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Ulrich Schaffert: Irgendetwas geht immer

Der „Nordipfarrer“ wird am 4. Juni in den Ruhestand verabschiedet. Seit 1988 war Schaffert zuerst in Heddernheim, ab 1995 in der Nordweststadt tätig.

Pfarrer Ulrich Schaffert vor der Bonheofferkirche  |  Foto: privat
Pfarrer Ulrich Schaffert vor der Bonheofferkirche | Foto: privat

Ulrich Schaffert, Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Frankfurt-Nordwest, ist keiner, der Social Media nur mit spitzen Fingern anfasst. Auf Instagram ist er als „Nordipfarrer“ unterwegs – noch – „ich werde mir wohl einen neuen Namen einfallen lassen“, sagt Schaffert, denn am 4. Juni wird er in den Ruhestand verabschiedet. Schaut man auf jüngste Facebook-Posts des 65-Jährigen, finden sich unter „Ulrich Schaffert“ kirchliche Themen, die ihn bewegten: Konfirmandenarbeit, Kirchenasyl, Yoko Ono zitiert er zu dem Himmelfahrtsfoto, voller Sonne ist das Gottesdienstbild aus dem Martin-Luther-King-Park. Auf Instagram postet Schaffert aber dieser Tage auch schon mal Privates, etwa zu dem Besuch bei einem Bildhauerfreund in Niederursel – Zeiten des Übergangs.

In Laubach aufgewachsen, in Berlin während des Studiums von dem Theologen Hellmut Gollwitzer und dessen politischem und gesellschaftlichem Engagement inspiriert, kam Ulrich Schaffert vor 35 Jahren in den Frankfurter Nordwesten. 1988 begann er in der Sankt Thomasgemeinde, Heddernheim, 1995 wechselte Schaffert in die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde. Als es dort nur noch eine halbe Stelle gab, übernahm er 2016 in der Nachbargemeinde Cantate Domino, gleichfalls Nordweststadt, die dort frei gewordene 50 Prozent-Stelle. Bei der später aus einer Fusion entstandenen Kirchengemeinde Frankfurt-Nordwest, kamen seine drei Berufsstationen mit Niederursel zusammen.

Ein Großteil der Verwaltungsarbeit fiel für ihn weg mit dem Zusammenschluss, er konnte die Konfirmandenarbeit als Schwerpunkt ausbauen, während der Kollege sich um die vier Kindertagesstätten von Nordwest kümmerte. Mit den wechselnden Gottesdienstorten konnte er sich gut anfreunden, die Kirchen waren ihm ja alle vertraut. Bei allem Lob, der Kirchenvorstand verhehlt im aktuellen Gemeindebrief nicht, dass Schaffert auch mal für die Dinge streitet. Um „seine“ Bonhoeffer-Kirche hat er lange mit dem Evangelischen Regionalverband gekämpft, inzwischen hat die Gemeinde sie abgegeben. An diesem Nachmittag schaut sich eine Migrationsgemeinde das Ende der sechziger Jahre von dem Architekten Werner W. Neumann geplante Gebäude an, Schaffert nickt freundlich herüber zu den Besichtigenden.

Die Kreativität des 65-Jährigen wird vielfach hervorgehoben, Schaffert kann loslassen, aber auch der Abschied von einer Kirche will gestaltet sein. Freudig erzählt er auf der Terrasse des Gemeindehauses von dem kleinen Video, das in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Medienhaus dazu gedreht werden soll. In Corona-Zeiten ließ Pfarrer Schaffert sich nicht verdrießen, Gottesdienste vor der Tür der Dietrich-Bonhoeffer-Kirche, Posaunenkonzerte open air, auch Digitales – schauen, was geht und ansprechbar bleiben.

Dass die Nordweststadt ein Stadtteil mit zurückgehender Anzahl an Christinnen und Christen ist, hat Schaffert mit Öffnung beantwortet, den Dialog ins Quartier, zu anderen Religionsgemeinschaften hat er gesucht, Feste wie eine „Tafel der Vielfalt“ organisiert. In Erinnerung geblieben ist einigen die spontane Aufnahme von jungen Afrikanern im Jahr 2013, die damals in Frankfurt unter einer Brücke hausten. Im Anschluss an den Reformationsgottesdienst entschlossen Ulrich Schaffert und seine Kollegin Sabine Fröhlich von Cantate Domino sich mit Unterstützung der Kirchenvorstände zu der Aktion. Später hat der Evangelische Regionalverband für die 22 eine Unterkunft in der Gutleutkirche organisiert. Gefragt, ob er es wieder machen würde, wägt Schaffert ab, es sei schon sehr spontan gewesen, „aber wenn ich nein sagen würde, wäre es auch falsch“. Aus diesem Engagement ist sein Einsatz im Hessischen Flüchtlingsrat erwachsen und die Kirchenasyl-Arbeit in Cantate Domino hervorgegangen – sie gehört inzwischen längst zum Profil der Gemeinde.

Verloren geht Ulrich Schaffert dem Frankfurter Nordwesten nicht. Er und seine Frau Christa Hengsbach, die die Interkulturelle Werkstatt Frankfurt am Main e.V. leitet, sind in der Nordweststadt fest verwurzelt: Vor anderthalb Jahren haben sie ein Haus in Feldnähe, am Rand der Nordweststadt, bezogen.


Der Abschiedsgottesdienst am Sonntag, 4. Juni 2023, beginnt um 14 Uhr in der evangelischen Kirche Cantate Domino, Ernst-Kahn-Straße 14, Nordweststadt. Im Anschluss daran wird ein Gemeindefest gefeiert, zu dem alle Interessierten eingeladen sind.


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Bettina Behler 297 Artikel

Bettina Behler, Medieninformation Evangelische Öffentlichkeitsarbeit Frankfurt und Offenbach