Gott & Glauben

Athenagoras Ziliaskopoulos: „Frankfurt ist meine Wahlheimat“

Vor einigen Monaten gründete sich in Frankfurt der „Rat der Religionen“. In einer Interviewreihe stellt „Evangelisches Frankfurt“ dessen Mitglieder und die Religionsgemeinschaften, aus denen sie kommen, vor. Den Anfang macht Athenagoras Ziliaskopoulos. Der 39 Jahre alte Pfarrer der griechisch-orthodoxen Gemeinde ist von der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ in den Rat entsandt worden und dessen Vorsitzender.

Foto: Rolf Oeser
Foto: Rolf Oeser

Herr Ziliaskopoulos, zu welcher christlichen Kirche gehören Sie?

Ich bin Pfarrer der Griechisch-Orthodoxen Metropolie von Deutschland. Wir haben einen Bischof, der seinen Sitz in Bonn hat, und unterstehen dem Ökumenischen Patriarchen in Konstantinopel, in Istanbul. In ganz Deutschland gibt es ungefähr hundert Gemeinden.

Und in Frankfurt?

Hier haben wir zwei Pfarreien, Heiliger Georg im Grüneburgpark und die Prophet Elias-Pfarrei beim Alten Bockenheimer Friedhof am Westbahnhof, wo ich Pfarrer bin. Dort bauen wir zur Zeit eine neue Kirche. Das jetzige Gebäude war früher eine evangelische Notkirche, die nach dem Krieg zur Dreifaltigkeitsgemeinde gehört hat. Unsere Gemeinde nutzt sie schon seit 1972.

Wie viele Menschen kommen sonntags zu Ihren Gottesdiensten?

So zwischen 500 und 800 Leute. Die Gemeinde ist natürlich auch ein Stück Heimat. Nach dem Gottesdienst gibt es Souvlaki und griechische Musik, es ist ein schönes Beisammensein.

Das heißt, es sind überwiegend griechische Gemeindemitglieder?

Überwiegend, ja, aber nicht nur. Es gibt ungefähr 7500 Griechen in Frankfurt, wir nehmen an, dass etwa 7000 davon orthodox sind. Unser Gemeindegebiet reicht aber im Süden bis Darmstadt und im Norden bis Bad Nauheim. Zu unserer Gemeinde gehören auch rumänische Familien sowie einige amerikanische und sogar eine japanische. Und es gibt natürlich auch eine gewisse Zahl von Deutschen, die durch Heirat oder aus Interesse zur Orthodoxie übergetreten sind. Deshalb sind unsere Gottesdienste sprachlich gemischt, und wir haben einmal im Monat einen deutschsprachigen Gottesdienst.

Welche Gemeindeaktivitäten haben Sie noch?

Wir haben Kinder- und Jugendgruppen, eine Tanzgruppe, einen Erwachsenenkatechismus und kostenlose Nachhilfe für Schulkinder. Einmal die Woche bieten wir außerdem für Interessierte eine Einführung in den orthodoxen Glauben an.

Wodurch unterscheidet sich die orthodoxe Kirche von der evangelischen?

Wir haben sehr viele gemeinsame Wurzeln, und unsere Basis ist die Bibel. Es gibt viele theologische Themen, die in der orthodoxen und der evangelischen Kirche gemeinsam sind, sich aber von der Lehre der römisch-katholischen Kirche unterscheiden. Wir anerkennen zum Beispiel beide nicht die Unfehlbarkeit des Papstes und den Anspruch der Alleinherrschaft. Umgekehrt gibt es aber auch große Gemeinsamkeiten zwischen uns und der römisch-katholischen Kirche, etwa beim Ritus und der Liturgie oder in der Kirchenstruktur.

Und genau wie die katholische Kirche ordinieren Sie keine Frauen zu Pfarrerinnen.

Nein, wir ordinieren keine Frauen, das haben wir mit der römischen Kirche gemeinsam. Anders als dort gibt es bei uns aber kein Gesetz, das das verbietet.

Was ist dann der Grund, Gewohnheit?

Ja, Gewohnheit. In den Missionskirchen in Afrika gibt es Bestrebungen, dass man als ersten Schritt Bischöfe aus der Gruppe der verheirateten Priester weiht – bei uns können ja Priester heiraten, aber nur aus den unverheirateten oder verwitweten können Bischöfe geweiht werden. Und es gibt auch schon Stimmen, die fordern, dass man Frauen weiht. Das ist aber ein langer Weg.

Seit wann sind eigentlich die westlichen und die orthodoxenKirchen getrennt?

Diese Spaltung war im Jahr 1054. Damals kam eine Delegation aus Rom nach Konstantinopel, und es gab einen Streit. Aber der ist 1965 offiziell beigelegt worden, seither erkennen sich beide Kirchen wieder an. Unsere Einigung mit den evangelischen Kirchen ist sogar noch älter, wir gehörten ja 1948 bereits zu den Gründungsmitgliedern des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Noch eine persönliche Frage: Wie sind Sie nach Frankfurt gekommen?

Ich habe nach meinem Studium in Thessaloniki in Frankfurt Germanistik und Religionswissenschaften studiert. Aber damals gab es hier keine Pfarrstelle, deshalb bin ich zunächst nach Neuss und dann nach München gegangen. Als vor fünf Jahren hier eine Stelle frei wurde, habe ich den Wunsch geäußert, nach Frankfurt zu kommen.

Weil Frankfurt so schön ist?

Ja, ich habe hier eine schöne Studentenzeit gehabt. Außerdem bin ich hier vor zwölf Jahren zum Priester geweiht worden, bin also emotional sehr mit Frankfurt verbunden. Es ist meine Wahlheimat.


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Antje Schrupp 227 Artikel

Dr. Antje Schrupp ist Chefredakteurin des EFO-Magazins. Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin bloggt auch unter www.antjeschrupp.com Mastodon: @antjeschrupp@kirche.social