem, dass es auch eine Sozialberatung gebe. Bei der vielen Bürokratie sei das wichtig, erklärt Manfred, und zeigt ein Schreiben seiner Krankenkasse, die viel Geld von ihm zurückfordert.

„Wir haben uns über die Jahre ein regelrechtes Netzwerk aufgebaut“ beschreibt Pfarrer Diemer das umfassende Angebot, das jeden dritten Mittwoch im Monat zeitgleich mit dem Frühstück angeboten wird. „Zwei Kollegen der Casa21, dem Zentrum für Wohnungslose der Caritas Frankfurt e.V., kommen zu jedem Termin dazu und bieten eine umfassende Sozialberatung. Diese Zusammenarbeit macht uns auch zu einem ökumenischen Projekt“, so Diemer. Außerdem biete die Sozialbezirksvorsteherin Gudrun Korte eine Sprechstunden an. Besonders die Rechtsberatung von Korte werde gut angenommen.

Die vielen gepackten Tüten sind gut weggegangen, nur wenige bleiben übrig. „Den Rest verteilen wir am kommenden Tag über unserer Büro", sagt Diemer. Dort würden auch Gutscheine für das Café Gutleut ausgegeben. Auch Einzelfallhilfen gewährt die Gemeinde, sagt Diemer, wenn es finanziell mal harke und klemme, könne die Wartburggemeinde auch mal aushelfen. „Einfach kommen und fragen.“ Diemer ist schon auf dem Sprung zu einem Besucher: Seelsorge und mal ein Schwätzchen halten seien neben einem vollen Magen mindestens genauso wichtig.


Die Wartburggemeinde freut sich über Spenden für das monatliche Frühstück, die entweder im Gemeindebüro abgegeben oder an die Gemeinde überwiesen werden können. Empfänger: Ev. Regionalverband Frankfurt und Offenbach, IBAN DE91 5206 0410 0004 0001 02, Vermerk „Wartburggemeinde“ und Verwendungszweck „Obdachlosenfrühstück“. Die Gemeinde stellt gerne eine Spendenbescheinigung aus.

Das nächste Frühstück ist am 19. April, ab 9 Uhr, Hartmann-Ibach-Straße 108.


Autorin

Angela Wolf 117 Artikel

Angela Wolf ist Mitglied in der Redaktion des EFO-Magazins. Sie wurde 1978 in Aschaffenburg geboren. Heute lebt sie in Frankfurt am Main, wo sie Soziologie, Politikwissenschaften und Psychoanalyse studierte.

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