Gott & Glauben

Wie eine Taube: Was ein Vogel mit dem Heiligen Geist zu tun hat

Pfingsten ist das Fest der Ausschüttung des Heiligen Geistes. Es gibt viele Bilder, in denen das dargestellt wird, am meisten verbreitet ist das der Taube.

Foto: awmleer/unsplash.com
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Jedes der drei großen christlichen Feste im Jahr widmet sich einem anderen Teil der Dreieinigkeit Gottes: An Weihnachten wird gefeiert, dass Gott-Vater den Menschen begegnet wie ein Mensch dem anderen, an Karfreitag und Ostern wird bedacht, wie Gottes Sohn den Menschen eine neue Lebensperspektive verschafft, und Pfingsten ist das Fest der Ausschüttung des Heiligen Geistes und damit der wirksamen und bleibenden Nähe Gottes bei allen Menschen: Allgegenwärtig ist und bleibt Gott ihr Beistand und Begleiter, ihre Weisheit und Erkenntnis, ihr Versicherer und Mutgeber, ihr Antrieb und Beweger.

Wie macht man jedoch eine unfassbare Kraft wie den Heiligen Geist vorstellbar? Im Hebräischen ist die „ruach”, Gottes Geist, denn auch Atem und Wind. Die Apostelgeschichte im Neuen Testament spricht von „Zungen, zerteilt wie von Feuer”, in denen sich Gott auf alle Anwesenden setzt. Die Flammenzungen enthalten das brennende und unnahbare Feuer Gottes und zugleich auch das den Jüngern und Jüngerinnen aufgehende Licht sowie die Fähigkeit, die Erkenntnis in Sprache zu fassen und zu vermitteln („Zungen”). Im Johannes-Kreis ist vom Geist als dem lebendigen Wasser (Johannes 7,37f) und dem Wasser des Lebens (Offenbarung 22,17) die Rede. Der Geist ist hier also als eine Art übernatürliches Lebensmittel erklärt.

Die verbreitetste Darstellung ist aber die einer Taube. Das ist von der Taufe Jesu her beeinflusst: „Wie eine Taube” kommt der Geist Gottes auf Jesus hernieder (Matthäus 3,16). Damit wird das Unsichtbare und Unfassbare mit etwas Vorstellbarem in Analogie gesetzt, wobei der Heilige Geist keine Taube ist, sondern man sich das Kommen des Geistes so vorstellen kann, wie eine Taube aus dem Himmel zur Erde kommt. Die Taube ist also das, was die Zeiger einer Uhr für die ansonsten nicht begreifbare Zeit sind.

Der Vogel steht dabei für ein Geschehen, das zwischen Himmel und Erde hin- und hergeht. Im Assoziationsraum der Hebräischen Bibel liegt die Analogie zwischen Göttlichem und Taube nahe: Noah sendet eine Taube aus; sie wird zur Überbringerin der frohen Botschaft von der Bewohnbarkeit der Erde und damit Verkünderin des Friedens zwischen Gott und den Menschen. Sie schafft als Opfertier, welches als „rein” gilt, eine Verbindung zur himmlischen Sphäre, und in ihrem Gurren ist gar der Widerhall der Stimme Gottes zu hören. Darüber hinaus mag man bei der Taube an den allgemein verbreiteten „Seelenvogel” denken, der die Seele repräsentiert, die den Körper verlassen kann. Und dass die Brieftaube sicher und robust ihren Weg zum Ziel findet, legt ebenfalls das Bild der Taube als Analogie des Heiligen Geistes nahe.


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Wilfried Steller 51 Artikel

Wilfried Steller ist Theologischer Redakteur von "Evangelisches Frankfurt und Offenbach" und Pfarrer in Frankfurt-Fechenheim.

1 Kommentar

16. Juni 2022 12:41 Dr. Anton Schober

Für die Christenheit am Wichtigsten ist ja wohl, dass dieser "Heilige Geist" wie auch immer Maria befruchtet und so zur Gottesmutter gemacht hat. Über die Details, insbesondere unter den Erkenntnissen moderner Genetik, schweigt sich die Theologie aber lieber aus, aus gutem Grund.

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